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Ukraine

Donezk-Bewohner wenden sich wegen Wassermangel an Putin

Eine ältere Frau zieht einen Wagen mit Flaschen mit frischem Wasser (Archivbild): Es wurde von der russischen Armee in der russisch kontrollierten Region verteilt.
Eine ältere Frau zieht einen Wagen mit Flaschen mit frischem Wasser: Es wurde von der russischen Armee in der russisch kontrollierten Region verteilt.Bild: AP

Besetzte Region Donezk kämpft gegen Wassermangel – nun wenden sich die Bewohner an Putin

In der besetzten Region Donezk gibt es seit Jahren einen massiven Wassermangel. Jetzt wenden sich die Bewohner an Wladimir Putin.
26.07.2025, 13:2126.07.2025, 13:21
Julian Alexander Fischer / t-online
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Ein Artikel von
t-online

Die Bewohner der von Russland besetzten ukrainischen Region Donezk sind wütend – denn es fehlt vor Ort teilweise an der Grundversorgung. Insbesondere der Wassermangel dort ist seit über drei Jahren gravierend. Nachdem es in der Vergangenheit bereits immer wieder Proteste deswegen gegeben hat, erreicht die Wut nun den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

In einem Brief an den russischen Präsidenten kritisieren sie die «humanitäre und ökologische Katastrophe» in der Region, berichtet das russische Exilportal «Meduza». Erst in der vergangenen Woche wurde die Wasserrationierung noch weiter verschärft. In der annektierten Volksrepublik Donezk wird nur noch alle drei Tage Wasser verteilt, vorher war es noch jeder zweite Tag.

Noch schlimmer ist die Situation auf dem Land. Etwa eine Stunde ausserhalb von Donezk gelegen, erhält die Stadt Jenakijewe nur noch alle vier Tage Wasser – in den umliegenden Dörfern ist der Wassermangel noch grösser.

Das Wasser kommt nicht überall an

Doch selbst an Tagen der Wasserausgabe ist dieses nur während vier Stunden verfügbar. In der Zeit können die Bewohner von Donezk oft allerdings nur einen Bruchteil des Wassers sichern, das ihnen eigentlich zusteht. Schliesslich ist der Wasserdruck meist so gering, dass in den oberen Stockwerken der Häuser oft nichts ankommt. In Gebäuden ohne Aufzüge müssen Mütter mit kleinen Kindern, Personen mit Behinderungen und ältere Menschen schwere Eimer die Treppen aus dem Keller hinaufschleppen. Teilweise fällt das Wassersystem auch ganz aus und die Stadt muss die Anwohner mit Wasser aus Fahrzeugen versorgen, sodass sich lange Schlangen bilden. Ein Anwohner schreibt in einem Telegram-Kanal: «Wir leben wie Obdachlose aus Kübeln.»

Dabei ist die Wasserqualität bedenklich. Die Flüssigkeit, die aus den Hähnen kommt, ist schmutzig, oft orangefarben. Angesichts dieser Zustände beschweren sich die Einwohner über die dennoch hohen Wasserrechnungen. Auch in den Läden kostet Wasser doppelt so viel wie in nahegelegenen Städten wie Mariupol und Rostow.

Manche Einwohner sollen sogar kleine Beutel über ihre Toiletten gespannt haben, um Exkremente aufzufangen – und nicht spülen zu müssen. Das berichtet der ehemalige ukrainische Parlamentarier Oleg Zarjow.

Wassershows gibt es weiterhin

Der Wassermangel ist aber nicht überall zu sehen. So werden in Donezk weiterhin neue Wohnkomplexe gebaut, Stadtbrunnen sind weiter in Betrieb, und sogar öffentliche Wassershows gibt es weiterhin. Die Unterzeichner des Briefs an Putin zeigen sich erzürnt: «Das ist nicht nur absurd, sondern beleidigend.» Sie fordern den russischen Präsidenten auf, die Wasserkrise persönlich zu überwachen, die Wasserinfrastruktur zu sanieren und lokale Korruption zu untersuchen. Putin hatte allerdings bereits 2024 den Donezker Besatzungsverwalter Denis Puschilin gebeten, dem Problem mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Der Kiewer Militäranalyst Roman Switan sprach beim Sender 24 Channel gar von einem «Genozid durch Dehydration». So kehrten Siedler aus Russland einfach in ihre Heimat zurück. Die Ukrainer, die in den besetzten Gebieten verbleiben, müssten hingegen weiterhin ums Überleben kämpfen, führte er aus.

«Wie ein Teelöffel Wasser in einen Kessel Borschtsch»

Selbst russische Propagandisten steigen in die Kritik mit ein. Anastasiya Kashevarova schreibt etwa: «Die Wasserwerke erhöhen nur die Preise für Wasser, das gar nicht da ist. Und wenn es doch kommt, ist es voller Rost.» Juri Kotenok, Betreiber des Telegram-Kanals «Voenkor Kotenok», beschrieb die Lage in Donezk als «totales Chaos» und «unvorstellbare Grausamkeit».

Zwar baute Russland 2023 die Don-Donbas-Pipeline, die die Wasserversorgung sichern sollte, nachdem die alte Struktur aufgrund des Kriegs zerstört worden war. Die neue Pipeline soll aber lediglich 45 Prozent des Frischwasserbedarfs der Region decken. Dies wurde bereits während des Baus deutlich. Ein ehemaliger leitender Angestellter des Wasserversorgers Voda Donbassa sagte Radio Liberty im Mai 2023: «Die Pipeline, die sie vom Don aus gebaut haben, ist im Grunde so, als würde man einen Teelöffel Wasser in einen Kessel Borschtsch schütten. Sie wird nichts bringen, sondern nur einigen Städten ein klein wenig helfen.»

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34 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bitzliz'alt
26.07.2025 15:31registriert Dezember 2020
Die Wasserversorgung war schon vor Kriegsbeginn schlecht und störanfällig. Als dann die "grünen Männchen" kamen. (waren russische Kämpfer ohne Einheitenkennung und ohne Gradabzeichen) ging alles den Bach runter... Die Schweiz hat in Absprache der OECD dort Wasserleitungen und Filteranlagen geflickt - nach offiziellem Kriegsbeginn (bzw. Spezialoperation) war dann endgültig fertig. Die Russen kriegen dort nichts auf die Reihe, ist denen im fernen Moskau völlig egal...
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Vitai Lampada
26.07.2025 13:59registriert Dezember 2022
Dann hat sich ja der Seperatismus für die Russisch sprachigen Ukrainer in Donezk voll gelohnt. Auf der Krim soll das Wasser auch knapp sein, da der Staudamm welcher den Wasserkanal speist schon vor langer Zeit gesprengt wurde.
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Yesbutter
26.07.2025 15:26registriert August 2023
Das ist ein Zeichen dafür, dass Putin sein Land in die Katastrophe führt. Er lässt alles in Grund und Boden Bomben, ohne die Mittel zum Wiederaufbau zu haben. Ich bin davon Überzeugt, dass es auch in anderen Regionen in Russland ähnliche Probleme gibt. Es darf nur nicht darüber berichtet werden. Das Bild vom grossartigen Russland und seinem grossen Führer könnte schaden nehmen.
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700 mögliche Schweizer Verstösse gegen Russland-Sanktionen – die Sonntagsnews
Das Seco registrierte seit Beginn des Ukrainekriegs knapp 700 Verdachtsfälle zu Verstössen gegen die Russland-Sanktionen und der Bund will Schweizer Detailhändler für nachhaltigeren Konsum in die Pflicht nehmen. Das und mehr findet sich in den Sonntagszeitungen.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat laut «SonntagsZeitung» seit Beginn des Ukrainekriegs 2022 knapp 700 Verdachtsfälle zu möglichen Sanktionsverstössen registriert. Bisher seien 77 Verfahren eröffnet und 65 abgeschlossen worden, teilte das Amt auf Anfrage der Zeitung mit. In 26 Fällen seien Bussen ausgesprochen worden, meist wegen fahrlässigem Verhalten, oft aufgedeckt vom Zoll. Die Fälle reichten von dem Versuch, eine Luxusuhr im Wert von 300’000 Franken nach Russland auszuführen, über den Import einer Sauna aus Belarus bis hin zu Lieferungen von Industriegütern wie Werkzeugmaschinen-Ersatzteilen, deren Export nach Russland verboten ist. Auch ein Mann, der Waffenteile in Russland bestellt habe, sei gebüsst worden. Die Strafen reichten von 300 bis 5000 Franken. Rund zwei Drittel der gemeldeten Fälle beträfen Importe, ein Drittel Exporte. Zwei grössere Verfahren seien an die Bundesanwaltschaft übergeben worden.
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