Vor einem Jahr haben sie agitiert, um ihr Leben gefürchtet, Schlimmeres verhindert, Schaden verursacht und für absurde Bilder gesorgt. Das machen die Protagonisten des verhängnisvollen Tages heute.
Donald Trump, Ex-US-Präsident: Der 45. US-Präsident sinnt auf Rache. Von seinem Exil aus liebäugelt Donald Trump mit einem politischen Comeback, was in der jüngeren Geschichte Amerikas beispiellos wäre. Der Plan des 75-Jährigen hat drei Stufen. Erstens will er seine Kritiker in den Ruhestand drängen. Dann soll die Trump-Partei bei der nächsten Parlamentswahl die Mehrheit zurückerobern. Anschliessend wäre der Weg frei für eine erneute Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024.
Nancy Pelosi, Vorsitzende des Repräsentantenhauses: Die 81-jährige Demokratin steht am Ende ihrer Laufbahn. Ein Ziel will die Vorsitzende des Repräsentantenhauses aber noch erreichen: Sie will verhindern, dass ihr alter Gegenspieler Donald Trump in die Hauptstadt zurückkehrt. Deshalb hat sie eine Kommission eingesetzt, die schnell herausfinden soll, wer beim Sturm auf das Kapitol die Fäden zog und für die Attacke verantwortlich gemacht werden kann. Sie selbst ist den Krawallanten am 6. Januar nur knapp entkommen.
Mike Pence, Ex-Vizepräsident: Die «Hängt Mike Pence!»-Rufe der Demonstranten am 6. Januar hallen noch immer nach. Und sein ehemaliger Chef kritisiert den Ex-Vizepräsidenten weiterhin regelmässig. Also muss sich der 62-Jährige im politischen Spagat üben. Zum einen sagt Pence, er habe «das Richtige» getan, als er sich Trump widersetzte und die Wahl Joe Bidens absegnete. Zum andern vermeidet er Kritik an Trump. Damit will sich Pence in Stellung bringen, sollte sich bei den Republikanern ein Machtvakuum auftun.
Jacob Chansley, gehörnter Chaot: Sein Bild ging nach dem Sturm auf das Capitol um die Welt. Doch Jacob Chansley, 34 Jahre alt und selbst ernannter Schamane, zahlte für seinen illegalen Ausflug ins Capitol einen hohen Preis. Im Dezember wurde er vor einem Bundesgericht zu einer Gefängnisstrafe von 41 Monaten verurteilt. Und obwohl er sich an der damaligen Gerichtssitzung reuig gab und sich mit Jesus und Gandhi verglich, will Chansley dieses Urteil nun vor einem Berufungsgericht anfechten.
Harry Dunn, Polizist bei der Capitol Police: Die Wunden schwären immer noch. Harry Dunn aber, ein Afroamerikaner im Dienst der Capitol Police, will nicht schweigen. Also spricht der 38-Jährige häufig über die Brutalität der Demonstranten, die sich am 6. Januar Zugang zum Capitol verschaffen wollten und denen er sich in den Weg stellte. Er habe am Dreikönigstag den Glauben an sein Land verloren, sagt er. Und seine Freude am Leben. Vier seiner Kollegen begingen im Nachgang des Sturms auf das Capitol Suizid.
"Ignorance is a bliss" in seiner zynischsten Form.
Die Gerechtigkeit wohnt in einer Etage, zu der die Justiz keinen Zugang hat
-Friedrich Dürrenmatt-