Mike Pence ist ein Republikaner der alten Schule. Also zog der ehemalige Vize von Präsident Donald Trump am Wochenende vorzeitig die Reisslinie und kündigte das Ende seiner Kandidatur für die Nomination zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten an – obwohl der 64 Jahre alte Berufspolitiker nicht der einzige chancenlose Anwärter im Feld der nunmehr acht Anwärter war.
Pence wählte für seine Ankündigung ein Forum jüdischer Republikaner in Las Vegas (Nevada). Am Ende einer Grundsatzrede, in dem Pence einmal mehr seine enge Verbundenheit mit Israel bekundete, legte er eine Kunstpause ein und sagte: «Erlauben Sie es mir bitte, mit einer persönlichen Bemerkung zu schliessen.» Er habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass der Bibelvers «Alles hat seine Zeit» nicht auf seine Präsidentschaftskandidatur zutreffe, sagte Pence. Also habe er sich entschieden, «nach vielen Gebeten und Erwägungen», aus dem Rennen ums Weisse Haus auszusteigen.
2024 Watch-BREAKING- Former Vice President @Mike_Pence - at a speech at the @RJC leadership meeting in Las Vegas - suspends his campaign for the Republican presidential nomination #2024Election #FITN #iacaucus #scpol #nvpol #FoxNews pic.twitter.com/30FzzP5gIw
— Paul Steinhauser (@steinhauserNH1) October 28, 2023
Das Publikum reagierte überrascht. Es spendete dem ehemaligen Vizepräsidenten einen warmen Applaus, als er ankündigte, er werde «niemals aufhören», prinzipientreue, konservative Führungskräfte zu unterstützen. Auch rief Pence den Anwesenden zu, «dem Sirenengesang» des Populismus zu widerstehen.
Im Klartext: Donald Trump, von 2017 bis 2021 der direkte Vorgesetzte von Mike Pence in der amerikanischen Regierung, kann wohl nicht mit seiner Wahlkampfhilfe rechnen. Denn Trump verkörpert die Entwicklungen in der Republikanischen Partei, gegen die sich die Präsidentschaftskandidatur von Pence richtete – zuvorderst das Abdriften einer Partei in eine politische Sphäre, in denen politische Grundsätze weniger wichtig sind als die improvisierten Aussagen eines Ex-Präsidenten.
Wahr ist aber auch: Trump wird das nicht gross stören. Denn während der Ex-Präsident in Umfrage nach Umfrage von einer Mehrheit der republikanischen Wählerinnen und Wähler unterstützt wird, brachte es Pence zuletzt noch auf rund 3 Prozent. Auch trocknete der Spendenfluss für seine Kampagne langsam aus.
Für diese Flaute gab es zwei Gründe. Erstens hatte sich Pence in seiner eigenen Partei viele Feinde geschaffen, weil er den 77 Jahre alten Trump direkt kritisierte. Nach anfänglichem Zögern sprach der ehemalige Vizepräsident während seiner zahlreichen Auftritte in Iowa und New Hampshire immer wieder über den 6. Januar 2021 - den Tag also, an dem wütende Trump-Anhänger das Capitol in Washington gestürmt hatten und dabei auch das Leben von Mike Pence gefährdeten.
Pence präsidierte an diesem blutigen Tag eine gemeinsame Sitzung des Kongresses, an der Senat und Repräsentantenhaus offiziell den Sieg von Joe Biden über Donald Trump bestätigten. In den Augen des Amtsinhabers hätte Pence diese Formalität damals stoppen können, um die Republikaner an der Macht zu halten. Das behauptet Trump noch heute. Pence aber war anderer Meinung, mit Verweis auf die Verfassung. Und er machte daraus kein Geheimnis.
Der zweite Grund für das Scheitern der Präsidentschaftskandidatur eines Mannes, dessen Ambitionen seit Jahrzehnten ein offenes Geheimnis waren: Pence vertrat politische Positionen, die nicht mehrheitsfähig sind. So setzt sich der bibelfeste Politiker für ein nationales Verbot für Abtreibungen nach der sechsten Schwangerschaftswoche ein. Auch sprach Pence häufig über die Sanierung des tiefroten Bundeshaushaltes und darüber, dass beliebte Sozialprogramme zusammengestrichen werden müssten.
Das war zwar prinzipientreu, hatte sich Pence doch nach seiner erstmaligen Wahl ins nationale Repräsentantenhaus im Jahr 2000 als fiskal- und sozialpolitisch Konservativer einen Namen gemacht. Aber mit der modernen Republikanischen Partei haben diese Positionsbezüge wenig gemein.
Offen ist nun, ob der Rückzug von Mike Pence der Beginn einer Konsolidierung des republikanischen Feldes markiert. Bisher gibt es dafür keine Anzeichen. Die beiden führenden Trump-Kontrahenten – Ron DeSantis und Nikki Haley - wollen an ihrer Kandidatur festhalten. Die Vorwahlen beginnen in weniger als 80 Tagen.