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Deshalb ist Mike Pence mit seinem Angriff auf Trump gescheitert

Deshalb ist Mike Pence mit seinem Angriff auf Trump gescheitert

Der ehemalige Vizepräsident Mike Pence hat am Wochenende seine republikanische Präsidentschaftskandidatur zurückgezogen. Pence scheiterte an seiner Partei, in der alte konservative Parolen nicht länger mehrheitsfähig sind.
29.10.2023, 21:48
Renzo Ruf, Washington / ch media
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epa10945784 Republican candidate for President, former Vice President Mike Pence announces the end of his bid for US president during the 2023 Republican Jewish Coalition Annual Leadership Meeting at  ...
Mike Pence hat am Samstag das Ende seiner Präsidentschaftskandidatur bekannt gegeben.Bild: EPA

Mike Pence ist ein Republikaner der alten Schule. Also zog der ehemalige Vize von Präsident Donald Trump am Wochenende vorzeitig die Reisslinie und kündigte das Ende seiner Kandidatur für die Nomination zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten an – obwohl der 64 Jahre alte Berufspolitiker nicht der einzige chancenlose Anwärter im Feld der nunmehr acht Anwärter war.

Pence wählte für seine Ankündigung ein Forum jüdischer Republikaner in Las Vegas (Nevada). Am Ende einer Grundsatzrede, in dem Pence einmal mehr seine enge Verbundenheit mit Israel bekundete, legte er eine Kunstpause ein und sagte: «Erlauben Sie es mir bitte, mit einer persönlichen Bemerkung zu schliessen.» Er habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass der Bibelvers «Alles hat seine Zeit» nicht auf seine Präsidentschaftskandidatur zutreffe, sagte Pence. Also habe er sich entschieden, «nach vielen Gebeten und Erwägungen», aus dem Rennen ums Weisse Haus auszusteigen.

Das Publikum reagierte überrascht. Es spendete dem ehemaligen Vizepräsidenten einen warmen Applaus, als er ankündigte, er werde «niemals aufhören», prinzipientreue, konservative Führungskräfte zu unterstützen. Auch rief Pence den Anwesenden zu, «dem Sirenengesang» des Populismus zu widerstehen.

Im Klartext: Donald Trump, von 2017 bis 2021 der direkte Vorgesetzte von Mike Pence in der amerikanischen Regierung, kann wohl nicht mit seiner Wahlkampfhilfe rechnen. Denn Trump verkörpert die Entwicklungen in der Republikanischen Partei, gegen die sich die Präsidentschaftskandidatur von Pence richtete – zuvorderst das Abdriften einer Partei in eine politische Sphäre, in denen politische Grundsätze weniger wichtig sind als die improvisierten Aussagen eines Ex-Präsidenten.

Wahr ist aber auch: Trump wird das nicht gross stören. Denn während der Ex-Präsident in Umfrage nach Umfrage von einer Mehrheit der republikanischen Wählerinnen und Wähler unterstützt wird, brachte es Pence zuletzt noch auf rund 3 Prozent. Auch trocknete der Spendenfluss für seine Kampagne langsam aus.

Pence erinnerte Trump an die Verfassung

Für diese Flaute gab es zwei Gründe. Erstens hatte sich Pence in seiner eigenen Partei viele Feinde geschaffen, weil er den 77 Jahre alten Trump direkt kritisierte. Nach anfänglichem Zögern sprach der ehemalige Vizepräsident während seiner zahlreichen Auftritte in Iowa und New Hampshire immer wieder über den 6. Januar 2021 - den Tag also, an dem wütende Trump-Anhänger das Capitol in Washington gestürmt hatten und dabei auch das Leben von Mike Pence gefährdeten.

Vice President Mike Pence and Speaker of the House Nancy Pelosi, D-Calif., read the final certification of Electoral College votes cast in November's presidential election during a joint session  ...
Ein Bild für die Geschichtsbücher: Mike Pence präsidierte am 6. und 7. Januar 2021 die Sitzung des Kongresses, an der Senat und Repräsentantenhaus von Joe Bidens Sieg in der Präsidentschaftswahl 2020 offiziell Kenntnis nahmen.Bild: AP Pool

Pence präsidierte an diesem blutigen Tag eine gemeinsame Sitzung des Kongresses, an der Senat und Repräsentantenhaus offiziell den Sieg von Joe Biden über Donald Trump bestätigten. In den Augen des Amtsinhabers hätte Pence diese Formalität damals stoppen können, um die Republikaner an der Macht zu halten. Das behauptet Trump noch heute. Pence aber war anderer Meinung, mit Verweis auf die Verfassung. Und er machte daraus kein Geheimnis.

Der zweite Grund für das Scheitern der Präsidentschaftskandidatur eines Mannes, dessen Ambitionen seit Jahrzehnten ein offenes Geheimnis waren: Pence vertrat politische Positionen, die nicht mehrheitsfähig sind. So setzt sich der bibelfeste Politiker für ein nationales Verbot für Abtreibungen nach der sechsten Schwangerschaftswoche ein. Auch sprach Pence häufig über die Sanierung des tiefroten Bundeshaushaltes und darüber, dass beliebte Sozialprogramme zusammengestrichen werden müssten.

Trump-Kontrahenten verzetteln ihre Kräfte

Das war zwar prinzipientreu, hatte sich Pence doch nach seiner erstmaligen Wahl ins nationale Repräsentantenhaus im Jahr 2000 als fiskal- und sozialpolitisch Konservativer einen Namen gemacht. Aber mit der modernen Republikanischen Partei haben diese Positionsbezüge wenig gemein.

Offen ist nun, ob der Rückzug von Mike Pence der Beginn einer Konsolidierung des republikanischen Feldes markiert. Bisher gibt es dafür keine Anzeichen. Die beiden führenden Trump-Kontrahenten – Ron DeSantis und Nikki Haley - wollen an ihrer Kandidatur festhalten. Die Vorwahlen beginnen in weniger als 80 Tagen.

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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moderat
30.10.2023 00:37registriert Juni 2022
Nein, traditionelle Republikanische Grundwerte (ohne die konservativen sozialen Themen) wären weiterhin im Volk beliebt. Aber keiner der gegenwärtigen Republikanischen Kandidaten vertritt sie - am ehesten tut das scheinbar der moderate Democrat Biden-Herausforder Gene Phillips. Pence ist für Moderate zu religiös-konservativ, aber der rechte Flügel mag ihn auch nicht weil er sich am 6. Januar als Vize seinem Boss Trump widersetzt hat, strikte nach der Verfassung gehandelt und möglicherweise einen Trump Coup verhindert hat, wofür er den Dank des Volkes verdient.
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Gen X
30.10.2023 02:47registriert August 2023
Es ist immer wieder bemerkenswert, wie vergesslich manche Republikaner sind; wie sie sich nicht mehr daran erinnern können, Trump, den sie so sehr verteufeln, mit aufgebaut zu haben.
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