International
Analyse

Waffen für Ukraine: Wie ernsthaft ist Trumps Bruch mit Putin?

epa12237717 NATO Secretary General Mark Rutte (L) speaks with US President Donald Trump during a meeting in the Oval Office of the White House in Washington, DC, USA, 14 July 2025. EPA/YURI GRIPAS / P ...
Im Gespräch mit Mark Rutte (l.) kündigte Donald Trump eine härtere Linie gegenüber Russland an. Die Frage ist, ob er sie durchziehen wird.Bild: keystone
Analyse

Macht Trump wirklich Schluss mit Putin? Im Prinzip ja, aber …

Donald Trump will der Ukraine wieder Waffen liefern. Gleichzeitig droht er Russland mit Sanktionen. Ist das der Bruch mit seinem «Kumpel» Wladimir Putin? Zweifel sind angebracht.
15.07.2025, 14:0215.07.2025, 14:38
Mehr «International»

Lindsey Graham ist einer der grössten Unterstützer der Ukraine im US-Kongress. Seit Monaten versucht er, Donald Trumps prorussische Reflexe zu kontern. Am Sonntag schien der republikanische Senator sein Ziel erreicht zu haben: «Trump ist wirklich sauer auf Putin. Seine Ankündigung morgen wird sehr aggressiv ausfallen», sagte Graham dem Portal Axios.

Der US-Präsident hatte zuvor eine «wichtige Botschaft» zum Ukraine-Krieg in Aussicht gestellt. Was er beim Treffen mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte am Montag im Oval Office ankündigte, kann aber nur bedingt als aggressiv bezeichnet werden. Zwar will er wieder Waffen an die Ukraine liefern, doch bezahlen sollen sie die anderen Nato-Länder.

German Defense Minister Boris Pistorius, left, attends a meeting with Secretary of Defense Pete Hegseth, not pictured, at the Pentagon, Monday, July 14, 2025, in Washington. (AP Photo/Mark Schiefelbei ...
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius dämpfte die Erwartungen, dass die Ukraine rasch Patriot-Raketen erhalten wird.Bild: keystone

Man kann dies als Zugeständnis an die MAGA-Isolationisten interpretieren, die schon die Luftangriffe auf iranische Atomanlagen nur mit Murren geschluckt hatten. Im Gespräch ist eine Art Ringtausch, bei dem etwa Deutschland und Norwegen eigene Patriot-Luftabwehrsysteme an die Ukraine liefern und dafür Ersatz in den USA kaufen.

Putin wie die Mullahs

Die genauen Modalitäten sind noch unklar, sagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius, der am Montag ebenfalls in Washington weilte. Es dürfte noch einige Zeit dauern, bis die Patriot-Batterien einsatzbereit sind. Bis dann kann der russische Machthaber Wladimir Putin die ukrainische Bevölkerung weiter mit Drohnen und Raketen terrorisieren.

Beobachter in Washington sehen in Trumps Ankündigung dennoch eine Kehrtwende, etwa der «Washington Post»-Kolumnist Max Boot. Es habe dem Präsidenten «gedämmert», dass Putin ihn hingehalten und kein Interesse an einem Ende des Krieges habe. Damit aber habe sich der russische Machthaber «ähnlich verrechnet wie die iranischen Mullahs».

An der Nase herumgeführt

Sechsmal hat Trump seit seiner Vereidigung mit Putin telefoniert, ohne Erfolg. Dies habe den Präsidenten «wie einen Juniorpartner aussehen lassen», schreibt «The Atlantic». Doch der Russe habe sich «verzockt», zitiert das Magazin einen Mitarbeiter des Weissen Hauses: «Der Präsident hat ihm eine Gelegenheit nach der anderen gegeben, doch genug ist genug.»

Donald Trump scheint erkannt zu haben, dass Putin ihn wie einen Tanzbären an der Nase herumgeführt hat. Mehrfach machte er in den letzten Tagen seinem Ärger darüber Luft, so auch am Montag in einem 20-minütigen Telefon-Interview mit der BBC. Viermal habe er gedacht, ein Deal mit Putin sei in Griffweite, «und dann zerstört er ein Gebäude in Kiew».

«Noch nicht fertig mit ihm»

Bedeutet das nun den Bruch mit dem von ihm eigentlich bewunderten russischen Diktator? Man kann die Radio-Eriwan-Witze aus den Zeiten der Sowjetunion zitieren, bei denen der fiktive Sender auf Fragen jeweils antwortete: «Im Prinzip ja, aber …». Trump selbst sagte im BBC-Interview, er sei von Putin enttäuscht: «Aber ich bin noch nicht fertig mit ihm.»

Faktisch öffnet der US-Präsident damit eine Tür für weitere Gespräche. Das zeigt auch der zweite Teil der von ihm am Montag angekündigten Massnahmen. Trump drohte mit Sanktionen auf Energieexporte, falls Russland nicht zu ernsthaften Friedensgesprächen bereit sei. Sie sollen allerdings erst in 50 Tagen in Kraft treten, also Anfang September.

Moskauer Börse im Plus

Die Reaktionen auf diese «Gnadenfrist» waren bezeichnend. So schloss die Moskauer Börse am Montag mit einem Plus von mehr als zwei Prozent. Offenbar hatte man mit härteren Sanktionen gerechnet. Umgekehrt zeigte sich der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko in der ARD-Talkshow «Maischberger» enttäuscht: «Was ist der Grund, Putin 50 Tage zu geben?»

Mayor of Kyiv Vitali Klitschko inspects damage around a residential building hit by a Russian rocket attack, in Kyiv, Ukraine, Friday, Dec. 20, 2024. (AP Photo/Efrem Lukatsky)
Vitali Klitschko fragt sich, was die 50-Tage-Frist soll.Bild: keystone

In diesem Zeitraum könnten noch viele Menschen getötet und Gebäude zerstört werden, meinte Klitschko. Härtere Massnahmen wären in einem Paket enthalten, das Senator Lindsey Graham und der Demokrat Richard Blumenthal «geschnürt» haben. Es wird von 85 Senatsmitgliedern unterstützt, was ungewöhnlich ist im polarisierten Washington.

Hartes Sanktionspaket

Das Paket sieht Strafzölle bis 500 Prozent für Länder vor, die Russland Öl, Gas oder Uran abkaufen. Donald Trump äusserte sich am Montag wohlwollend dazu, ohne die Sanktionen vollumfänglich zu unterstützen. Vielmehr sprach er von Sekundärzöllen von 100 Prozent. Damit aber dürfte sich die Verabschiedung des Sanktionspakets im Kongress verzögern.

John Thune, der als republikanischer Mehrheitsführer die Traktandenliste im Senat kontrolliert, trat am Montag auf die Bremse. «Es hört sich so an, als ob der Präsident etwas Eigenes versuchen will», sagte er gegenüber Reportern. Damit deutete er gemäss «Politico» an, dass das Gesetzespaket von Graham und Blumenthal überflüssig werden könnte.

Zieht er die harte Linie durch?

Zumindest die 50-Tage-Frist scheint Thune abwarten zu wollen, womit das Paket kaum vor den Parlamentsferien traktandiert werden dürfte. In einer Erklärung lobten Graham und Blumenthal die Initiative des Präsidenten, sie betonten aber auch: «Der ultimative Hammer zum Ende des Krieges werden Zölle gegen Länder wie China, Indien und Brasilien sein.»

Senate Majority Leader John Thune, R-S.D., speaks to reporters outside his office at the Capitol in Washington, Tuesday, July 8, 2025. (AP Photo/J. Scott Applewhite)
John Thune
John Thune, der Mehrheitsführer im Senat, steht beim Sanktionspaket auf die Bremse.Bild: keystone

Sie würden Putins Kriegsmaschine mit dem Kauf von billigem Öl und Gas stützen, meinten die Senatoren. Die Frage ist, ob Donald Trump dieser Logik folgen wird. Und mehr noch, ob er die harte Linie gegenüber Russland durchzieht. Mit Blick auf die vergangenen Monate gebe es «Gründe, daran zu zweifeln», heisst es in einer Analyse der «New York Times».

Biden ist schuld

Beim Treffen mit Mark Rutte am Montag versuchte der Präsident einmal mehr, die Verantwortung für den Ukraine-Krieg auf seinen Vorgänger Joe Biden und die Demokraten abzuschieben. Als ein Reporter wissen wollte, was er tun würde, falls Putin immer brutaler vorgehen sollte, reagierte er verärgert: «Stellen Sie mir keine solchen Fragen!»

Donald Trump ist zweifellos wütend darüber, dass Wladimir Putin ihm die Bereitschaft zum Frieden vorgaukelt und gleichzeitig den Krieg eskalieren lässt. Doch der russische Machthaber hat dies offensichtlich einkalkuliert. Er scheint davon auszugehen, dass Trump nicht wirklich mit ihm Schluss machen will. Und das vielleicht nicht zu Unrecht.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Militärparade Russland 2025
1 / 8
Militärparade Russland 2025

In Russland findet jedes Jahr am 9. Mai eine Militärparade statt.

quelle: keystone
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Videos sollen ukrainischen Drohnenangriff auf Waffenfabrik tief im russischen Hinterland zeigen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
58 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
IchfragefüreinenFreund
15.07.2025 14:16registriert Juli 2020
Alles nur zur Ablenkung der MAGA Base vom Eppstein Files Desaster. Dann zwei Wochen bis TACO.
883
Melden
Zum Kommentar
avatar
Schlaf
15.07.2025 14:13registriert Oktober 2019
In den nächsten 50 Tagen wird Putin dem Trump wieder das Bäuchlein streicheln und Honig um den Mund schmieren und plötzlich weiss die schrumplige Orange nichts mehr von ausgiebigen Waffenlieferungen an die Ukraine.

Ausserdem muss man immer noch davon ausgehen, dass Putin den Trump mit irgendetwas in der Hand hat.
854
Melden
Zum Kommentar
avatar
Maila
15.07.2025 14:39registriert März 2020
Kommunikation Anfangs Juli: Russland plant innerhalb der nächsten 60 Tage eine neue Eskalation im Osten der Ukraine, um die Verwaltungsgrenzen der Oblaste zu erreichen.

Und nun gibt Trump Putin 50 Tage Zeit, um Frieden zu schliessen. Dh Putin kann vorher seinen 60 Tage Plan noch durchziehen.

Was für ein abgekartetes Spiel 😡
401
Melden
Zum Kommentar
58
Ausflugsboot kentert in Halong-Bucht – Tote und Vermisste
In der weltberühmten Halong-Bucht im Nordosten Vietnams ist ein Ausflugsboot mit 53 Menschen an Bord gekentert. Einsatzkräfte hätten elf Menschen gerettet und bislang 34 Leichen geborgen, berichtete die vietnamesische Zeitung «VnExpress» unter Berufung auf Behörden des Landes. Acht weitere Menschen galten am späten Samstagabend (Ortszeit) noch als vermisst. Dem Bericht zufolge soll es sich bei den Touristen überwiegend um Menschen aus Hanoi handeln, die mit ihren Familien – darunter auch vielen Kindern – eine Bootstour in die Bucht unternommen hatten.
Zur Story