Ein paar Klicks reichen, um heute eine Geschäftsadresse in der Schweiz zu erhalten. Vor Ort sein muss man dafür nicht, arbeiten schon gar nicht. Das übernehmen einschlägige Firmen, Treuhandbüros oder Anwaltskanzleien. Diese bieten gegen eine kleine Monatsgebühr einen «repräsentativen Geschäftsauftritt in der Schweiz mit Post- und Paketempfang».
Ein Geschäftsmodell, das sich offenbar rechnet. Allein für die Kantone Genf, Tessin, Freiburg und Zug hat die Nichtregierungsorganisation Public Eye in einer Handelsregisteranalyse von 2021 über 30'000 Firmen ohne geschäftliche Tätigkeit vor Ort ermittelt, Tendenz steigend.
Das Problem: Immer wieder werden solche Briefkastenfirmen als Vehikel für illegale Aktivitäten genutzt, die weit über Steuerdelikte hinausgehen. Sie werden missbraucht, um «Vermögenswerte zum Zwecke von Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung, Korruption oder Umgehung von Sanktionen zu verschleiern», mahnt der Bundesrat. Letzteres erschwere beispielsweise aktuell die Umsetzung der Russland-Sanktionen.
Inkriminierte Vermögen werden dabei oft in komplexen Strukturen, Tarnfirmen oder über Strohleute versteckt, was es schwierig bis unmöglich macht, die wahren Eigentümer dahinter ausfindig zu machen. Daher gibt es seit geraumer Zeit internationale Anstrengungen, Firmen zur Offenlegung ihrer Finanzgeber und Eigner zu verpflichten.
Federführend bei diesen Bemühungen ist die internationale Anti-Geldwäsche-Institution Financial Action Task Force (FATF), die ihren Sitz bei der OECD in Paris hat und bei der auch die Schweiz Mitglied ist. In regelmässigen Abständen prüft die Organisation anhand von vierzig Kriterien, wie Staaten weltweit bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung abschneiden.
Eine der zentralen Forderungen, die die FATF seit Jahren an ihre Mitglieder richtet, ist die Einführung von Transparenzregistern. Also von öffentlichen Verzeichnissen, in denen alle wirtschaftlich Berechtigten aufgeführt sind, die Kontrolle über juristische Personen wie Firmen, Investmentgesellschaften oder Stiftungen ausüben.
Knapp 100 Staaten kennen inzwischen derartige Register, darunter etwa Deutschland, Grossbritannien und Singapur. Hierzulande fanden solche Bestrebungen hingegen lange keine Parlamentsmehrheit und versandeten – was die FATF bei ihrem letzten Update zur Schweiz 2023 zu wiederholter Kritik veranlasste.
Inzwischen hat der Wind aber auch hierzulande gedreht. Im Dezember hat der Ständerat einem Gesetzesentwurf des Bundesrates zugestimmt, der die Schaffung eines eidgenössischen Transparenzregisters für wirtschaftlich Berechtigte vorsieht. Darüber hinaus schlägt der Bundesrat vor, dass Anwälte, Notare und Treuhänder gewissen Sorgfaltspflichten unterstellt werden, wenn sie zum Beispiel für ihre Kunden Firmen gründen oder Immobilien kaufen.
Zehn Jahre nach dem Ende des Bankgeheimnisses wird also auch den Briefkastenfirmen in der Schweiz der Kampf angesagt. Dies erneut nach teils enormem Druck aus dem Ausland, insbesondere durch die USA, die Anfang des vergangenen Jahres unter Präsident Joe Biden ein eigenes Transparenzregister eingeführt haben.
Mit einem möglichen Inkrafttreten des Gesetzes wird im nächsten Jahr gerechnet. Doch inmitten dieses eidgenössischen Vorstosses hat der globale Anti-Geldwäsche-Kampf gerade einen herben Rückschlag erlitten. Und zwar ausgerechnet durch die USA.
Im März hat die neue US-Regierung nämlich entschieden, das Gesetz namens Corporate Transparency Act, das die Grundlage für das US-Transparenzregister bildet, nicht mehr anzuwenden. Präsident Donald Trump hatte die Meldepflicht bereits in der Vergangenheit als «unverschämt und invasiv» kritisiert. US-Finanzminister Scott Bessent bezeichnete die nun vollzogene Aussetzung des Gesetzes entsprechend als «Sieg des gesunden Menschenverstandes».
Befürworter der Transparenzregeln befürchten derweil eine massive Schwächung der internationalen Anstrengungen gegen Geldwäscherei und sprechen von einem «Geschenk für die Mafia». Kriminellen werde es somit wieder leichter gemacht, ihre Vermögen hinter Scheinfirmen zu verstecken.
Auch wird befürchtet, dass der FATF künftig ein rauer Gegenwind entgegenwehen könnte. Noch im Juli dieses Jahres beginnt die nächste Bewertungsperiode für die USA – was die FATF vor ein Dilemma stellt. Denn nach der Aussetzung des Transparenzgesetzes müssten die Prüfer die USA eigentlich herabstufen. Doch trauen sie sich dies auch?
Schliesslich sind die USA ein grosser Geldgeber der FATF. Zudem könnte die Organisation dann ein ähnliches Schicksal ereilen wie jüngst den Internationalen Strafgerichtshof. Dessen Mitglieder wurden im Februar wegen des erteilten Haftbefehls gegen Israels Premier Benjamin Netanyahu mit US-Sanktionen belegt. Seither dürfen sie nicht mehr in die USA einreisen, zudem drohen ihre Vermögen eingefroren zu werden.
Für die Trump-Regierung ist die Streichung des Transparenzregisters nur das neueste Kapitel in einer Reihe von Deregulierungsmassnahmen. Neben dem Corporate Transparency Act haben die USA kürzlich auch den Foreign Corrupt Practices Act ausgesetzt, ein Gesetz gegen Bestechung im Ausland.
Unter Beobachtern geht daher die Sorge um, Washington könnte bald auch den Bank Secrecy Act aussetzen. Es wäre so etwas wie eine Teilrückkehr des Bankgeheimnisses, denn US-Finanzinstitute müssten den Behörden dann keine Geldwäscheverdachtsmeldungen mehr liefern.
Dies würde wiederum den politischen Druck erhöhen, die Regeln auch in Europa zu lockern, um Wettbewerbsnachteile gegenüber dem US-Markt zu vermeiden. Bereits haben diverse Banken in den Vereinigten Staaten damit begonnen, für eine Aufweichung ihrer Meldepflichten zu lobbyieren. Beispielsweise wollen sie künftig Bargeldzahlungen erst ab 100'000 Dollar und nicht wie jetzt ab 10'000 Dollar melden müssen.
Eine solche Lockerung hätte auch unmittelbare Folgen für die Schweiz. Das Verdikt der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) dazu fällt jedenfalls lakonisch wie eindeutig aus: «Eine Senkung der Schwellenwerte für die Identifikationspflichten bei Bargeldgeschäften würde eine Schwächung des Geldwäschereidispositivs der Schweiz bedeuten.»
Haben sich diese SVPler von Trump distanziert? Nein. Im Gegenteil.
Sind wir doch alle froh, haben unsere Rechtspopulisten nie ihr erklärtes Ziel von mehr als 50% Wähleranteil erreicht. Es wäre eine Katastrophe.
Doch die unverschämten und invasiven Kontrollen bei der Einreise sind natürlich voll in Ordnung. 🤪