Während circa eineinhalb Stunden regneten am Dienstagabend iranische Raketen auf Israel nieder. In weiten Teilen Israels gab es Raketenalarm, so auch in Zentralisrael und in Tel Aviv. Videos und Bilder in den sozialen Medien zeigten, wie die Geschosse auf israelisches Gebiet niederregneten.
Allerdings konnte laut israelischen und US-Angaben der Grossteil der Raketen abgefangen oder unschädlich gemacht werden, bevor sie am Boden auftrafen. Auch Jordanien beteiligte sich erneut – wie bei der ersten grossen Vergeltungsaktion des Irans im April – an der Raketenabwehr und schoss mehrere Geschosse ab, als diese das eigene Staatsgebiet überflogen.
Nach aktuellen Informationen starb mindestens eine Person im Westjordanland durch die Angriffe, zudem gab es Berichte über Verletzte aufgrund von Trümmerteilen und Sturzverletzungen auf der Flucht in die Schutzbunker.
Medienberichten zufolge nahm der Iran zwei israelische Luftwaffenstützpunkte und das Hauptquartier des Geheimdienstes Mossad ins Visier.
Die iranischen Revolutionsgarden haben in einer Stellungnahme erklärt, dass die Angriffe als Reaktion auf die Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah sowie von Hamas-Chef Ismail Hanija erfolgten. Man habe die Raketen ausschliesslich auf «wichtige militärische und sicherheitsrelevante Ziele» gerichtet. Besonders drei Militärstützpunkte im Grossraum Tel Aviv seien ins Visier genommen worden.
Zudem erklärte Teheran, man habe erstmals neue Hyperschallraketen aus eigener Produktion verwendet. Nach iranischen Angaben hätten «90 Prozent der Geschosse» ihre Ziele getroffen.
Der iranische Präsident Masoud Peseshkian sagte in einem Beitrag auf X, der Angriff sei eine «entschiedene Antwort auf Israels Aggressionen». Und weiter:
Irans Aussenminister Abbas Araghchi sprach nach dem Angriff mit Bundesaussenministerin Annalena Baerbock sowie deren Kollegen in Grossbritannien und Frankreich, wie die iranische Nachrichtenagentur Irna berichtete.
Die Operation sei abgeschlossen, sagte Araghchi. «Aber sollte das zionistische Regime (Israel) Vergeltungsmassnahmen ergreifen, wird unsere Antwort noch härter ausfallen.» Die Islamische Republik Iran strebe keine Eskalation an, fürchte aber keinen Krieg.
Nach dem iranischen Angriff auf Israel hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem Erzfeind umgehend mit Vergeltung gedroht. Teheran habe «einen grossen Fehler» begangen und werde «dafür bezahlen».
Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte: «Wir werden zu dem Zeitpunkt und an dem Ort handeln, den wir bestimmen, und zwar in Übereinstimmung mit den Anweisungen der politischen Ebene.»
Die «New York Times» berichtete unter Berufung auf US-Beamte, in einem möglichen Szenario könnte Israel die iranischen Nuklearanlagen angreifen. Insbesondere die Anreicherungsanlagen in Natanz, dem Herzstück des iranischen Programms, könnten im Visier stehen.
Die iranischen Raketenangriffe hätten keine Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit der israelischen Armee, liess die Regierung weiter verlauten. Netanjahu bezeichnete Irans Angriff als gescheitert. Israel werde insbesondere aus der Luft auch im Libanon und in Gaza weiterhin gegen die Feinde des Landes vorgehen (siehe Punkt 6).
Der UN-Botschafter Israels, Danny Danon, machte Israels Wille zum Gegenschlag weiter deutlich:
Die USA haben Israel nicht nur bei der Abwehr der Raketen geholfen, sondern durch Präsident Joe Biden auch erneut ihre «eiserne Unterstützung» für den Verbündeten im Nahen Osten bekräftigt.
Das Pentagon erklärte zudem, dass US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und sein israelisches Pendant Joav Galant über «schwerwiegende Konsequenzen» für den Iran im Falle eines direkten militärischen Angriffs gesprochen haben. Was für Konsequenzen das sind, blieb offen.
Joe Biden warb dafür, die Reaktion auf den iranischen Raketenangriff auf Israel gut abzuwägen. Auf die Frage, wie Israel auf den Iran reagieren sollte, antwortete Biden im Weissen Haus in Washington:
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock äusserte sich besorgt und kritisch gegenüber dem Iran. Sie schrieb auf X, man habe den Iran vor einer «gefährlichen Eskalation» gewarnt, die ihrer Meinung nach «die Region weiter an den Rand des Abgrunds treibe».
Israel wird in diesen Stunden von Iran mit Raketen angegriffen. Den laufenden Angriff verurteile ich auf das Allerschärfste. Wir haben Iran vor dieser gefährlichen Eskalation eindringlich gewarnt. Iran muss den Angriff sofort einstellen. Er führt die Region weiter an den Abgrund.
— Außenministerin Annalena Baerbock (@ABaerbock) October 1, 2024
Bundeskanzler Olaf Scholz warnte vor einer weiteren Eskalation. «Iran riskiert damit, die ganze Region in Brand zu setzen - das gilt es unter allen Umständen zu verhindern», erklärte der SPD-Politiker in Berlin. Nur dank der israelischen Luftverteidigung und den Verbündeten sei es am Abend gelungen, den iranischen Angriff weitgehend abzuwehren.
UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte die nächste Eskalation im Konflikt ebenfalls und forderte in einem Beitrag auf X:
I condemn the broadening of the Middle East conflict with escalation after escalation.
— António Guterres (@antonioguterres) October 1, 2024
This must stop.
We absolutely need a ceasefire.
Angesichts der eskalierenden Lage in Nahost soll der UN-Sicherheitsrat am Mittwoch um 16.00 Uhr MESZ zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. Das teilte die Schweizer Präsidentschaft des mächtigsten UN-Gremiums in New York mit.
Auch Frankreich hat die Raketenangriffe des Irans scharf verurteilt. Die französische Regierung habe heute ihre militärischen Mittel im Nahen Osten mobilisiert, um die iranische Bedrohung abzuwehren, teilte der Élysée-Palast nach einer Sitzung des Verteidigungs- und Sicherheitsrats mit.
Präsident Emmanuel Macron habe bekräftigt, dass die proiranische Hisbollah-Miliz ihre terroristischen Aktionen gegen Israel einstellen müsse.
Macron forderte zudem, dass Israel seine Militäreinsätze im Libanon so schnell wie möglich beenden solle. Es seien bereits jetzt zu viele Zivilisten Opfer dieser Operationen. Die Souveränität und territoriale Integrität des Libanon müssten wiederhergestellt werden.
Auch aus dem Vereinigten Königreich wurde die iranische Attacke scharf verurteilt. Premier Keir Starmer meldete sich per Videobotschaft.
I completely condemn Iran's attack on Israel this evening. pic.twitter.com/cj2R6o5Lfd
— Keir Starmer (@Keir_Starmer) October 1, 2024
Laut Grossbritanniens Verteidigungsminister John Healey beteiligte sich das britische Militär am Abend an Versuchen, eine weitere Eskalation im Nahen Osten zu verhindern, wie er auf X schrieb.
Israel bereitet sich bereits auf eine militärische Antwort vor, wie Armee-Sprecher Daniel Hagari noch am Dienstagabend bekanntgab. Im Gegensatz zu gewissen Operationen im Gazastreifen und auch Libanon hat die Israel bei einer Antwort gegenüber dem Iran auch den Segen der USA. Wie genau die Reaktion der beiden Staaten aussehen wird, bleibt abzuwarten.
Die «New York Times» berichtete unter Berufung auf US-Beamte, in einem möglichen Szenario könnte Israel die iranischen Nuklearanlagen angreifen. Insbesondere die Anreicherungsanlagen in Natanz, dem Herzstück des iranischen Programms, könnten im Visier stehen.
Auch im Libanon und Gaza will Israel weiter angreifen, wie Hagari ankündigte:
Der Iran hat seinerseits bereits angekündigt, eine allfällige Vergeltung ebenfalls wieder vergelten zu wollen – es muss mit einer weiteren Eskalation der Lage gerechnet werden.
Auch diverse Experten befürchten eine weitere Eskalation, die gar in einem offenen Krieg enden könnte. Mohanad Hage Ali, stellvertretender Direktor des Malcolm H. Kerr Carnegie Middle East Center, einem Forschungsinstitut in Beirut, sagte dem «Wall Street Journal», Irans Angriff gebe Israel Anlass, direkt auf iranisches Territorium zurückzuschlagen, was einen regionalen Krieg auslösen könnte.
Grant Rumley, ein ehemaliger Pentagon-Beamter, sagte der «New York Times», im Gegensatz zu dem Angriff im April, bei dem Israel tagelang vorgewarnt war und seine Verteidigung mit Verbündeten in der Region koordinieren konnte, sei der Angriff am Dienstag nur wenige Stunden im Voraus angekündigt worden. «Daher ist es schwer, diesen neuen Angriff als rein symbolisch zu betrachten», sagte Rumley.
Etwas anders beurteilt die Lage Omar Rahman, Nahost-Experte am Middle East Council on Global Affairs in Katar, gegenüber «Al Jazeera». Er befürchtet zwar ebenfalls, dass es zu einem «regionalen Krieg» kommen könnte, sieht die Schuld dafür aber vor allem auch bei Israel. Das Land habe diesen durch seine Aktionen in den vergangenen Monaten heraufbeschworen. Weiter sagte Rahman:
Schon im April hatten Irans Revolutionsgarden (IRGC) zum ersten Mal in der Geschichte der Islamischen Republik einen direkten Angriff auf Israel ausgeführt. Dabei feuerten die IRGC-Luftstreitkräfte mehr als 300 Drohnen, Raketen und Marschflugkörper auf ihren Erzfeind – als Reaktion auf die Tötung von Generälen durch einen mutmasslichen Angriff Israels in Syrien. Der Angriff wurde erfolgreich abgewehrt.
Israels Militär und Geheimdienste hatten zuletzt Irans Verbündete in der Region erheblich geschwächt. Ende Juli wurde der Auslandschef der islamistischen Hamas in Teheran getötet. Irans Staatsführung schwor daraufhin Rache. Am Freitag wurde mit Hisbollah-Chef Nasrallah ein zentraler Verbündeter Teherans getötet. Zuvor hatten explodierende Pager Hunderte Hisbollah-Funktionäre verletzt und etliche auch getötet. Es war seither unklar, ob und wie Irans militärische Führung darauf reagieren würde.
Am Dienstag kam ein weiterer Schritt des israelischen Militärs hinzu: Erstmals seit fast zwei Jahrzehnten drangen israelische Bodentruppen wieder in den Libanon ein. Rund ein Jahr nach Beginn des Gaza-Kriegs verlagerte sich damit der Schwerpunkt der Kämpfe in Richtung des nördlichen Nachbarlandes.
Seit der Revolution von 1979 gelten die USA und Israel als Erzfeinde der Islamischen Republik. Mit Ausbruch des Gaza-Kriegs vor knapp einem Jahr drohte mehrfach, dass sich der Schattenkonflikt zu einem Flächenbrand entwickelt. Der Iran erkennt das Existenzrecht Israels nicht an und strebt dessen Auslöschung an. Er hat jahrelang paramilitärische Organisationen unterstützt, die sich als Teil seiner Achse des Widerstands gegen Israel stellen. Irans Revolutionsgarden sind die Elitestreitmacht des Landes und gelten als deutlich schlagkräftiger als die reguläre Armee.
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.
Die theokratische Diktatur der Mullahs, inkl. Revolutionagarde, muss weg. Ihr Terroristen-Unterstützung aussehalb des Irans ist das grösste Übel.
Und Netanjahu muss endlich der Prozess gemacht werden. Israel braucht eine neue Regierung. Weg mit den Rechtsradikalen.
Okay. So naiv bin ich dann doch nicht. Aber Wünsche haben darf jeder.