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Diddy in der «Hölle auf Erden»: In diesem New Yorker Gefängnis sitzt er

FILE - Sean Combs arrives at the Pre-Grammy Gala And Salute To Industry Icons at the Beverly Hilton Hotel on Saturday, Jan. 25, 2020, in Beverly Hills, Calif. (Photo by Mark Von Holden/Invision/AP, Fi ...
Sean «Diddy» Combs sitzt nach seiner Verhaftung im Gefängnis.Bild: keystone

Diddy in der «Hölle auf Erden»: In diesem New Yorker Gefängnis sitzt er

Sean «Diddy» Combs sitzt nach seiner Verhaftung im Gefängnis. Dieses ist für seine gefährlichen Zustände bekannt.
25.09.2024, 15:1725.09.2024, 15:17
Amir Selim / t-online
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t-online

Brutale Zustände, ständige Gewalt und zahlreiche Todesfälle: Das Metropolitan Detention Center (MDC) im New York Stadtteil Brooklyn ist berühmt und berüchtigt. Nach seiner Festnahme wegen schwerer Vorwürfe des Menschenhandels und sexuellen Missbrauchs sitzt nun der Musikmogul Sean «Diddy »Combs seit Dienstag in der Haftanstalt. Trotz aller Anstrengungen seiner Anwälte, die ihn lieber unter Hausarrest in seiner 48 Millionen Dollar teuren Villa in Miami Beach (Florida) stellen lassen wollten, muss der Rapper hinter Gitter, berichtete die Nachrichtenagentur AP.

Schon nach seiner Eröffnung in den 1990er Jahren galt das MDC Brooklyn, das einzige Bundesgefängnis in New York, als besonders problematisch. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Berichten über Missstände, was dazu führte, dass einige Richter zögerten, Personen dorthin zu schicken.

Dennoch blieb es eine zentrale Einrichtung für Menschen, die auf ihren Prozess warten oder kurze Haftstrafen nach einer Verurteilung absitzen müssen. Zu den prominenten Insassen des Gefängnisses zählten unter anderem Musiker der R. Kelly, die Ex-Partnerin von Jeffrey Epstein, Ghislaine Maxwell, und der Kryptowährungsbetrüger Sam Bankman-Fried.

Schockierende Zustände im MDC Brooklyn

Das Gefängnis, in dem derzeit etwa 1'200 Häftlinge untergebracht sind, war besonders in den letzten Jahren aufgrund seiner schlechten Bedingungen massiv in die Kritik geraten. In den Hochzeiten der Pandemie im Jahr 2020 verzeichnete die Einrichtung den ersten bestätigten Covid-19-Fall eines Bundesgefangenen. Zuvor hatte ein einwöchiger Stromausfall 2019 für Unruhen unter den Gefangenen gesorgt. Sie mussten in der Zeit in eiskalten Zellen ausharren.

Eines der grössten Probleme des Gefängnisses: Es gibt extreme Personalengpässe. Das begünstige die Gewalt zwischen den Häftlingen und mache das ohnehin harte Leben in der Haft noch gefährlicher, hiess es in Medienberichten. So kam es erst im Juni zu einem tödlichen Vorfall, bei dem der 37-jährige Uriel Whyte erstochen wurde. Im folgenden Monat starb Edwin Cordero (36) nach einer Auseinandersetzung im Gefängnis. In den letzten drei Jahren haben zudem mindestens vier Inhaftierte Suizide begangen. Ausserdem wurden bereits mehrere Gefängniswärter wegen Korruption, der Annahme von Bestechungsgeldern und des Schmuggels von Drogen, Zigaretten und Handys für die Häftlinge verurteilt.

Anwalt: MDC «Hölle auf Erden»

Anwälte und Menschenrechtsaktivisten beschreiben die Bedingungen als «barbarisch» und kritisieren die mangelnden Verbesserungen trotz zahlreicher Klagen und Beschwerden. Andrew Dalack, Anwalt des im Gefängnis getöteten Edwin Cordero, sagte der «New York Times», dass sein Mandant Opfer eines «überfüllten, unterbesetzten und vernachlässigten Bundesgefängnisses» geworden sei, das er als «Hölle auf Erden» bezeichnete.

Ganz folgenlos blieben diese Ereignisse nicht. Richter und Anwälte üben vermehrt Druck auf das Federal Bureau of Prisons (Bundesamt für Gefängnisse) aus, um Verbesserungen herbeizuführen. In der Vergangenheit haben etwa einige Richter davon abgesehen, Angeklagte ins MDC zu schicken, oder ihre Haftstrafen aufgrund der schlechten Haftbedingungen reduziert. Der Bundesrichter Jesse Furman liess beispielsweise im Januar den verurteilten Drogenschmuggler Gustavo Chavez auf Kaution frei, anstatt ihn im MDC auf seine Verurteilung warten zu lassen.

Der Druck auf das Bureau of Prisons wächst

Im August ging Richter Gary Brown noch weiter: Er liess die Haftstrafe eines 75-jährigen Steuerhinterziehers fallen, als er erfuhr, dass der Mann ins MDC geschickt werden sollte. Diese Entscheidung sei eine direkte Reaktion auf die jahrelange Kritik an den Zuständen in der Einrichtung gewesen, so Brown.

In einer Erklärung von Dienstag teilte das Bureau of Prisons mit, dass man die Versäumnisse erkannt habe und daran arbeite, die Bedingungen zu verbessern. Dazu gehöre der Abbau eines Rückstaus von mehr als 700 Wartungsanfragen sowie die Einstellung von zusätzlichem Personal für Sicherheit und medizinische Betreuung.

Wie gehts für «Diddy» weiter?

Combs' Anwälte legten in ihrem Antrag auf Hausarrest Beweise für die miserablen Haftbedingungen im MDC vor und betonten, dass die Einrichtung angesichts der vielen Todesfälle und Missstände nicht geeignet sei, ihren Mandanten vor dem Prozess festzuhalten. Doch Richterin Ann Donnelly wies den Antrag ab und stellte klar, dass die Entscheidung über eine mögliche Verlegung Combs' allein dem Bureau of Prisons obliege.

Combs befindet sich derzeit in einer speziellen Sicherheitseinheit des Gefängnisses. In dieser verbringt er bis zu 23 Stunden in seiner Zelle. Das erhöhe seine Sicherheit. Seine Anwälte monierten, dass das ihre Arbeit erschwere. Sie beantragten, ihn in ein anderes Gefängnis zu verlegen, doch bisher liegt diese Entscheidung allein bei den Bundesvollzugsbehörden.

US-weite Probleme mit Gefängnissen

Doch nicht nur im MDC Brooklyn gibt es Probleme. Eine Recherche der Nachrichtenagentur AP hat schwerwiegende Mängel im gesamten US-Bundesgefängnissystem aufgedeckt. Dazu gehören häufige Fluchten, Gewalt, Suizide und chronische Personalengpässe, die sich negativ auf die Sicherheit und das Wohlergehen der Insassen auswirken. Zuletzt musste ein Frauen-Gefängnis im kalifornischen Dublin nach einem Skandal um sexuellen Missbrauch von Insassinnen durch das Personal geschlossen werden.

Bereits im Juli 2023 hatte US-Präsident Joe Biden ein Gesetz unterzeichnet, das die Aufsicht über das Bundesgefängnissystem verstärken soll. Dies war eine Reaktion auf die Enthüllungen durch die Nachrichtenagentur AP.

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15 Kommentare
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Markus Maag
25.09.2024 15:55registriert Mai 2024
Man erntet was man sät!
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