Die amerikanische Bundesregierung steht vor einem Kahlschlag. Angeblich will der neue Präsident Donald Trump die Zahl der zivilen Angestellten – aktuell gegen 2,3 Millionen Menschen – massiv abbauen. Weil aber wohl nur einige zehntausend Angestellte im Staatsdienst das Angebot annehmen, gegen Bezahlung einer Abfindung spätestens Ende September zu kündigen, droht eine Entlassungswelle.
Dagegen wehrt sich zwar das betroffene Personal, das häufig gewerkschaftlich organisiert ist. Seit Tagen kommt es in der amerikanischen Hauptstadt Washington immer wieder zu Demonstrationen vor Amtsstellen. Auch laufen bereits viele Gerichtsverfahren. Aber Trump lässt sich von solchen Protestkundgebungen eher anspornen als bremsen. In den Augen des Präsidenten ist es ein gutes Zeichen, wenn die Leute, die er als Feinde betrachtet, auf die Strasse gehen.
Also schürt der Präsident mit falschen Aussagen den vermeintlichen Volkszorn gegen faule Staatsangestellte, die immer noch im Homeoffice arbeiteten und massiv Steuergelder verschwendeten. So behauptete Trump am Donnerstag, in Amtsstellen wie der Behörde für Entwicklungshilfe USAID seien «Milliarden von Dollar» gestohlen worden. Auch seien Staatsgelder in Millionenhöhe an Medienerzeugnisse geflossen, die den Demokraten freundlich gesinnt seien – darunter die Hauptstadt-Publikation «Politico», die zum deutschen Axel Springer-Konzern gehört. Und das ist, weil Trump gerne zu Übertreibungen neigt, «möglicherweise» der grösste Skandal in der Geschichte der Menschheit.
Wahr daran ist: Einige Amtsstellen bezahlten «Politico» in den vergangenen Jahren für einen der Dienste, mit denen die Publikation das Personal des Washingtoner Politbetriebs informiert. Diese Dienste sind teuer, aber auch bei Republikanern höchst beliebt. Auf 24'000 Dollar belief sich der entsprechende Ausgabenposten im USAID-Budget des vergangenen Jahres, wie aus einer öffentlich zugänglichen Datenbank hervorgeht.
Aber für Elon Musk, der im Auftrag des Präsidenten die Staatsverwaltung auf Effizienz trimmen soll, ist kein Betrag zu klein. Im Stundentakt verbreitet der reichste Mann der Welt auf seinem Onlinedienst X Meldungen über angebliche Geldverschwendungen, denen er ein Ende bereitet habe. Bereits gefallen ist USAID, in einigen Teilen dieser Welt geschätzt für die Lieferung von dringend benötigten Lebensmitteln und Medikamenten. Die eigentlich unabhängige Amtsstelle ist nun Teil des Aussenministeriums von Marco Rubio, was höchstwahrscheinlich gegen den Willen des Gesetzgebers verstösst. Tausende von USAID-Angestellten sollen spätestens ab Freitag freigestellt werden.
Musk und sein Kernteam – eine Gruppe von blutjungen Software-Spezialisten ohne Regierungserfahrung – schieben nun Sonderschichten in anderen Abteilungen der Bundesregierung. Das Bildungsministerium steht als Nächstes auf der Abschussliste.
Begeistert erzählen sich rechte Aktivisten Anekdoten über Klappbetten, die Musk und sein Team angeblich in verwaisten Ministeriumsgebäuden aufstellten, um dann mit ihren Laptops an die Arbeit zu gehen. Auch soll die Truppe Zugang zu vertraulichen Akten und heiklen Personendaten haben, obwohl keiner der Musk-Vertrauten sich einer Leumundsüberprüfung unterziehen musste. So richtig weiss dies aber eigentlich niemand, gleicht Musk doch einer führungslosen Rakete. Niemand kontrolliert ihn, und nur Trump könnte den Mann stoppen, der sich neuerdings auf X «White House Tech Support» nennt.
Klar ist nur: Im Grossraum Washington, in dem Hunderttausende von Regierungsangestellten wohnen, herrscht grosse Verunsicherung. Gerüchte über Säuberungswellen bei Behörden wie der Bundespolizei FBI oder dem Auslandgeheimdienst CIA machen die Runde.
Die Demokraten nutzen dies, um den Widerstand gegen die Regierung zu sammeln, der während Trumps ersten Amtszeit unter dem Banner «Resistance» lief. Sie wettern gegen «Präsident Musk» und brechen vor geschlossenen Verwaltungsgebäuden in Sprechgesänge aus.
Schumer leads a chant of "We will win! We will win! We won't rest! We won't rest!" pic.twitter.com/8XcPbqpVAv
— Aaron Rupar (@atrupar) February 4, 2025
Dies wirkt ein bisschen amateurhaft. Aber eigentlich sind den Demokraten weitgehend die Hände gebunden, stellen sie doch im nationalen Parlament die Minderheit. So wie viele Bewohner von Washington können sie bloss zuschauen, wie Trump und Musk die Bürokratie in der Hauptstadt durchschütteln. Und darauf hoffen, dass dem Präsidenten bald ein grober Fehler unterläuft, unter dem seine bisher guten Zustimmungswerte leiden. Die nächste Wahl findet in weniger als zwei Jahren statt.