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Trump-Regierung: Wie Elon Musk die US-Verwaltung zerlegt

Elon Musk arrives to speak at an indoor Presidential Inauguration parade event in Washington, Monday, Jan. 20, 2025. (AP Photo/Matt Rourke)
Elon Musk rast mit dem Bulldozer durch die Bundesverwaltung.Bild: keystone
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Ein Putschist namens Elon Musk

Donald Trumps «Abrissbirne» Elon Musk hat den US-Bundesbehörden den Krieg erklärt. Gesetze und Verfassung kümmern ihn nicht. Sein Vorgehen erinnert an einen Staatsstreich.
05.02.2025, 17:0805.02.2025, 17:08
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Der argentinische Präsident Javier Milei will den Staat mit der Kettensäge zerlegen. Dafür wird er von Libertären gefeiert, auch in der Schweiz. Im Vergleich mit Elon Musk aber wirkt er wie ein Chorknabe. Der Leiter des sogenannten «Departement of Government Efficiency» (DOGE) rast mit dem Bulldozer durch die Bundesverwaltung, ohne Rücksicht auf Verluste.

Der bislang krasseste Fall ist sein Angriff auf die Entwicklungshilfebehörde USAID, die er «durch den Holzhäcksler» jagen will, wie Musk auf seiner eigenen Plattform X mitteilte. Und das war die harmloseste Beschimpfung einer Agentur, die weltweit Millionen Menschen humanitäre Hilfe leistet, darunter vielen Kindern, und sie vor dem Hungertod bewahrt.

Officials from USAID and WFP inspect a donation of $11 million worth of food aid at a ceremony in Harare, Zimbabwe, Wednesday, Jan 17. 2024. The U.N. World Food Program said Wednesday that it was work ...
USAID leistet weltweit humanitäre Hilfe. Doch damit könnte es bald vorbei sein.Bild: keystone

Der «Buddy» von Präsident Donald Trump würde USAID wohl am liebsten dichtmachen, doch die Behörde wurde vom Kongress geschaffen und kann nur von ihm aufgelöst werden. Kurzerhand wurde sie deshalb Aussenminister Marco Rubio unterstellt, doch die Absicht bleibt die gleiche. So werden Tausende USAID-Mitarbeiter in die Heimat zurückbeordert.

Viel schlimmer als Nixon

Der massive Imageschaden für die USA scheint Trump und Musk egal zu sein. Der Präsident will offensichtlich so schnell wie möglich nach seinem Amtsantritt den Staat umkrempeln, und Elon Musk dient ihm dabei als menschliche «Abrissbirne». Manche Beobachter gehen noch weiter. Sie halten Musk für den eigentlichen Chef im Weissen Haus.

Sein Vorgehen gegen die Bundesverwaltung ist beispiellos. «Auf einer Skala von 1 bis 10 liegt es etwa bei 145», sagte Donald Kettl von der School of Public Policy an der University of Maryland dem «Economist». Er erinnerte an Richard Nixon, den letzten Präsidenten, der regierte, als würden die Gesetze für ihn nicht gelten. Musk gehe «noch wesentlich weiter».

Weder gewählt noch gecheckt

Die Gesetze oder die Verfassung scheinen ihn nicht zu kümmern. «Es fühlt sich an wie eine feindliche Übernahme des Regierungsapparats durch den reichsten Mann der Welt», sagte Don Moynihan von der University of Michigan dem Magazin «Wired». Man könnte auch sagen: Elon Musk gebärdet sich wie ein Putschist, gedeckt durch den US-Präsidenten.

Denn der gebürtige Südafrikaner ist weder gewählt, noch wurde er durch den Senat bestätigt oder einem Sicherheitscheck unterzogen. DOGE ist keine Regierungsbehörde. Faktisch ist Musk ein Privatmann, und erst noch einer mit handfesten Interessenkonflikten. Am Montag ernannte ihn das Weisse Haus zum «besonderen Regierungsbeamten».

Blutjunge Ingenieure

Es wirkt wie ein Versuch, Elon Musk ein offizielles Mäntelchen umzuhängen. Sein Vorgehen bleibt auch so fragwürdig. Er verlässt sich auf eine Truppe blutjunger Ingenieure – der jüngste ist laut einer «Wired»-Recherche 19-jährig –, die ebenfalls keine Sicherheitsfreigabe besitzen und teilweise mit eigenen Servern und privaten Mailadressen operieren.

Es ist ein Vorgehen, das gegen so ziemlich alle Regeln verstösst (erinnert sich jemand an den privaten Mailserver von «Crooked Hillary» Clinton?). Ziel des Angriffs auf die Bürokratie ist gemäss «Politco», die IT-Infrastruktur des Bundes unter Kontrolle zu bekommen. Dazu passt das jüngste Vorgehen gegen die Wetter- und Ozeanografie-Behörde.

Zugriff zu heiklen Finanzdaten

Für Aufsehen und Entsetzen sorgte, dass Messias Musk und seine DOGE-«Jünger» sich Zugang zum Zahlungssystem des Finanzministeriums verschaffen konnten. Dies könnte ihnen den Zugriff auf sensible Informationen von Millionen von Bürgern und Unternehmen ermöglichen. Ein führender Beamter, der dies verhindern wollte, wurde kurzerhand in den Ruhestand versetzt.

Senate Minority Leader Chuck Schumer, D-N.Y., accompanied by other members of congress, including Rep. Al Green, D-Texas, left, and Rep. Maxine Water, D-Calif., speaks during a rally against Elon Musk ...
Demokratische Politiker protestieren am Dienstag vor dem Finanzministerium gegen den «ungewählten Elon».Bild: keystone

Der gerade vom Senat bestätigte Finanzminister Scott Bessent soll Musk nachträglich die Erlaubnis erteilt haben. Er galt als einer der «Vernünftigen» in der Trump-Regierung. Karoline Leavitt, die Pressesprecherin des Weissen Hauses, betonte, Musk und sein Team könnten die Daten des Finanzministeriums nur einsehen, aber nicht bearbeiten.

Illegale Abfindungen

Die Demokraten und andere Kritiker sind dennoch fassungslos über das Ausmass, mit dem Elon Musk und DOGE die US-Behörden zu zerlegen versuchen. Sie wollen offenbar im Bundesbudget eine Billion Dollar einsparen, die Hälfte aller ungebundenen Ausgaben. Allerdings macht dies auch nur etwa die Hälfte des letztjährigen Budgetdefizits aus.

Zu diesem Zweck sollen möglichst viele der zwei Millionen Bundesangestellten entlassen werden. Musk bietet ihnen eine Abfindung von bis zu acht Monatslöhnen an, doch das wäre wohl illegal. Solche Abfindungen seien gesetzlich bei 25’000 Dollar gedeckelt, sagte Nick Bednar, ein Rechtsprofessor an der University of Minnesota, dem «Economist».

Den «Deep State» zerschlagen

Wer das Angebot annehme, stehe am Ende womöglich «mit leeren Händen da», warnte Bednar. Musk verschickte es auch an Mitarbeiter der Luftfahrtbehörde – nur einen Tag vor dem verheerenden Crash in Washington. Für Donald Trumps Verbündete ist Elon Musks rabiates Vorgehen notwendig, um den sogenannten «Deep State» zu zerschlagen.

Die Absicht ist durchschaubar: Musk will vollendete Tatsachen schaffen, bevor der Kongress oder Gerichte (erste Klagen wurden eingereicht) eingreifen können. Auch deshalb trägt sein Vorgehen Züge eines Staatsstreichs. Und es zeigt, was von den Beschwichtigungen zu halten ist, die Trump-Regierung werde von den Institutionen schon in Zaum gehalten.

Weisses Haus wiegelt ab

Immerhin, ganz wohl scheint es dem Weissen Haus nicht mehr zu sein. Musk müsse Stabschefin Susie Wiles Rechenschaft ablegen, sagte ein Trump-Mitarbeiter zu NBC News. Der Präsident selbst betonte am Montag, «Elon kann und wird nichts ohne Einverständnis tun». Am Sonntag allerdings hatte Trump ihm attestiert, er mache «einen tollen Job».

Ebenfalls am Montag kündigte Ed Martin, der von Trump ernannte interimistische Bundesanwalt für Washington, Ermittlungen an – nicht gegen DOGE, sondern gegen jene, die die Namen der jungen Ingenieure publik gemacht hatten. Kurz nach seiner Einsetzung hatte Martin rund 30 Ermittler gefeuert, die den Sturm auf das Kapitol untersucht hatten.

So läuft es, wenn der reichste und der mächtigste Mann der Welt zusammenspannen. Und zeigen, was sie von Demokratie und Rechtsstaat halten.

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quelle: keystone / evan vucci
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232 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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EatTheRich
05.02.2025 17:29registriert Juni 2019
Elon Musk, Milliardär und PR-Genie des Turbokapitalismus, demonstriert, wie Reichtum Staatsmacht kapert. Sein „DOGE“-Feldzug gegen Behörden wie USAID entblößt das System: Kapitalinteressen zerstören demokratische Strukturen, opfern Menschlichkeit für Profit. Die Attacke auf öffentliche IT-Infrastruktur und Sozialausgaben ist Klassenkrieg von oben – ein Weckruf! Nicht „Deep State“, sondern Konzernmacht bedroht uns. Nur kollektiver Widerstand bricht diese Herrschaft. Solidarität statt Privatisierung!
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Joe Smith
05.02.2025 17:31registriert November 2017
Rösti, Maurer und Köppel gefällt das. 👍
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alessandro
05.02.2025 18:19registriert März 2014
In einer funktionierenden Demokratie wäre er bereits im Gefängnis.
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