Trump schickt das grösste Kriegsschiff der Welt nach Venezuela
Oslo, Mallorca, Split ... und jetzt ab in die Karibik: Wenn es um das Reiseprogramm innerhalb von bloss fünf Wochen geht, kann die USS Gerald R. Ford problemlos mit jeder Luxus-Kreuzfahrt mithalten. Zum Spassen ist allerdings augenblicklich keinem zumute.
Spätestens dann, wenn in rund 10 Tagen das grösste Kriegsschiff der Welt vor Venezuelas Küste auftauchen wird, beginnt für Nicolás Maduro der finale Überlebenskampf seiner Präsidentschaft. Denn etwas ist allen klar: Bloss um Schmugglerboote abzufangen und den «Narco-Terrorismus» zu bekämpfen – wie Kriegsminister Pete Hegseth den Einsatzbefehl begründet –, schicken die USA nicht ihren Super-Flugzeugträger über den Atlantik.
Sind Maduros Tage gezählt?
Aktuell geht ein Wahlkampfvideo von Donald Trump vom Oktober 2024 viral, in dem er bedauerte, in seiner ersten Amtszeit Venezuela nicht «wegen seines Öls übernommen» zu haben. Gewisse Analysten vermuten, dass er genau das jetzt nachholen möchte, um eines der wichtigsten Öl-Förderländer unter US-Kontrolle zu bringen.
Im Reportagemagazin «60 Minutes» von CBS sagte Floridas Senator Rick Scott: «Wenn ich Maduro wäre, würde ich sofort nach Russland oder China abhauen.» Irgendetwas werde jetzt «in Venezuela passieren», ob «intern oder extern». Und Scott folgert: «Maduros Tage sind gezählt.»
Zwar glaubt der Republikaner Scott nicht an eine US-Invasion: «Das würde mich überraschen.» Aber die Drohkulisse, welche die USS Gerald R. Ford aufbauen kann, ist gewaltig: Zusammen mit ihrer Begleitgruppe aus mindestens drei Zerstörern und einem Atom-U-Boot werden die USA die bereits in der Karibik kreuzenden Kampfschiffe dermassen verstärken, dass rund 20 Prozent der aktuellen US-Flotte auf See gegen Venezuela gerichtet sind.
Das ist eine Konzentration, welche die USA zuletzt nicht einmal im Nahen Osten zusammengezogen haben, und an Feuerkraft in der Karibik alles Bisherige seit der Kubakrise übertrifft. US-Flugzeugträger in dieser Region «sind sonst ein seltener Anblick», schreibt die Strategie-Denkfabrik CSIS, und «ein Schritt näher am Krieg».
Trumpf im Nervenpoker
Diese Streitmacht gibt dem US-Präsidenten ein Arsenal von rund 300 Tomahawk-Marschflugkörpern und rund 60 Kampfflugzeugen des Typs F/A-18 E/F Super Hornet in die Hand – also mehr als genug, um über Tage schwere Luftschläge im Landesinneren Venezuelas zu verüben. Andererseits bauen modernste Radartechnik sowie ein weites Sortiment an Flugabwehrraketen und Maschinenkanonen einen nur schwer zu durchdringenden Schutzschirm rund um den US-Flottenverband auf.
Im direkten Duell sind Venezuelas Streitkräfte hoffnungslos unterlegen. Hinter die Einsatzbereitschaft der nominell 44 Kampfflugzeuge der veralteten Typen F-5 Tiger, F-16 A und SU-30 stehen ebenso grosse Fragezeichen wie hinter jene der beiden U-Boote, zwei Fregatten und ein Dutzend Patrouillenboote von Maduros Marine.
Genau um anhand solcher Zahlenvergleiche die militärische US-Übermacht zu demonstrieren und den Gegner einzuschüchtern, gehört die USS Gerald R. Ford zum idealen Instrument Trump'scher Machtpolitik. Die Verlegung der schwimmenden Militärbasis und ihrer 4550-köpfigen Besatzung in ein Krisengebiet kann die US-Angriffskraft auf einen Schlag vervielfachen. Gleichzeitig wird, ohne einen Schuss abzugeben, der psychologische Druck auf den Widersacher ins Unermessliche gesteigert.
Zehn Jahre dauerte der Bau des 13 Milliarden Dollar teuren Ungetüms, das doppelt so schwer und rund ein Drittel grösser als die «Titanic» ist. Dessen tägliche Einsatzkosten werden auf mindestens 1,5 Millionen Franken geschätzt. Während zehn weiteren Jahren fanden Erprobungen und Nachbesserungen statt. Seinen Ersteinsatz erlebte der neue Super-Träger nach dem 7. Oktober 2023 im Mittelmeer zur Unterstützung Israels.
Spätestens seit dem Golfkrieg von 1990 weiss man aber auch: Nur aufgrund eines Raketen- und Bombenhagels aus der Luft lässt sich ein zum Widerstand entschlossener Diktator kaum je stürzen. Dazu braucht es den Einmarsch von Landstreitkräften, der im Gegensatz zum relativ ungefährdeten US-Luft- und Flotteneinsatz mit schmerzlichen Verlusten verbunden sein kann. Das ist die Hemmschwelle, die zu überschreiten sich jeder US-Präsident doppelt und dreifach überlegt. (aargauerzeitung.ch)
