International
USA

Darum lenkte die USA doch noch bei der Ukraine-Hilfe ein

Darum lenkten die Republikaner doch noch bei der Ukraine-Hilfe ein

Mike Johnson hatte sich im Repräsentantenhaus lange gegen neue Ukrainehilfen gesperrt. Warum hat sich der Republikaner jetzt umentschieden?
21.04.2024, 17:0022.04.2024, 07:01
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Erst vor sechs Monaten stieg er quasi aus dem Nichts zum Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses auf. Seither blieb das milliardenschwere US-Hilfspaket für die Ukraine nicht zuletzt wegen des republikanischen Repräsentantenhaus-Chefs Mike Johnson blockiert: Dieser verhinderte jegliche Abstimmung über das Paket und schickte die Abgeordneten stattdessen lieber in den Urlaub. Vor wenigen Tagen dann setzte Johnson die Abstimmung in einer plötzlichen Kehrtwende schliesslich doch auf die Tagesordnung, am Samstag verabschiedete das Repräsentantenhaus die dringend benötigte Militärhilfe im Umfang von rund 61 Milliarden Dollar endlich.

Darüber, was den erzkonservativen Politiker aus dem Süden der USA zum Umdenken bewogen hat, können auch politische Beobachter nur Vermutungen anstellen. «Ich glaube, Johnson wurde nach und nach davon überzeugt, dass Amerika die Ukraine in unserem eigenen Interesse unterstützen muss und dass die Forderungen der Rechts-Aussen-Republikaner einfach falsch waren», sagte der Politologe Larry Sabato. «Er wollte nicht, dass der Fall der Ukraine auf sein Konto geht.»

Sohn beginnt Dienst beim US-Militär

Johnson selbst wurde wenige Tage vor der Abstimmung emotional. «Um es ganz klar zu sagen, ich möchte lieber Kugeln in die Ukraine schicken als amerikanische Jungs», sagte er. Mit emotionsgetränkter Stimme fügte der 52-Jährige hinzu, sein Sohn stehe kurz vor dem Dienstbeginn bei der Marine. «Das ist für mich, wie für so viele amerikanische Familien, eine Übung unter Gefechtsbedingungen.»

epa11290792 Supporters of Ukraine wave US and Ukrainian flags outside the US Capitol after the House approved foreign aid packages to Ukraine, as well as Israel and Taiwan in the US Capitol in Washing ...
Nach Hilfspaket: Unterstützer der Ukraine schwenken amerikanische und ukrainische Flaggen vor dem US-Kapitol.Bild: EPA

Noch im Dezember hatte sich Johnson wenig beeindruckt gezeigt, als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eigens nach Washington reiste, um persönlich um weitere Hilfen für die Verteidigung seines Landes gegen den russischen Angriffskrieg zu bitten. US-Präsident Joe Biden wolle Kiew zusätzliche Milliardensummen geben, «ohne angemessene Aufsicht, ohne klare Siegesstrategie und ohne irgendeine der Antworten zu geben, die das amerikanische Volk verdient», sagte der Chef des Repräsentantenhauses damals nach einem Treffen mit Selenskyj.

Bisher Rückendeckung von Trump

Der 1972 in Shreveport im Bundesstaat Louisiana geborene Anwalt ist streng christlich, Abtreibungsgegner und trat immer wieder gegen die Ehe für alle ein. Er machte sich einen Ruf als Verteidiger eines harten Kurses in der Einwanderungspolitik, ist ein Verfechter der freien Marktwirtschaft und fiskalpolitisch ein Hardliner. Bei seiner Antrittsrede als «Speaker» des Repräsentantenhauses im Oktober bezeichnete Johnson den Schuldenberg des Landes als «die grösste Bedrohung für unsere nationale Sicherheit».

Dabei konnte er sich stets auf die Rückendeckung des mächtigsten Mannes der Republikaner verlassen: Johnson mache einen «sehr guten Job», sagte Ex-Präsident Donald Trump Mitte April nach einem Treffen der beiden Politiker. Der wahrscheinliche republikanische Präsidentschaftskandidat hatte die Blockade der Ukraine-Hilfen im Kongress lange gesteuert. Zuletzt forderte Trump, die Milliardenunterstützung für die Ukraine in Form von Krediten zu gewähren, was jetzt teilweise eingelöst wurde.

epaselect epa11290739 US Speaker of the House Mike Johnson (C) speaks to reporters after the House approved foreign aid packages to Ukraine, Israel, and Taiwan, as well as a bill requiring TikTok?s pa ...
Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses: Mike Johnson.Bild: keystone

Umsturz geplant?

Johnson hatte Trump eigens in dessen Residenz in Florida besucht, um sich in Sachen Ukraine-Hilfe abzusprechen. Der 52-Jährige ist seit Jahren ein treuer Unterstützer des Rechtspopulisten. Nachdem dieser 2020 die Präsidentschaftswahl gegen Joe Biden verloren hatte, gehörte Johnson zu denjenigen Republikanern, die die formelle Bestätigung von Bidens Wahlsieg durch den Kongress verhindern wollten. Selbst nach dem Angriff radikaler Trump-Anhänger auf den Kongress am 6. Januar 2021 stimmte er gegen eine Anerkennung des Wahlausgangs.

Johnson droht wegen der von radikalen Republikanern vehement abgelehnten Ukraine-Hilfen nun eine Rebellion des Rechtsaussenflügels seiner Fraktion: Eine Handvoll Abgeordneter hat bereits angekündigt, alles zu tun, um den «Speaker» zu stürzen. Johnson selbst sagte, er sehe sich als «Speaker in Kriegszeiten»: «Die Geschichte wird uns an unseren Taten messen.»

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
73 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
FP
21.04.2024 22:39registriert Mai 2022
🤨 Jetzt wirds an der Zeit, dass Europa sich endlich bewegt, denn das ist die letzte Chance die Glaubwürdigkeit zu beweisen und zu wahren, sollte das nicht geschehen, wird Europa im eigenen Sumpf untergehen, die USA wird jetzt ganz genau ein Auge auf Europa werfen, wie sie die Ukraine unterstützen wird!
Eins ist sicher, ein Dritter Weltkrieg wird Europa mit den jetzigen Voraussetzungen nicht überleben!
243
Melden
Zum Kommentar
73
Prinz Harry ist überzeugt: Rückkehr nach England wäre für Meghan gefährlich

Prinz Harry fürchtet noch immer um die Sicherheit seiner Frau Herzogin Meghan in seiner Heimat Grossbritannien. In einer neuen Dokumentation des Fernsehsenders ITV sprach er über seinen Kampf gegen die Boulevardmedien. Es sei ein Risiko, sich gegen die Presse zu stellen. Der 39-Jährige sagt:

Zur Story