Auf den Bildschirmen im Kontrollraum sieht man Dutzende von Zellen. Manche sind mittlerweile leer, die Insassen von den syrischen Aufständischen befreit. In anderen befinden sich noch immer Menschen. Aber niemand weiss, wo sich diese Zellen befinden.
Einen Tag nach dem Sturz des syrischen Diktators Baschar al-Assad läuft ein Wettlauf gegen die Zeit. In Assads Horror-Knast, dem berüchtigten Saidnaja-Gefängnis nahe Damaskus, wird mit allen Mitteln nach Wegen gesucht, um die weiterhin in den Kerkern schmorenden Insassen zu befreien.
Es wird vermutet, dass bis zu 90 Meter unter dem Boden versteckte Zellen liegen. Laut Berichten in den sozialen Medien sollen Assads Gefängniswärter die elektrischen Sicherheitsschleusen und die Luftzufuhr deaktiviert haben, bevor sie sich vor den anrückenden Rebellen aus dem Staub machten.
Am Montag teilte die syrische Zivilschutzorganisation der «Weisshelme» mit, dass man fünf spezialisierte Rettungsteams entsandt habe. Diese hätten Spürhunde und Spezialisten dabei, welche sich auf das Öffnen von Eisentüren und Durchbrechen von Wänden verstünden.
Bilder und Videos von befreiten Saidnaja-Insassen zeigen abgemagerte, teilweise verstörte Menschen. Sie hatten keine Ahnung, was im Land vor sich geht. Eine Frau fragt einen Befreier ungläubig, wer sie seien und was vor sich gehe. «Du bist frei, geh, wohin du willst», wiederholt der Mann mehrere Male, bis es die Frauen endlich begreifen. Im Video zu sehen ist auch ein Kleinkind, das mutmasslich im Gefängnis geboren wurde. Manche der Befreiten sagen, sie hätten seit Jahren kein Tageslicht mehr gesehen. Einer sagt, er sei noch zu Lebzeiten von Assads Vater Hafez eingesperrt worden. Dieser starb im Jahr 2000.
Beobachter gehen davon aus, dass Assad über 100'000 politisch Verfolgte in seinen Gefängnissen verschwinden liess. Viele davon in Saidnaja, welches auch das «Schlachthaus für Menschen» genannt wird. In einem ausführlichen Bericht, gestützt auf ehemalige Insassen, beschrieb «Amnesty International» im Jahr 2017 die menschenunwürdigen Zustände.
Hinrichtungen, Folter und sadistische Gewalt seien im weitverzweigten Komplex an der Tagesordnung gewesen. In den Jahren zwischen 2011 und 2015 sollen bis zu 13'000 Menschen in Saidnaja getötet worden sein. Familienangehörige suchten jahrelang und oft vergeblich nach Informationen über ihre Verwandten. Mit Verweis auf Satellitenbilder behauptet die US-Regierung, dass Assad ein industrielles Krematorium in Saidnaja betrieben hätte, um die Getöteten verschwinden zu lassen. (aargauerzeitung.ch)
Und wenn ich das hier lese, habe ich das dunkle Gefühl, dass das noch einmal ein paar Levels grausamer ist. Diese Berichte sind erschütternd und stimmen nachdenklich.