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1816 – Das Jahr ohne Sommer und nur wegen einem Vulkanausbruch

epa11717792 A handout photo made available by the Vulcanology and Geological Disaster Mitigation Center (PVMBG) of the Indonesian Ministry of Energy and Mineral Resources, shows the Lewotobi Laki-Laki ...
Der Ausbruch des Lewotobi Vulkan in Indonesien 2024. Bild: keystone

1816 – das Jahr ohne Sommer

Im Jahr 1816 geriet das globale Klima aus dem Gleichgewicht. In grossen Teilen der nördlichen Hemisphäre gab es Schneefall im Sommer, Missernten und Hungersnöte. Der Auslöser war eine Naturgewalt am anderen Ende der Welt.
06.04.2025, 22:1706.04.2025, 22:17
David Wilhelm Bär / t-online
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Ein Artikel von
t-online
People walk on the rocks at the sea as dust cover the sky during a hot day in Ayia Napa resort, in the easter Mediterranean island of Cyprus, Monday, March 17, 2025. (AP Photo/Petros Karadjias)
Cyprus ...
Die bewölkte Küste auf Zypern. (Symbolbild)Bild: keystone

Es war der Sommer, der nie kam. Statt wärmender Sonnenstrahlen kam kalter Regen vom Himmel, es stürmte und schneite. Und dies mitten im Hochsommer. In weiten Teilen Europas verdorrte das Getreide, die Kartoffelernte verfaulte und ein unheilvoller Schleier verdunkelte den Himmel. Das Jahr 1816 ging als das «Jahr ohne Sommer» in die Geschichte ein – eine globale Klimakatastrophe mit Millionen von Betroffenen.

Super-Eruption veränderte die Welt

Was viele damals noch nicht wissen konnten: Der Auslöser des dramatischen Wetterumschwungs lag tausende Kilometer entfernt – in Indonesien. Dort hatte sich im April 1815 der Vulkan Tambora mit ungeheurer Wucht entladen. Die Eruption gilt als eine der heftigsten der letzten 2'000 Jahre. Rund 150 Kubikkilometer Gestein, Asche und Schwefelpartikel wurden in die Atmosphäre geschleudert.

Die Folge war ein feiner, weltumspannender Ascheschleier, der das Sonnenlicht blockierte und die Temperaturen weltweit um bis zu zwei Grad Celsius sinken liess. Diese gering anmutende Temperatursenkung hatte nicht zuletzt deshalb dramatische Auswirkungen, da sie sich in einer Zeit bereits kühlerer Temperaturen ereignete: die sogenannte «Kleine Eiszeit», die in Europa schon seit dem Spätmittelalter herrschte.

«Achtzehnhundertunderfroren»

Besonders hart traf es Mitteleuropa und Nordamerika. In der Schweiz sprach man vom «Jahr ohne Brot», in Deutschland von «Achtzehnhundertunderfroren». Noch im Juni fiel Schnee, Juli und August brachten keine Erholung. Es gab Frost, Dauerregen und Hagel. In England, Frankreich und dem heutigen Deutschland kam es zu massiven Ernteausfällen.

A crew applies biosolids to a field, Monday, Feb. 17, 2025, in Wellston, Okla. (AP Photo/Joshua A. Bickel)
Sewage Sludge Farmland
Ein leeres, ausgetrocknetes Feld. (Symblbild)Bild: keystone

Die Preise für Nahrungsmittel explodierten, Hunger machte sich breit. Die Menschen assen Gras und Baumrinde, in Süddeutschland wurden Lagerhäuser geplündert, in England demonstrierten verzweifelte Bauern gegen Preiswucher. Auch in Nordamerika fiel Schnee mitten im Sommer, in Regionen, in denen eigentlich Mais und Weizen hätten wachsen sollen.

Not, Tod und neue Wege

Die Auswirkungen des Jahres 1816 reichten weit über das Wetter hinaus. Historiker sprechen von einer der schlimmsten sozioökonomischen Krisen des 19. Jahrhunderts. In der Not kam es vielerorts zu gesellschaftlicher Radikalisierung. Politische Proteste, Unruhen und Massenarmut waren die Folge.

Gleichzeitig setzte aber auch ein Umdenken ein. In Europa entstanden Sparkassen und Hilfsvereine, vielerorts wurden landwirtschaftliche Innovationen vorangetrieben, um künftige Ernteausfälle besser verkraften zu können. Auch die Migration nahm zu: Viele verzweifelte Europäer suchten in Amerika ihr Glück – nur um auch dort weiter unter extremen Wetterbedingungen zu leiden.

Denn noch Jahre nach dem Ausbruch des Tambora spürte die Welt die Folgen. Erst ab etwa 1819 kehrten die Temperaturen zu ihrem langjährigen Mittel zurück.

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Nix sagen
07.04.2025 01:11registriert August 2020
Damals hatte man ja kaum diese Infos. Man stelle sich vor auf einmal bleibst es dunkel und du denkst das bleibt für immer.
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Dr. Atomi
07.04.2025 01:18registriert Juli 2024
Wird alles wieder passieren, ist nur eine Frage der Zeit.
Unter unseren Füssen bodelt die Erde noch viele Milliarden Jahre lang weiter.
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Weisch na?
07.04.2025 07:51registriert November 2022
Die Frage die sich mir stellt: Wären wir heute auf so ein Ereignis vorbereitet? Heute wird ja mit viel weniger Reserve kalkuliert als früher, da wir immer darauf vertrauen, dass die Lieferketten und der Nachschub funktionieren.
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