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6 Punkte, die Donald Trump den Schlaf rauben

President Donald Trump talks to reporters on the South Lawn of the White House in Washington, Friday, Nov. 1, 2019. Trump is heading to Mississippi for a campaign event. (AP Photo/Susan Walsh)
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US-Präsident Trump ist mit einem Bündel von Problemen konfrontiert. Bild: AP
Analyse

6 Punkte, die Donald Trump den Schlaf rauben

07.11.2019, 06:1807.11.2019, 13:23
Daniel Huber
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Der Präsident sei ein Frühaufsteher, heisst es. Die ersten seiner zahlreichen Tweets pflegt Donald Trump jedenfalls schon in aller Herrgottsfrühe abzusetzen. Womöglich ist es aber nicht einzig sein Biorhythmus, der Trump so früh aus den Federn zwingt: Den Präsidenten quält ein ganzes Bündel von Problemen, die ihm den Schlaf rauben dürften.

Ob die sich häufenden Skandale und Affären Trump die Wiederwahl in einem Jahr kosten werden oder ihn sogar während seiner jetzigen Amtszeit aus dem Weissen Haus jagen können, steht auf einem anderen Blatt. Trump hat schon Skandale unbeschadet überstanden, die andere Präsidenten wohl das Amt gekostet hätten.

Doch mittlerweile häufen sich die Zeichen, dass Trump arg in Bedrängnis ist. Und selbst die Wirtschaftslage, die sich bisher zu seinem Vorteil auswirkte, ist nicht mehr ganz so rosig. Vor allem diese 6 Punkte dürften Trump derzeit Kopfschmerzen bereiten:

Die Ukraine-Affäre

Die Ukraine-Affäre – sie ist Trumps bisher gefährlichste Krise – dreht sich um die Frage, ob Präsident Trump millionenschwere Militärhilfe an die Ukraine zurückgehalten hat, um auf diese Weise die ukrainischen Behörden zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden zu zwingen. Dieses sogenannte Quidproquo steht im Zentrum des Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump, das nun im Repräsentantenhaus angelaufen ist.

Die nun veröffentlichten Protokolle der Einvernahmen von Regierungsangestellten untermauern die Vorwürfe an Trump. Es war demnach nicht nur ein einziger Whistleblower, der den «Deal» des Präsidenten bezeugt. Der amerikanische EU-Botschafter Gordon Sondland sagte aus, er habe Anfang September einem Mitarbeiter des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mitgeteilt, die Auszahlung der Militärhilfe werde «wahrscheinlich» nicht erfolgen, wenn die Ukraine nicht öffentlich eine «Anti-Korruptions-Erklärung» abgebe.

epa07927518 Gordon D. Sondland, the United States Ambassador to the European Union, arrives for his deposition amid the US House of Representatives' impeachment inquiry into President Trump, at t ...
EU-Botschafter Gordon Sondland stützt die Aussagen des Whistleblowers. Bild: EPA

Zuerst sei es in dieser Erklärung nur um Korruption gegangen, gab Sondland zu Protokoll. Doch später habe man signalisiert, dass die Präsidentschaftswahl 2016 und Ermittlungen gegen den ukrainischen Gaskonzern Burisma – bei dem Bidens Sohn Hunter tätig war – ebenfalls erwähnt werden sollten.

Mit anderen Worten: Die Ukraine sollte Trump Material für den Wahlkampf gegen Biden liefern. Schon vor zwei Wochen hatte William Taylor, der geschäftsführende US-Botschafter in Kiew, den Druck auf Trump mit der Aussage verstärkt, dieser habe die Militärhilfe gezielt zurückgehalten.

Der juristische Streit um die Steuererklärung

Seit Jahren weigert sich Trump, der Öffentlichkeit Einsicht in seine Steuererklärungen zu gewähren – ganz im Gegensatz zu seinen Vorgängern im Weissen Haus. Der Präsident behauptet, die Steuererklärungen würden derzeit noch auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft.

Anfang Woche erlitt er aber eine juristische Niederlage im Streit um die Herausgabe dieser Dokumente: Ein Berufungsgericht in New York wies die Einwände seiner Anwälte ab, die hartnäckig die Offenlegung der Steuerunterlagen zu verhindern suchen.

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Ein Tweet von Trump aus dem Jahr 2015: «Unterschreibe gerade meine Steuererklärung....»Bild: AP/Trump Presidential Campaign

Damit bestätigte das Gericht den Entscheid eines New Yorker Bundesrichters, der Anfang Oktober die Berufung von Trumps Anwälten zurückgewiesen hatte, wonach gegen einen amtierenden Präsidenten keine strafrechtlichen Ermittlungen erlaubt seien. Dies ermöglicht der New Yorker Staatsanwaltschaft, die persönlichen Steuererklärungen Trumps und die seines Konzerns aus den vergangenen acht Jahren unter Strafandrohung anzufordern. Der Streit dürfte nun in die nächste Runde gehen und erst durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs entschieden werden.

Die Vorwürfe wegen sexueller Belästigung

Während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 warfen mehr als ein Dutzend Frauen Trump vor, er habe sie sexuell belästigt oder genötigt. Trump schlug zurück, indem er sie als «Lügnerinnen» bezeichnete.

Eine der Frauen, Summer Zervos, reichte darauf Klage gegen Trump ein – und zwar wegen Verleumdung. Sie hatte Trump beschuldigt, er habe sie 2007 als Moderator der Reality-Show «The Apprentice», an der sie teilgenommen hatte, sexuell belästigt.

FILE - In this Oct. 18, 2018 file photo, Summer Zervos leaves New York state appellate court in New York. Lawyers for a woman who accused President Donald Trump of unwanted kissing and groping in 2007 ...
Summer Zervos im Oktober 2018 vor dem Appellationsgericht in New York. Bild: AP

Im Zuge des Gerichtsverfahrens sind nun Aufzeichnungen von Telefonverbindungen bekannt geworden, die Zervos' Vorwürfe stützen. Sie zeigen, dass sie am 21. Dezember 2007 einen Anruf von Trumps Telefon erhielt – dies ist der Tag, an dem die sexuelle Belästigung nach ihrem Bekunden stattfand. Auch am folgenden Tag ging gemäss den Unterlagen ein Anruf von Trumps Telefon bei Summer ein. In den Monaten danach folgten mehrere Anrufe von ihrem Telefon auf jenes von Trump. Trumps Anwalt Marc Kasowitz tat die Vorwürfe von Zervos als «vollkommen wertlos und nicht von irgendwelchen Dokumenten untermauert» ab.

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Der Fall könnte dem Präsidenten gefährlich werden, weil er unter Umständen unter Eid dazu aussagen muss. Seine Anwälte wehren sich mit allen Mitteln gegen eine Vorladung ihres Mandanten.

Ihr Argument: Ein amtierender Präsident müsse immun gegen Verfahren auf Ebene des Bundesstaats sein. Sie haben damit aber bereits zwei Niederlagen kassiert. Dennoch wird erwartet, dass sie weiter Berufung einlegen. Auch dieser Fall könnte am Ende vor dem Obersten Gerichtshof landen.

Die Schlappe in Kentucky

Trump hatte schon vor der Gouverneurswahl im US-Bundesstaat Kentucky klar gemacht, dass er deren Ausgang persönlich nehmen werde. Wenn der republikanische Amtsinhaber Matt Bevin das Rennen verliere, erklärte der Präsident am Montag bei einem Auftritt in Lexington, werde man sagen: «Trump hat die grösste Niederlage in der Weltgeschichte erlitten». «Das könnt ihr mir nicht antun!», rief er seinen rund 20'000 Anhängern zu.

Doch die Wähler im traditionell streng republikanisch gesinnten Kentucky taten ihm genau dies an. Bevin wurde nach dem offiziell vorliegenden Auszählungsergebnis mit einem halben Prozentpunkt vom demokratischen Herausforderer Andy Beshear geschlagen. Bevin wollte allerdings seine Niederlage zunächst nicht anerkennen.

Kentucky Gov. Matt Bevin, right, with his wife Glenna, speaks to supporters gathered at the republican party celebration event in Louisville, Ky., Tuesday, Nov. 5, 2019. (AP Photo/Timothy D. Easley)
Der geschlagene Gouverneur von Kentucky, Matt Bevin, mit seiner Gattin. Bild: AP

Was Bevins Niederlage für die Republikaner und Trump besonders schmerzlich macht: Die Gouverneurswahl im Südstaat gilt als wichtiger Stimmungstest für die im nächsten November stattfindende Präsidentschaftswahl. Allerdings dürfte die Schuld für das Fiasko vor allem bei Bevin zu suchen sein. Der erst 2015 gewählte Amtsinhaber war wenig populär und galt als einer der unbeliebtesten Gouverneure der USA. Trump selber ist im «Bluegrass State», den er bei der Präsidentschaftswahl 2016 mit 30 Prozentpunkten Vorsprung gewann, immer noch recht beliebt.

Der Dämpfer in Virginia

Ein Dämpfer für Trump und die «Grand Old Party» ist auch das Ergebnis der Gesamterneuerungswahlen in Virginia. Hier gelang es den Demokraten zum ersten Mal seit 25 Jahren, die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments in Richmond zu erringen – zuvor waren beide von den Republikanern mit einer hauchdünnen Mehrheit kontrolliert worden. Auch Gouverneur Ralph Northam ist ein Demokrat.

Democratic supporters cheer their candidates at a Democratic Party event in Richmond, Va., Tuesday, Nov. 5, 2019. All seats in the Virginia House of Delegates and state Senate are up for election. (AP ...
Wahlparty der Demokraten in Richmond, der Hauptstadt von Virginia. Bild: AP

Allerdings trat Präsident Trump in diesem Südstaat – im Gegensatz zu Kentucky und Mississippi – nicht persönlich im Wahlkampf auf. In umkämpften Bezirken Virginias bemühten sich nicht wenige Republikaner, sich von Trump und der ihm ergebenen Partei zu distanzieren.

Mit gutem Grund: Die Wählerstruktur hat sich in dem einst stramm republikanisch geprägten Bundesstaat in den letzten Jahren durch den Zuzug aus dem demokratisch dominierten Regierungsbezirk Washington D.C. deutlich verändert. Besonders die Vorstädte sind für die GOP mittlerweile ein schwieriges Terrain. So verlor nun auch der letzte Republikaner im Speckgürtel von Washington seinen Sitz. Auf dem Land indes verstärkt sich die Dominanz der Republikaner.

Die sich verschlechternde Wirtschaftslage

Zu Trumps Standardsätzen gehört die Behauptung: «Noch nie in der Geschichte unseres Landes war die Wirtschaft so stark wie derzeit.» In der Tat scheint die aktuelle Wirtschaftslage eher ein Trumpf für Trump zu sein – ein Trumpf, der die Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr entscheiden könnte. Das BIP wuchs im vergangenen Jahr um 2,9 Prozent, die Arbeitslosigkeit ist im Oktober mit 3,6 Prozent auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten gefallen.

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Das BIP-Wachstum war jedoch etwas schwächer als erwartet. Zudem schreiben die Zahlen zu einem guten Teil Tendenzen fort, die bereits während der Amtszeit von Barack Obama zu beobachten waren. Es war Obama, der die amerikanische Wirtschaft nach der Krise von 2009 wieder zum Wachstum führte; Trump profitiert hier also ausgerechnet von der Politik seines vielgeschmähten demokratischen Vorgängers. Das heisst allerdings noch lange nicht, dass die Wähler sich im nächsten Herbst daran erinnern werden.

Arbeitslosenrate nach US-Bundesstaaten, September 2019
Saisonbereinigte Arbeitslosenrate nach Bundesstaaten , September 2019.Karte: Bureau of Labor Statistics

Gefährlich für Trump könnte hingegen die Tatsache werden, dass die Arbeitslosenrate in Swing States wie Pennsylvania, North Carolina, Michigan, Ohio und Arizona teilweise deutlich höher liegen als im bundesweiten Schnitt. Hinzu kommt die Abkühlung des Index der Konsumentenstimmung – er ist derzeit niedriger als bei Trumps Amtsantritt. Und schliesslich erwarten viele Wirtschaftsexperten für dieses und das nächste Jahr einen Konjunkturrückgang. 2020 soll die Wirtschaft nach Prognosen der US-Zentralbank nur noch mit 2 Prozent wachsen – weit entfernt von den 6 Prozent, die Trump 2017 als Ziel deklarierte.

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25 Kommentare
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Yolo
07.11.2019 07:02registriert Mai 2015
Ohne Gewissen schläft es sich sehr gut.
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Lunaral
07.11.2019 07:18registriert Juni 2015
Gut so: der Trumpel selbst raubt mittlerweile ja halb Amerika den Schlaf. Und wenn jetzt die Hearings öffentlich und die Beweise publik gemacht werden, wacht ja die andere Hälfte vielleicht auch (endlich) noch auf 🤗
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John Galt
07.11.2019 07:32registriert November 2014
1. Der Ukraine Skandal ist ein Problem, aber die Faktendreher von Fox-News und der GOP lenken gut vom Kern des Problems ab.
2. Dank der Verzögerungstaktik kommt die Steuererklärung nicht vor den Wahlen raus.
3. Auch der 137 Vorwurf Sexueller Belästigung kann Trump nichts anhaben.
4. Wahlen auf Staaten Ebene treffen Trump nicht wirklich.
5. Siehe 4.
6. Die Wirtschaft kann zum Problem werden, je nachdem wie schnell es runter geht. Aber er hat die Möglichkeit einen Gang hochzuschalten, wenn er die Beziehungen mit China wieder normalisiert (Tradedeal).
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