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Trumps Zölle: Die Aussichten für die US-Wirtschaft sind düster

President Donald Trump speaks on his first 100 days at Macomb County Community College Sports Expo Center, Tuesday, April 29, 2025, in Warren, Mich. (AP Photo/Alex Brandon)
Donald Trump
Donald Trump versprach in Warren (Michigan) einmal mehr ein goldenes Zeitalter. Die Indikatoren deuten in die Gegenrichtung.Bild: keystone
Analyse

Trump lockert Autozölle – doch für die US-Wirtschaft sieht es düster aus

Donald Trump hat Erleichterungen für Autohersteller angeordnet. Das Grundproblem aber bleibt: Mit den drakonischen Zöllen auf China-Importen droht ein «Wirtschaftsschock».
30.04.2025, 17:4130.04.2025, 17:41
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US-Präsident Donald Trump hat seinem «Zollhammer» einen leichten Dämpfer versetzt. Am Dienstag unterzeichnete er an Bord der Air Force One zwei Dekrete, mit denen er die Zölle für Autohersteller aufweicht. Konkret muss neben dem Zoll von 25 Prozent auf importierte Autos nicht zusätzlich der gleich hohe Tarif für Stahl und Aluminium bezahlt werden.

Ausserdem sollen US-Autobauer während zwei Jahren einen Abschlag auf eingeführte Bauteile erhalten, was ihnen den Umstieg auf einheimische Produkte erleichtern soll. An seinem 100-Tage-Rally im Autostaat Michigan gab Trump im wahrsten Sinne den Tarif durch: «Wir geben ihnen etwas Zeit, bevor wir sie abschlachten, wenn sie es nicht tun.»

File - Vehicles move along the 2023 Chevrolet Bolt EV and EUV assembly line at the General Motors Orion Assembly on June 15, 2023, in Lake Orion, Mich. (AP Photo/Carlos Osorio, File)
US EV Market
Werk von General Motors in Lake Orion (Michigan): Trump droht mit «Abschlachtung».Bild: keystone

Die martialische Sprache zeigt, wie entschlossen der Präsident ist, die Herstellung von Autos vollständig in den USA stattfinden zu lassen, bis buchstäblich zur letzten Schraube. Die drei grossen Hersteller General Motors, Ford und Stellantis zeigten sich am Dienstag dankbar, äusserten aber auch die Hoffnung auf weitere Zugeständnisse.

Autos werden deutlich teurer

Denn Donald Trumps Obsession mit einer rein amerikanischen Autoherstellung steht in komplettem Gegensatz zur Realität: Kaum eine Branche ist so stark auf Arbeitsteilung und Lieferketten angewiesen. Selbst Tesla bezieht rund 20 Prozent der verwendeten Komponenten aus China oder Mexiko, weshalb Elon Musks Trumps Zollpolitik kritisiert.

Analysten in den USA meinen, die Zugeständnisse würden den Herstellern bestenfalls eine Atempause verschaffen. Und die eigentlichen Importzölle bleiben in Kraft. «Sie werden die Preise für Neu- und Gebrauchtwagen um Tausende Dollar ansteigen lassen, ebenso die Kosten für Reparaturen und Versicherungsprämien», schreibt die «New York Times».

«Ein irre grosses Problem»

Es sind schlechte Nachrichten für amerikanische Konsumenten. General Motors weigerte sich am Dienstag, eine Gewinnprognose zu veröffentlichen. Das wäre «Spekulation», sagte Finanzchef Paul Jacobson an einem Mediengespräch. Es reflektiert die durch Trumps Handelskrieg ausgelöste Unsicherheit, die die Finanzmärkte erschüttert.

Wie schwierig die Rückholung der Produktion in die USA ist, zeigt das Beispiel des deutschen Autozulieferers Fehrer, der ein Werk im Staat South Carolina betreibt. Denn selbst der Zulieferer ist auf Bauteile anderer Firmen angewiesen, sagte Nordamerika-Chef Albert Gray im Interview mit dem «Spiegel». Das sei «ein irre grosses Problem».

300 bis 400 Dollar für eine Hose?

Ein erheblicher Teil der Komponenten komme aus China, sagte Gray: «145 Prozent Zoll auf Importe aus China, das ist unfassbar.» Auf Lieferanten aus den USA könne man nicht ausweichen, die gebe es nicht. Hinzu komme der Mangel an Arbeitskräften: «Wo sollen denn die Leute für die Reindustrialisierung herkommen, über die unser Präsident redet?»

Es ist ein Hauptgrund, warum auch Schweizer Firmen zögern, in den USA zu produzieren. Denn der Personalmangel führt zu höheren Löhnen und weniger Wettbewerbsfähigkeit. Fehrer-Chef Albert Gray verwies auf den Traum, in der einstigen Textil-Hochburg South Carolina wieder Blue Jeans zu nähen: «Aber wer soll 300 oder 400 Dollar für eine Hose zahlen? Das wird niemals funktionieren.»

Kauflaune abgesackt

Die Trump-Regierung jedoch verschliesst sich selbst solchen Zusammenhängen. «Donald Trump und seine Regierung werden die einheimische Autoherstellung zurückbringen», sagte Handelsminister Howard Lutnick am Dienstag. Amerikas Konsumenten sind weniger euphorisch. Ihre Kauflaune ist auf den tiefsten Wert seit der Corona-Pandemie abgesackt.

The "Cosco Shipping France" container ship is moored at the Long Beach Container Terminal, LBCT, at Middle Harbor in the Port of Long Beach, Calif., Tuesday, April 15, 2025. (AP Photo/Damian ...
Der Hafen von Long Beach in Kalifornien ist der grösste Umschlagplatz für Waren aus China.Bild: keystone

Und es dürfte noch schlimmer kommen. So nimmt der Handel zwischen den USA und China aufgrund der drakonischen Zölle bereits ab, schreibt der «Economist», basierend auf einer Auswertung des Frachtverkehrs über den Pazifik. Die Prognose des Magazins ist düster: «Amerika könnte nur Wochen entfernt sein von einem heftigen Wirtschaftsschock.»

Höhere Preise und leere Regale

Ähnliche Warnungen äusserten die Chefs von drei der grössten Detailhändler der USA – Walmart, Target und Home Depot – letzte Woche bei einem Treffen mit Donald Trump im Weissen Haus. Trumps Handels- und Zollpolitik könne zu gestörten Lieferketten, höheren Preisen und leeren Regalen führen, erklärten sie gemäss einem Bericht von Axios.

Walmart-CEO Doug McMillon, der sich mit Trump gut versteht, sagte dem Präsidenten gemäss CNN in aller Offenheit, dass der Handelskrieg mit China, wie vom «Economist» ermittelt, schon jetzt die Lieferketten beeinträchtige. Bis in den Sommer werde sich das Problem intensivieren. Das dürfte die Ängste vor einer Rezession anheizen.

Was wollen die Amerikaner?

Selbst republikanische Senatoren werden nervös. Sie waren in den letzten zwei Wochen in ihren Heimatstaaten und bekamen dort von Farmern und Unternehmern einiges zu hören. Trumps Handelsdelegierter Jamieson Greer versuchte laut «Politico», sie bei einem Lunch im Kapitol zu beruhigen. In den nächsten Wochen werde es Handelsabkommen geben, sagte er.

Die Gespräche mit anderen Staaten wie der Schweiz haben jedoch erst begonnen, und viele wissen noch immer nicht, was die Amerikaner genau wollen: «Sie verlangen eine unvereinbare Zahl an unterschiedlichen Dingen», sagte ein EU-Diplomat gegenüber «Politico». Er rät zu strategischer Geduld: «Wir sollten nichts vorantreiben und sie schmoren lassen.»

Das Land gefesselt

Dies zeigt die Kehrseite von Donald Trumps «Befreiungstag»: Faktisch hat er sich und sein Land mit dem Handelskrieg «gefesselt». Der Präsident aber wähnt sich auf Kurs. In Michigan versprach er seinen Anhängern einmal mehr ein «goldenes Zeitalter» mit niedrigen Preisen, höheren Löhnen und der «besten Wirtschaft in der Weltgeschichte».

Dumm nur, dass eine Mehrheit der Amerikaner seinen Optimismus nicht teilen will.

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Donald Trump: Das Leben (und die Psyche) des US-Präsidenten in Bildern
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Donald Trump: Das Leben (und die Psyche) des US-Präsidenten in Bildern

Sicherlich hatte er bereits 1987 in seinem Trump Tower Office davon geträumt, dass er einmal die ganze Welt in Händen halten würde.

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War Trumps Zollkrieg vorhersehbar?
Video: watson
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82 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Johny56
30.04.2025 17:55registriert März 2025
Ja, die verhängten Zölle durch die Orange sind ein grossartiges Eigentor, wie es noch nie ein so grossartiges Eigentor gegeben hat.
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Ruru47
30.04.2025 17:50registriert Februar 2024
Trump hilft der Umwelt durch zu teure Autos, ohne dies zu wollen 😜
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Rannen
30.04.2025 18:07registriert Januar 2018
Sehr gut das diese Art und Weise massive Konsequenzen hat und die Orange mehr und mehr in Bedrängnis kommt! Nur sind ja immer alle anderen schuld
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    100 Tage Trump – der Zustand der US-Wirtschaft in 11 Grafiken
    In den ersten 100 Tagen seiner zweiten Amtszeit hat US-Präsident den Welthandel komplett auf den Kopf gestellt. Auch die US-Wirtschaft ist angeschlagen, wie die folgenden 11 Grafiken zeigen.

    Diverse Ökonomen glaubten zu Beginn des Jahres noch, die USA seien für mögliche Schwankungen unter Trumps Präsidentschaft gut gerüstet. Grund dafür ist der «mächtige US-Verbraucher», also die privaten Konsumentinnen und Konsumenten, die mit ihrer Ausgabefreudigkeit bislang für anhaltendes Wirtschaftswachstum gesorgt haben. Sie sind sehr stark für die gute Ausgangslage der USA mitverantwortlich.

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