Am Rande des Stausees La Viñuela in Malaga ragt versteckt unter einer Dose ein grosses Rohr aus dem Boden, das illegal Wasser abpumpt. Die Region in Südspanien ist für ihre tropischen Früchte bekannt wie etwa Mangos oder Avocados. Nur ist deren Anbau enorm wasserintensiv – und Wasser ist in Spanien bereits im Winter knapp.
In den letzten Jahren blieben die Niederschläge aus, um die beinahe ausgetrockneten Seen zu füllen. Doch es fehlt nicht nur an Niederschlägen, es wird zu viel Wasser verbraucht – nicht zuletzt für die Landwirtschaft.
Mehrmals versuchte die Regierung, den Wasserverbrauch im Agrarsektor zu reduzieren. Nach israelischem Vorbild wurde in den Neunzigern die Tröpfchenbewässerung eingeführt, wobei Pflanzen über verlegten Leitungen mit geringen Wassermengen gegossen werden. Zunächst ein Erfolg. Doch dann nahm der Verbrauch wieder zu. Denn: Die Agrarbetriebe weiteten ihre Anbauflächen aus, um mehr zu erwirtschaften.
Spanien wurde zum Obst- und Gemüsegarten Europas und etablierte sich zu einem der wichtigsten Lieferanten. 2022 erzielte der Sektor einen Umsatz von 10,7 Milliarden Euro. Inzwischen ist das Land die zweitgrösste Agrarmacht Europas.
Doch mit der anhaltenden Dürre hat das Land ein strukturelles Problem. Viele Landwirtinnen und Landwirte schlugen im letzten Jahr aufgrund von Ernteausfällen Alarm. Wie stark sich die Dürre 2023 auf den Sektor ausgewirkt hat, ist allerdings noch nicht bekannt.
Unter dem Wassermangel leidet vor allem die Bevölkerung. Immer wieder beschliessen die autonomen Gemeinschaften, dass der Wasserverbrauch heruntergeschraubt werden muss: Duschen muss man auf fünf Minuten begrenzen, Pools dürfen nicht mehr gefüllt, Autos nicht mehr gewaschen und Gärten nur noch zweimal die Woche bewässert werden.
Bereits jetzt lebt jeder vierte in Malaga mit Wasserrestriktionen. In rund vierzig Gemeinden wird nachts das Wasser abgestellt. Mehr als 80'000 Menschen aus Córdoba leben seit bald einem Jahr ohne Trinkwasser uns müssen mit Tanklastern versorgt werden.
Doch bevor die Wasserrestriktionen beschlossen wurden, mussten Landwirtinnen und Landwirte kürzertreten. Dies lassen sich allerdings nicht alle gefallen – und diese nutzten stattdessen illegale Wege, um an Wasser zu kommen: versteckte Brunnen, unterirdische Leitungen, gefälschte Wasserzähler, vergrabene Rohre. Der Polizeidirektor José Ramón Gallego sagt:
Vermehrt finden in den ländlichen Regionen Andalusiens Polizeirazzien statt. Nicht etwa um illegale Pflanzen, Drogen oder Waffen aufzuspüren, sondern um Wasserdiebstähle aufzudecken. Im Mai letzten Jahres, als die Hitzewelle auf Spanien zurollte, entdeckte die Polizei an nur einem Tag 250 illegale Infrastrukturen, die dazu dienten, Wasser aus Flüssen, Dämmen oder aus der Grundwasserleitung zu entnehmen.
#OperacionesGC contra el presunto uso ilegal de agua en la #Axarquía
— Guardia Civil (@guardiacivil) May 9, 2023
☑️26 personas detenidas
☑️44 personas más investigadas
☑️250 aprovechamientos ilegales detectados (pozos, balsas, ...)
☑️Estimación en daños por valor de 10M € pic.twitter.com/ObycqcdsjW
Wie weit verbreitet dieses Phänomen bereits ist, zeigte sich bereits 2022, als es zur Verhaftung von 133 Personen kam, die Wasser von über 1500 illegalen Infrastrukturen gewonnen hatten.
Während Spanien zur Wüste wird, strömen Touristinnen und Touristen in Scharen nach Iberien. Genauso wie die Erdbeeren – die übrigens laut WWF 300 Liter Wasser pro Kilogramm benötigen – beanspruchen auch sie die Wasserressourcen.
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen schätzt, dass der Wasserverbrauch eines Hotelgastes pro Tag zwischen 440 und 800 Liter liegt. Mit so viel Wasser kommt die Bevölkerung mehrere Tage aus. Der durchschnittliche Wasserverbrauch eines spanischen Haushaltes beträgt 140 Liter pro Tag.
Das bedeutet nicht, dass die Touristen länger duschen, sondern der Unterschied hängt vor allem mit dem Angebot des Hotels zusammen: regelmässiges Waschen von Badetüchern, Wasseraufbereitung für saubere Poolanlage, Spa, Bewässerung von üppigen Pflanzen, grüne Rasenflächen.
Die Schätzung deckt sich mit einer Studie aus Barcelona, die aufzeigt, dass ein Tourist in einem Fünfsternehotel fünfmal so viel Wasser verbraucht wie ein Stadtbewohner. Bislang sind Touristinnen und Touristen nicht von den Wasserrestriktionen betroffen.
Experten gehen davon aus, dass es in Andalusien 30 Tage lang ununterbrochen regnen muss, damit sich die Wasserressourcen wieder normalisieren. Der Präsident der Regionalregierung von Andalusien Moreno Bonilla kündigte schon an, dass es vermutlich im Sommer Wasserrationen für die Bewohnerinnen und Bewohner der Touristenmagnete Sevilla, Córdoba und Málaga geben wird.
Doch nicht nur Südspanien leidet unter der Trockenheit, sondern auch Katalonien bereitet den Notstand vor. Die nordöstliche Region ist eine der am stärksten von der Trockenheit betroffenen Ortschaften Spaniens. Sollte es nicht bald regnen, droht auch den Städten Barcelona und Girona der Wassernotstand.