Ein Sport-BH im Bett wäre absolut kein Problem
Wir erinnern uns an Valentina? Ist gut zwei Jahr her die Geschichte, aber sie endete und das gefiel euch gar nicht, sie endete wegen eines Sport-BH's. Also, falsch. Sie endete nicht einfach wegen eines Sport-BH's. Die Geschichte endete, weil Valentina sich so wohl bei mir zuhause fühlte, dass sie sich völlig ausbreitete, ihre verschwitzen Sportsachen auf meinem Bett verteilte und mehr Raum einnahm, als ich ihr geben wollte. Also habe ich die Sache damals beendet.
Nun gab es ja einige unter euch, die mein Verhalten kindisch fanden. Ich hätte das Gespräch suchen müssen. Kommunizieren, Junge! Das wurde verlangt. Aber ich wollte nicht darüber reden. Das ist ja einer der Gründe, warum ich keine Beziehung will, weil ich nicht ständig über meine Bedürfnisse sprechen, Kompromisse eingehen und Lösungen suchen will. Ich will nicht ständig Meinungsverschiedenheiten ausdiskutieren müssen.
Aktuell ist ein Sport-BH auf dem Bett kein Thema. Sandrine, die seit einer Woche bei mir ist, verräumt ihre Sachen ununterbrochen. Immer ist alles feinsäuberlich in ihrem Koffer verstaut. Ich habe ihr gesagt, sie müsse sich nicht so einschränken, mein Mitbewohner sei ja weg, sie könne sich entspannen, sich wie zuhause fühlen, alles kein Problem. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass sie so ist... so... ich weiss gar nicht, wie man das nennen soll, aufgeräumt ist es ja nicht, es ist fast pedantisch, als hätte sie Angst, ich würde ihre Sachen sehen, als wäre es ihr peinlich, dass sie überhaupt Dinge besitzt, als wollte sie immer parat sein, zu gehen.
Aber: Sandrine ist immer da.
Sie ist immer zuhause. Manchmal geht sie ins Café unten an der Strasse, sie will ein Buch schreiben, ihre Erfahrungen verarbeiten. Da sitzt sie dann einige Stunden und schreibt an ihrem Laptop. Sie bestellt hie und da einen Avocado-Toast, das hat mir schon zweimal erzählt und ausführlich den Avocado-Toast beschrieben. Ich habe zweimal verschwiegen, dass ich den Avocado-Toast sehr wohl kenne, immerhin wohne ich hier. Wenn Sandrine nicht im Café sitzt, ist sie zuhause. Sie ist zuhause, wenn ich zur Arbeit fahre. Sie ist zuhause, wenn ich nach Hause komme. Sie ist immer da. Sie hat einige Youtube-Videos von anderen Schweizer Städten angeschaut. Luzern gefiel ihr. Der Rheinfall auch.
Ich ermunterte sie, sagte, das sei easy mit dem Zug, da könne man einfach einen Tag hin, sie suchte Zugverbindungen raus und ging dann doch nie. Sie geht nirgendwohin, sie ist einfach da.
Ich bin ja ein netter Mensch. Also nehme ich sie mit. Und ich nehme sie nicht nur mit, ich organisiere Dinge für sie. Wir waren im Theater, einmal an einem Konzert, ich habe sie schon zweimal durch die Stadt geführt und ihr irgendwelche Dinge über Gebäude erzählt. Ich zeige ihr Restaurants und Bars. Ich bin Reiseleiter, Freizeit-Koordinator und Activity-Partner in einem. Und alles was ich sein wollte, war: Eine Homebase sein, wo sie ihre Nächte verbringt.
Die Nächte, nun, das hätte ja alles retten können und so wie ich Sandrine in Erinnerung hatte, hätte das auch alles gerettet: Sandrine gehörte zu den Frauen, die viel und viel actionreichen Sex wollten. Nach dem Sex rauchte sie immer eine Zigarette. Als wäre sie in einem Film. Die ganze Bettwäsche roch nach Rauch. Ausgemacht hat es mir damals nichts.
Der Sex hat sich auch verändert
Heute ist sie überzeugte Nichtraucherin, was ich ja grundsätzlich gut finde. Aber irgendwie war ihre Lust an ihre Sucht gekoppelt. Wir hatten erst zweimal Sex, seit sie hier ist, und beide Male wollte sie ausschliesslich die Missionarstellung. Wollte ich uns drehen, hat sie sofort gestoppt. Nichts gegen good old missionary, aber so bisschen Abwechslung wäre schon auch easy gewesen.
Warum sie gegen alle anderen Positionen ist, weiss ich nicht. Sie will über nichts Persönliches reden. Sei gerade alles zu nah. Alles zu frisch. Also reden wir über alles andere. Filme und Serien, die wir gesehen haben. Bücher, die wir gelesen haben. Länder, die wir bereist haben.
Ich hasse, wie arrogant das klingt, aber ich langweile mich zu Tode. Und manchmal wünschte ich mir, wir würden eine Meinungsverschiedenheit ausdiskutieren...
So long,
Ben
