Zu Valentinas OB-Packungen habe ich nichts gesagt. Nie. Dies aus vielerlei Gründen. Erstens wollte ich entspannt sein. Zweitens bin ich entspannt. (Meist. Manchmal. Mitunter.) Drittens, so habe ich schnell gemerkt, war es eigentlich gar nicht so schwierig, die Packungen zu ignorieren, schliesslich öffne ich den Badzimmerschrank so gut wie nie, war also halb so tragisch. Und viertens und wichtigstens fand ich, als moderner Mann (ja, kommentiert ruhig!) und als Bruder von so vielen Schwestern kann ich nicht wegen Tampons die Geduld verlieren.
Meine Schwestern haben mir beigebracht, da wusste ich noch nicht mal genau, wovon sie reden, aber sie haben mir schon sehr früh eingetrichtert, dass ich nie und nimmer etwas Abschätziges zu Periode und allem irgendwie entfernt damit Verwandtem sagen darf. Ekel sei völlig fehl am Platz. Haben sie recht. Und Unverständnis, wenn eine Frau mal etwas Ruhe braucht, schlecht gelaunt oder schnell gereizt ist, weil sie gerade literweise Blut verliert, ist ebenfalls völlig falsch. Dass es nicht Liter sind, habe ich erst viel später rausgefunden. Ob meine Schwestern absichtlich gelogen oder das ebenfalls geglaubt haben, weiss ich nicht.
Jedenfalls habe ich die OB-Packungen nie erwähnt. Auch den Conditioner für «sehr spröde Haare», was sie nicht hat, aber vielleicht liegt es daran, dass sie den Conditioner brav überallhin mitnimmt und dort deponiert, aber auch den habe ich wie auch den Rasierer und das Duschgel in der Dusche ohne mit der Wimper zu zucken akzeptiert. Irgendwann habe ich ihre Socken mitgewaschen und dann auch ihre Unterwäsche. Alles gar kein Problem. Bin ja entspannt.
Also, nicht eskaliert-eskaliert. Ich habe nicht rumgeschrien und Geschirr geworfen, bin ja nicht verrückt. Ich habe einen Schlussstrich gezogen. Okay. Keinen Schluss-Strich. Eine Schluss-gestrichelte-Linie.
Item.
Valentina hat wie so oft bei mir übernachtet. So weit, so gut. Am Morgen wollte sie joggen gehen. Das geht besser von mir aus. Weil da ist Wald in der Nähe. Bei ihr gibt's nur Beton und Blech. Also joggt sie, wenn sie bei mir übernachtet, weshalb ich auch Joggingschuhe von ihr in meinem Schuhschrank habe – und auch die TOTAL entspannt wegignoriere. Ich ging also arbeiten, sie joggen, den Schlüssel warf sie in den Briefkasten und ich fischte ihn, weil wir nur einen Briefkastenschlüssel haben und diesen mein Mitbewohner hat und auch nicht hergeben will, wieder raus.
Nachdem der Schlüssel draussen und ich die Treppe hoch war, wir hätten einen Lift im Haus, aber ich hasse Lifte, seit ich als Kind stecken blieb und für gefühlt 17 Stunden nicht mehr rauskam, ich hätte den Lift nicht benutzen dürfen, aber das Mädchen im Stock unter uns, ein Jahr älter und somit schon viel klüger und erwachsener als ich, fand, ich sei ein Angsthase, also stiegen wir in den Lift, was natürlich eine dumme Idee war, wir waren nicht länger als 10 Minuten eingesperrt, sagt meine Mutter, aber ich glaube, sie lügt, jedenfalls, in dem Moment, in dem ich in die Wohnung kam, bekam ich eine Nachricht von meiner Ex.
Wir nennen sie wieder Ex, weil sie jegliche Sterne nach der leidigen New-York-Geschichte verloren und vor allem nicht verdient hat. Sie sei in zwei Wochen in Zürich, schrieb sie, ob wir uns sehen wollten.
Ich tat, was man in so einem Moment tut, nichts, und wollte mich aufs Bett legen. Und da war er, der Sport-BH, verschwitzt und nass. Daneben, am Boden, lagen noch eine Trainerhose, Socken und ein T-Shirt. Valentina war wohl im Stress, als sie das Haus verliess, sonst nahm sie ihre gebrauchten Sportsachen nämlich immer mit.
Ich wollte entspannt sein. Die Sachen wegignorieren. Aber das ging nicht mehr. Mir war es zu viel. Ich meine, sie benahm sich, als würde sie hier wohnen! Als wäre das total normal, all ihre Sachen bei mir zu lassen! Als würde man das machen, wenn man so entspannt mal regelmässig Sex, aber keine Beziehung hat. Das ist doch genau, was man nicht macht!?!
Also schrieb ich ihr. Dass es mir zu viel sei. Ich gerade eine strenge Zeit hätte. Und dass ich etwas Zeit für mich alleine bräuchte. Sie hat auf meine Nachrichten «Okay» geschrieben.
Ich weiss noch nicht, ob ich ihre Antwort okay finde.
So long,
Ben
Jemanden die ganze Zeit vögeln, aber ein verschwitzter Sport BH ist ein Problem.???
Die Schuld ist aber nicht Bens Notgeilheit, sondern ein Sport-BH
Hab das mal für alle Leseunwilligen zusammen gefasst - bitte gern geschehen.