Alleine der Themesong reicht aus, dass es vielen Menschen kalt über den Rücken läuft. Steven Spielbergs «Jaws» stellte Haifische als rücksichtslose Killermaschinen dar, die alles und jeden im Wasser angreifen und töten.
Damals stand die Hai-Forschung noch in Kinderschuhen, und als im Juni 1975 «Der Weisse Hai» herauskam, verwandelte der Film das Raubtier in einen Unterwasserbösewicht, dessen alleinige Anwesenheit das Wasser unsicher machte.
Doch die Dämonisierung der Haie hält teilweise bis heute an und löst in Menschen eine meist irrationale Angst vor dem Schwimmen und Tauchen im Meer aus.
Haie schwammen schon im Meer, bevor es Bäume an Land gab und bevor der Saturn seine Ringe hatte. Und in den vergangenen 50 Jahren haben sie einen der schlimmsten Populationsrückgänge in ihrer über 400 Millionen Jahre alten Geschichte erlebt.
Ein (kleiner) Grund dafür ist ihre Darstellung als Killermaschine in der Popkultur und die damit verbundene Empathielosigkeit gegenüber der Tötung der Tiere. Heute wissen wir aber viel mehr über Haie als in den 70er-Jahren, und auch dafür hat «Jaws» gesorgt.
Haiangriffe sind relativ selten. Weltweit kommt es jährlich zu durchschnittlich 75 Haiangriffen. In den USA kommt es am häufigsten zu Attacken, doch das Risiko dafür ist mit ungefähr 1 zu 4,3 Millionen extrem gering.
Selten werden die Opfer tatsächlich gefressen – oft sterben sie am körperlichen Trauma, so «BBC». In den vergangenen 100 Jahren endeten jährlich durchschnittlich fünf Zusammenstösse tödlich.
Für die Angriffe werden häufig zwei Gründe genannt. Erstens verwechseln Haie Schwimmer mit ihrer üblichen Beute, etwa Robben, vor allem wenn Menschen im Wasser herumtollen und glänzende Gegenstände (also Schmuck) tragen, die wie Fischhaut aussehen.
Zweitens nehmen die Haie einen Erkundungsbiss, um zu sehen, ob wir als Nahrung geeignet sind, und wenn sie feststellen, dass wir mickrige Kost sind, werden wir wieder ausgespuckt.
Zum Vergleich: Der Mensch tötet jedes Jahr schätzungsweise 100 Millionen Haie. Das sind durchschnittlich fast 274'000 Haie pro Tag, über 11'000 Haie pro Stunde und etwa drei Haie pro Sekunde. Eine Studie aus dem Jahr 2024 ergab, dass ein Drittel aller Haiarten vom Aussterben bedroht ist.
Der oscarprämierte Regisseur Spielberg sagte in einem Interview vor drei Jahren gegenüber «BBC», dass er bedauere, dass die blutrünstige Darstellung des Weissen Hais in seinem Film «Jaws» von 1975 zu einem starken Rückgang der Population dieser Tiere geführt hat.
«Jaws» löste bei den Fischern an der Ostküste der USA einen «kollektiven Testosteronrausch» aus, der Tausende dazu veranlasste, Haie als Sport zu jagen, wie George Burgess, ehemaliger Direktor des Florida Program for Shark Research, 2015 gegenüber «BBC» erklärte. In den Jahren nach der Veröffentlichung des Films ging die Zahl des Weissen Hais in den Gewässern im Osten der USA um etwa 50 Prozent zurück.
Im Vergleich zu den Haien, die bei der industriellen Fischerei getötet werden, ist das allerdings nur ein kleiner Tropfen auf dem heissen Stein.
Neben der Angst hat «Jaws» auch das Interesse an Haien geweckt. «Seitdem wurde nicht nur die Forschung über Weisse Haie, sondern auch über viele andere Arten finanziert», erzählt Jake Elstner, Oceanography-Doktorand an der Universität San Diego.
Er arbeitet daran, dass wir diese Tiere besser verstehen. Denn wissenschaftlich gibt es keine Beweise, dass Haie «hinter uns her sind».
Mehr Forschung (und damit ein besseres Verständnis für die Tiere) kann dabei helfen, Angriffe zu reduzieren. «Unsere Forschung ist darauf ausgerichtet, grundlegende Fragen zu beantworten», so Elstner. Dazu gehören Fragen wie, warum Haie sich in bestimmten Gebieten aufhalten und wie sie sich mit Jungtieren verhalten.
Wenn Haie in einem Riff vorkommen, ist das ein Zeichen für ein gesundes Ökosystem. Und davon profitieren auch wir Menschen bei der Fischerei.
Und auch wenn «Jaws» (und andere Hai-Filme) mit unseren Ängsten vor dem Unbekannten in der Tiefe spielt, gibt es keinen Grund, Angst vor den Raubtieren zu haben:
50 Jahre nach der Veröffentlichung von «Jaws» verändert sich die Sicht der Menschen auf den Hai also immer mehr ins Positive und die Forderung nach ihrem Schutz wird immer lauter.