Die neue Netflix-Serie wird Griselda Blanco nicht gerecht. Die kolumbianische Drogenbaronin war sehr viel gewalttätiger und kaltblütiger, als sie dargestellt wird. Wer – wie Sofía Vergara, die Hauptdarstellerin in der Serie – in den 70er Jahren in Medellín, Kolumbien aufwuchs, litt mit grosser Wahrscheinlichkeit unter Blancos Terrorregime.
Griselda Blanco galt als eine der gewalttätigsten Drogenbosse, selbst Pablo Escobar soll vor ihr Angst gehabt haben:
Dieses Zitat ist das Erste, was in Netflix' «Griselda» über den Bildschirm flackert. Die Serie beginnt damit, wie sie mit ihren Söhnen von Kolumbien nach Miami flüchtet – weg von ihrem Ehemann und hin zu einem neuen Leben.
Doch ihr Leben geriet schon viel früher aus den Fugen. 1943 wurde sie in Cartagena geboren und wuchs in Medellín auf. Ihre Mutter war eine gewalttätige Alkoholikerin. Es wird angenommen, dass sie als Kind als Taschendiebin tätig war und mit dem Ausheben von Gräbern Geld verdiente.
Im Alter von 11 oder 13 (Quellen berichten unterschiedliche Alter) beging sie ihren ersten Mord. Gemeinsam mit anderen Kindern entführte sie einen Junge gleichen Alters von einer reichen Familie und verlangte Lösegeld. Doch als die Familie nicht zahlte, tötete Blanco den Jungen mit einem Schuss zwischen die Augen. Die Jahre danach verdiente sie ihr Geld als Sexarbeiterin. Schon früh begann sie, Kokain zu rauchen.
Mit ihrem zweiten Mann Alberto Bravo zog sie anfangs der 70er-Jahre nach New York und importierte im grossen Stil Kokain von Medellín. 1973 kam ihr die Polizei erstmal auf die Schliche. Im Rahmen der Operation «Banshee» gingen die New-Yorker-Behörden gegen kolumbianische Drogenhändler vor. Sie eröffneten ein Verfahren gegen Blanco, nachdem 1975 auf einem Segelschiff von Kolumbien sechs Kilo Kokain gefunden wurde. Doch den Ermittlern war es unmöglich, Blanco aufzuspüren, diese hatte sich mutmasslich nach Kolumbien abgesetzt.
Es sollte noch ein Jahrzehnt dauern, bis Blanco geschnappt wurde.
Blanco verlegte ihre Operation nach Miami, wo sie über 1500 Dealer beschäftigte. Das Kokain wurde mit Sendern ausgestattet und über dem Meer vor Miami abgeworfen. Im Dokumentarfilm «Cocaine Cowboys II» berichten ehemalige Angestellte, dass Blanco ihr – in New York angehäuftes – Vermögen von 500 Millionen Dollar (nicht inflationsbereinigt) in Miami verdreifachen konnte.
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere leitete Blanco ein milliardenschweres Drogenschmuggelimperium. Sie war dafür bekannt, dass sie neue, massgeschneiderte Unterwäsche mit Geheimfächern konstruierte, um darin Drogen zu verstecken. Sie importierte angeblich Drogen im Wert von 80 Millionen Dollar pro Monat. Bis dahin importierte niemand Kokain in diesem Ausmass in die USA. Sie hatte das Monopol.
Blanco suhlte sich im Luxus, sie feierte in ihrer Villa luxuriöse Partys, kaufte sich teuren Schmuck und Autos und liess eine Statue von sich anfertigen. Leute, die bei ihr auf Besuch waren, rieben die Nase der Statue für Glück. Sogar Pablo Escobar soll diesem Brauch nachgegangen sein. Escobar war zeitweise Blancos Protegé. Blanco soll diejenige gewesen sein, die Escobar in die Welt des Kokains hineingebracht haben soll. Vor ihr war er nur ein Kleinkrimineller, der Autos klaute.
Dass eine Frau ein Drogengeschäft in dieser Grösse aufbauen und leiten kann, war bis anhin ungehört. Doch Blanco führte ihr Geschäft mit Terror. Denen, die ihr nahestanden und ihr treu ergeben waren, ging es gut, anderen lehrte sie das Fürchten.
Bis zu 250 Morde soll sie während ihres Regimes in Auftrag gegeben haben. Manchmal reichte eine kleine Beleidigung, dass man auf der Abschussliste der Patin gelandet ist.
Doch nur einen dieser Morde lässt sich direkt Blanco zuordnen: Alberto Bravo. Ihr Ehemann und sein Bodyguard wurden aus nächster Nähe erschossen. Blanco kam bei dieser Auseinandersetzung mit einem Streifschuss davon. Die Tode ihrer insgesamt drei Ehemänner verschafften ihr den Spitznamen «The Black Widow».
Anfang der 80er-Jahren eskalierte die Gewalt zwischen rivalisierenden Drogendealer in Florida. Blanco wurde immer paranoider, sie vertraute fast niemandem mehr. So gab sie den Auftrag, einen ihrer treusten Auftragsmörder, Jesus Castro umzubringen, da sich dieser mit ihrem Sohn gestritten hatte. Stattdessen trafen die Schützen seinen zweijährigen Sohn, Johnny. Blanco soll – im Gegensatz zur Serie, in der sie einen Zusammenbruch erleidet – gelacht haben, als sie davon erfuhr.
1985 wurde Blanco in Kalifornien verhaftet und in der Herstellung, Einfuhr und dem Vertrieb von Kokain angeklagt. In Miami wurde sie 1994 zusätzlich für den Mord an Johnny Castro und zwei Drogendealern angeklagt und zu drei 20-jährigen Haftstrafen verurteilt. Doch nach nur sechs Jahren im Gefängnis wurde sie nach Kolumbien abgeschoben, wo sie wieder auf freiem Fuss war.
Acht Jahre nachdem Blanco nach Medellín zurückgekehrt war, wurde die 69-Jährige vor einer Metzgerei von Killern auf einem Motorrad erschossen. Ironischerweise waren Motorrad-Attentate Blancos bevorzugte Methode, Menschen zu töten.
Blanco wurde auf einem Friedhof südlich von Medellín begraben, der Ruhestätte eines anderen Kartellbosses: Pablo Escobar.
Die achtteilige Serie «Griselda» kann ab sofort auf Netflix geschaut werden.
Mut zur Hässlichkeit wäre mal angebracht! Ist wie bei den Carrie Verfilmungen. Im Buch ist die dick und kein Vorzeige Model. In den Filmen schlank, süss, unschuldig. So will man es eben haben.