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Grossbritannien: Babys mit DNA von 3 Menschen geboren

A newborn infant's hand with a name tag which says Julia, pictured at the maternity unit of the Triemli Hospital in Zurich, Switzerland, on September 27, 2016. Julia was delivered by cesarean sec ...
Bereits acht Babys sind mit Erbgut von drei Menschen auf die Welt gekommen. (Symbolbild)Bild: KEYSTONE

Acht Babys mit DNA von drei Menschen geboren

Drei Menschen, ein Kind: In Grossbritannien kamen erstmals Babys zur Welt, die das Erbgut von Mutter, Vater und einer weiteren Frau tragen. Was dahintersteckt.
17.07.2025, 16:0017.07.2025, 16:00
Melanie Rannow / t-online
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Sieben Mütter, acht gesunde Babys – und alle haben eine Gemeinsamkeit: In ihren Zellen steckt nicht nur die DNA von Mutter und Vater, sondern auch das Erbgut einer Spenderin. Das Ziel: gefährliche Erbkrankheiten vermeiden. Möglich wurde das durch eine neue Technik namens «Mitochondrien-Ersatztherapie», die jetzt erstmals erfolgreich zur Geburt gesunder Kinder geführt hat.

Revolution in der Reproduktionsmedizin

Das Verfahren kommt zum Einsatz, wenn Frauen Trägerinnen defekter mitochondrialer DNA (mtDNA) sind. Diese Erbsubstanz sitzt nicht im Zellkern, sondern in den «Kraftwerken» der Zelle – den Mitochondrien. Dort steuert sie wichtige Prozesse, vor allem die Energieversorgung der Zellen. Ist diese DNA mutiert, drohen schwere Krankheiten – oft mit Symptomen im Gehirn, in Muskeln oder im Herzen.

Rund eines von 5000 Neugeborenen weltweit ist betroffen. Betroffene Frauen geben die defekte mtDNA mit ihren Eizellen weiter. Eine Heilung gibt es nicht. Deshalb setzen Wissenschaftler seit Jahren auf Prävention. Die Lösung: Man ersetzt die geschädigten Mitochondrien durch gesunde – bevor das Kind entsteht.

So funktioniert der Eingriff

Für die Methode, die Forscher der Newcastle University (Grossbritannien) entwickelt haben, werden zwei Eizellen benötigt: eine von der leiblichen Mutter, eine von einer gesunden Spenderin. Zuerst befruchten die Ärzte beide Eizellen mit dem Sperma des Vaters.

Aus der Eizelle der Mutter entnehmen sie dann das Erbgut – und setzen es in die entkernte Eizelle der Spenderin ein, deren Mitochondrien gesund sind. Das Ergebnis: ein Embryo mit dem Erbgut von Vater und Mutter – aber mit gesunden Zellkraftwerken einer dritten Frau.

This image from video provided by the Newcastle Fertility Centre shows a nuclear genome from an egg carrying a mitochondrial DNA mutation being inserted into an egg donated by an unaffected woman. (Ne ...
Das Erbgut wird in die entkernte Eizelle der Spenderin eingesetzt.Bild: keystone

Die Embryonen werden danach wie bei einer normalen künstlichen Befruchtung in die Gebärmutter der Mutter eingesetzt. Die Babys tragen dabei 99,9 Prozent der DNA ihrer Eltern – nur etwa 0,1 Prozent stammt von der Spenderin.

Acht Babys, keine Erkrankung

Seit der Zulassung der Methode im Jahr 2015 haben 35 Paare in Grossbritannien eine Genehmigung für den Eingriff erhalten. Acht Kinder wurden bereits geboren – darunter ein Zwillingspaar. Alle Kinder kamen gesund zur Welt. In fünf Fällen fanden die Ärzte keine krankhaften Mitochondrien mehr. In drei Fällen trugen die Kinder noch geringe Mengen der mutierten mtDNA – aber nicht genug, um eine Krankheit auszulösen.

«Mitochondriale Erkrankungen können verheerende Auswirkungen auf Familien haben», sagte Studienautor Douglass Turnbull laut Pressemitteilung. «Die heutige Nachricht gibt vielen weiteren Frauen neue Hoffnung, die Gefahr laufen, ihre Krankheit zu vererben. Sie haben nun die Chance, Kinder zu bekommen, die ohne diese schreckliche Krankheit aufwachsen.»

Was Kritiker befürchten

Ganz unumstritten ist die Methode nicht. Kritiker warnen vor Eingriffen in die menschliche Keimbahn. Diese könnten Auswirkungen auf kommende Generationen haben – und bislang weiss niemand genau, welche.

Zudem ist in Deutschland die Eizellspende gemäss dem Embryonenschutzgesetz verboten. Das Verfahren setzt aber voraus, dass eine zweite Frau ihre Eizellen zur Verfügung stellt. Ob der Austausch der Mitochondrien einen Eingriff in die Keimbahn darstellt, ist juristisch bisher nicht abschliessend geklärt.

Langzeitfolgen noch unklar

Die Forscher begleiten die Kinder auch weiterhin medizinisch. Ziel ist es, mögliche Spätfolgen frühzeitig zu erkennen. Das älteste Kind ist inzwischen zwei Jahre alt. Frühere gesundheitliche Probleme bei drei Kindern konnten nicht auf die neue Technik zurückgeführt werden. Um langfristige Risiken beurteilen zu können, braucht es allerdings Untersuchungen über mehrere Jahre.

Die neue Methode zeigt: Medizinische Innovationen können Leben verändern – aber werfen auch schwierige Fragen auf. Ob sie eines Tages auch hierzulande erlaubt wird, ist offen. Bis dahin bleibt Grossbritannien Vorreiter bei der Geburt von Kindern mit «drei Eltern».

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DNA-Test? Bei diesen Leuten ist das definitiv nicht nötig
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«Ich und mein Opa im Medizinstudium im Abstand von 70 Jahren (mit gleichem Schlafentzug).»
quelle: reddit
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Das eigene Erbgut verändern und schauen, was passiert?
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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Overton Window
17.07.2025 17:23registriert August 2022
Und das alles nur, weil man einfach auf gar keinen Fall darauf verzichten kann seine DNA weiterzugeben, auch wenn klar ist dass das zu Problemen für die Kinder führt 🙄.
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Gaaby
17.07.2025 18:12registriert Februar 2019
Okay ich weiss nicht was ich davon halten soll. Kann man nicht einfach ein Kind adoptieren? Dieses Herumgebastel bei Ungeborenen löst bei mir ein tiefes Unbehagen. Ach die Leihmutterschaft finde ich echt gruselig.
Tut mir leid für die Familien, aber so hartnäckig, um jeden Preis, ein eigenes Kind auf die Welt zu bringen finde ich ethisch sehr bedenklich.
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