Seit dem britischen Urteil, dass die Gleichstellung nicht für trans Frauen gilt, meldet sich J.K. Rowling wieder regelmässig auf ihrem X-Account – und macht transphobe Aussagen. Wer die «Harry Potter»-Autorin über die Jahre hinweg verfolgt hat, weiss, dass das bei weitem nicht das erste Mal ist. Seit den neusten Entwicklungen in England scheint sich die 59-Jährige aber nicht mehr zurückhalten zu können, mit Tweets zu provozieren – und das hat nun dazu geführt, dass Tausende von Menschen dazu aufrufen, sie zu boykottieren.
Eine Übersicht zu all ihren Skandalen:
Alles begann am 7. Juni 2020, als Rowling einen Artikel kritisierte, der statt von «Frauen» von «menstruierenden Personen» sprach. Dazu schrieb sie: «‹Menstruierende Personen›? Ich bin sicher, da gab es doch mal ein Wort dafür. Helft mir. Wumben? Wimpund? Woomud?»
Dieser Tweet erntete heftige Kritik, woraufhin die Autorin weitere Statements abfeuerte. So schrieb sie: «Wenn das biologische Geschlecht nicht real ist, gibt es keine gleichgeschlechtliche Anziehung. Wenn das biologische Geschlecht nicht real ist, wird die Lebensrealität von Frauen weltweit ausgelöscht. Ich kenne und liebe Transsexuelle, aber die Auslöschung des Biologisches-Geschlecht-Konzepts nimmt vielen die Möglichkeit, sinnvoll über ihr Leben zu sprechen. Die Wahrheit auszusprechen, ist kein Hass.»
Auch darauf gab es wieder heftige Reaktionen. «Niemand hat gesagt, dass das Konzept vom biologischen Geschlecht oder Frauen ausgelöscht werden. Das einzige, was du versuchst auszulöschen, ist die Existenz von trans Menschen», schrieb etwa eine Twitter-Userin, während eine zweite meinte: «Sag doch einfach, dass du transphob bist.» Wie einige ehemalige Fans berichteten, wurden sie daraufhin von der Autorin blockiert.
Am 10. Juni 2020 veröffentlichte Rowling dann ein weiteres Statement auf ihrer Webseite und tweetete die Worte «TERF Wars». TERF ist eine Abkürzung für «trans-exclusionary radical feminist», was so viel bedeutet wie «trans-ausschliessende Radikalfeministen», also transphobe Feministen. In ihrem langen Beitrag beschrieb sie unter anderem mehrere Gründe, sich über den Trans-Aktivismus Sorgen zu machen:
Rowling verlinkt zu ihren Statements so gut wie nie Studien. Es gibt jedoch wirklich Arbeiten darüber, wie oft Geschlechtsumwandlungen von Menschen bereut werden. Diese zeigen alle, dass die Zahl dieser Menschen sehr gering ist und etwa ein Prozent ausmacht. Eine kanadische Studie hat zudem bewiesen, dass trans Jugendliche eine höhere Suizidrate haben als cis heterosexuelle. Oft stützt sich Rowling also auf Mythen, die es zur Trans-Community gibt.
Für viele trans Fans von «Harry Potter» waren die Tweets der Autorin ein Schock. Denn «Harry Potter» erzählt die Geschichte eines Jungen, der immer irgendwie der Sonderling war, weshalb sich viele trans Menschen mit der Figur besonders identifizieren konnten.
Doch nicht nur Fans äusserten sich kritisch gegenüber Rowling, sondern auch Stars – auch die ihrer eigenen Franchise.
So war einer der ersten Prominenten, der sich kritisch äusserte, Daniel Radcliffe, der Schauspieler, der Harry Potter in den Filmen verkörpert. Über die Webseite The Trevor Project, die sich für den Schutz von Minderheiten einsetzt und therapeutische Unterstützung anbietet, gab Radcliffe folgenden Kommentar ab:
Daraufhin meldeten sich auch die Hermine-Granger-Darstellerin Emma Watson und Rupert Grint, der Ron Weasly verkörpert, zu Wort. Watson schrieb 2020 auf X: «Trans Menschen sind, wer sie sagen, und verdienen es, ihr Leben zu leben, ohne ständig befragt oder darauf hingewiesen zu werden, dass sie nicht sind, wer sie sagen» und gab bekannt, dass sie Spenden für Organisationen getätigt hat, die trans Menschen unterstützen. Grint hielt sich kurz und meinte gegenüber der Sunday Times: «Ich stehe fest an der Seite der Trans-Community und teile die Ansichten vieler meiner Mitmenschen. Trans Frauen sind Frauen. Trans Männer sind Männer.» Alle drei Schauspielenden haben sich seither von J.K. Rowling und ihren Statements distanziert.
Neben Prominenten haben sich auch viele Marken gegen J.K. Rowling und ihre Meinung zur Transgeschlechtlichkeit gestellt. Das Kosmetikunternehmen The Body Shop hat etwa auf den ersten Tweet von Rowling reagiert und gemeint: «Hey, @jk_rowling. Hier etwas, was wir vorhin entworfen haben. Wir dachten, es könnte dir gefallen! Ausserdem haben wir eine vegane Badebombe und ein Exemplar von ‹Trans Rights› für dich zum Lesen in der Badewanne beigelegt!» Dazu postete es eine Tote Bag, die mit den Worten «It's bloody natural» bedruckt ist.
Hey @jk_rowling here's something we made earlier, we thought you might like one! We've also popped in a vegan bath bomb and a copy of Trans Rights by @paisleycurrah for you to read in the bath! pic.twitter.com/RNbPsSTS88
— The Body Shop (@TheBodyShop) June 10, 2020
Nachdem sich die Debatte um Rowling im Sommer 2020 etwas beruhigt hatte, flammte sie im gleichen Herbst wieder auf. So veröffentlichte Rowling am 14. September 2020 ihr Buch «Troubled Blood» unter ihrem männlichen Pseudonym Robert Galbraith. Der Thriller handelt von einem Ermittler auf der Jagd nach einem cis Mann, der sich als Frau verkleidet, um cis Frauen zu jagen und zu ermorden. Unter «cis» versteht man Personen, deren Geschlechtsidentität mit dem Geschlecht übereinstimmt, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Eine Rezension im Telegraph beschrieb den Roman als «ein Buch, dessen Moral zu sein scheint: Traue niemals einem Mann im Kleid.»
Auch daraufhin gab es Kritik. Zum einen, dass sich J.K. Rowling ein männliches Pseudonym aussuchte und zum anderen, dass sie sich dann trotzdem wieder transphob in ihren Büchern äusserte. Damals trendete der Hashtag #RIPJKRowling auf Twitter.
Im März 2023 veröffentlichte The Freepress den Podcast «The Witch Trials of J.K. Rowling», in dem die Autorin selbst zahlreiche Interviews gab. Darin verglich die Engländerin trans Menschen mit den Todessern aus ihrer «Harry Potter»-Reihe.
In den «Harry Potter»-Büchern sind die Todesser die Anhänger von Lord Voldemort. Lord Voldemort ist der Bösewicht, der über sieben Bücher hinweg versucht, die Macht über die magische Welt an sich zu reissen, Nicht-Zauberer auszurotten und Harry Potter zu töten. Die Todesser werden oftmals als «die Nazis der Zaubererwelt» bezeichnet.
Im Podcast sprach die Autorin dann über ihre Tweets und machte diese Aussage: «Einige von euch haben die Bücher nicht verstanden. Die Todesser behaupteten: ‹Wir wurden dazu gebracht, im Verborgenen zu leben, und jetzt ist unsere Zeit gekommen, und jeder, der uns im Weg steht, muss vernichtet werden. Wer nicht unserer Meinung ist, muss sterben.› Sie dämonisierten und entmenschlichten diejenigen, die nicht wie sie waren.» Damit spielt sie auf trans Menschen an, die ihrer Meinung nach alle Menschen canceln, die nicht so wie sie sind.
Im Oktober 2023 schrieb die Daily Mail darüber, dass in Grossbritannien daran gearbeitet würde, Angriffe auf die Geschlechtsidentität unter Strafe zu stellen. Somit könnten feindselige Aussagen gegenüber trans Menschen mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Daraufhin reagierte Rowling mit einem Tweet und meinte: «Ich verbringe gerne zwei Jahre im Gefängnis, wenn die Alternative dazu die Verleugnung der Realität ist.» Damit bezog sie sich ein weiteres Mal darauf, dass es in der Realität keine Transgeschlechtlichkeit gebe.
Als in Schottland dann am 1. April 2024 tatsächlich ein Gesetz in Kraft trat, welches Beleidigungen gegenüber trans Menschen strafbar machte, tweetete sie erneut, dass sie dann lieber ins Gefängnis gehe. Ihre Ansicht unterstützt sie dabei immer wieder mit dem Argument, dass sie Frauen schützen möchte und sie das nicht tun kann, wenn ein Mann sich einfach als Frau bezeichnen kann. Dass eine Geschlechtsumwandlung nicht «einfach» ist, lässt sie dabei ausser Acht.
Im letzten Jahr kämpfte an den Olympischen Spielen die Italienerin Angela Carini gegen die algerische Boxerin Imane Khelif. Nach nur 46 Sekunden gab Carini nach einem Schlag von Khelif auf. Auf X postete Rowling daraufhin ein Bild des Kampfes und behauptete, Khelif sei ein Mann: «Könnte ein Bild unsere Männerrechtsbewegung besser zusammenfassen? Das Grinsen eines Mannes, der weiss, dass er von einem frauenfeindlichen Sport-Establishment beschützt wird, und der sich am Leid einer Frau erfreut, der er gerade auf den Kopf geschlagen und deren Lebenstraum zerstört hat.»
Could any picture sum up our new men’s rights movement better? The smirk of a male who’s knows he’s protected by a misogynist sporting establishment enjoying the distress of a woman he’s just punched in the head, and whose life’s ambition he’s just shattered. #Paris2024 pic.twitter.com/Q5SbKiksXQ
— J.K. Rowling (@jk_rowling) August 1, 2024
Imane Khelif ist jedoch weder ein Mann noch eine trans Frau. Sie wurde bei der Geburt als weiblich eingestuft und ist auch in ihrem Pass als weiblich eingetragen. Khelif reichte daraufhin Klage gegen Rowling und den X-Besitzer Elon Musk wegen Cybermobbings ein, das sie aufgrund der Aussagen gegen sie erlitten hatte.
Während sich Rowlings Zorn jahrelang nur gegen trans Menschen richtete, scheint sich dieser nun noch gegen weitere Personen der LGBTQ+-Community auszuweiten. Am 6. April ist der internationale Tag der Asexualität, an dem die Bedürfnisse von Menschen, die keine oder nur geringe Sexualtriebe haben, gewürdigt werden sollen. Dieses Jahr provozierte Rowling auf X mit einem Tweet an diesem Tag und schrieb: «Alles Gute zum Internationalen Tag der Fake-Unterdrückung an alle, die wildfremde Menschen wissen lassen wollen, dass sie keine Lust auf Sex haben.»
Darauf antworteten viele Kritikerinnen und Kritiker und alle waren einer Meinung: «Lass die Menschen doch einfach in Ruhe.»
Did you really have to be a cunt? You could have also just left them alone.
— Durrvish (@Durrvish_) April 6, 2025
Am 16. April 2025 entschied der Oberste Gerichtshof Grossbritanniens, dass das Konzept des Geschlechts binär sei. Also, dass eine Person entweder eine Frau oder ein Mann ist. Zudem wurde entschieden, dass sich die Begriffe «Frau» und «Geschlecht» auf eine biologische Frau und das biologische Geschlecht beziehen. Wie NPR schreibt, schliesst diese Definition trans Frauen vom geschlechtsbezogenen Schutz des britischen Gleichstellungsgesetzes von 2010 aus. Konkret bedeutet das, dass trans Frauen bei Frauenquoten nicht als Frauen gezählt werden und Damenumkleiden nicht benutzen dürfen.
Für J.K. Rowling war dieser Entscheid ein grosser Erfolg. Sie postete auf X ein Bild, das sie beim Zigarrenrauchen zeigt und schrieb: «Ich liebe es, wenn ein Plan aufgeht.» Dazu setzte sie die Hashtags #SupremeCourt und #WomensRights.
I love it when a plan comes together.#SupremeCourt #WomensRights pic.twitter.com/agOkWmhPgb
— J.K. Rowling (@jk_rowling) April 16, 2025
Laut MSNBC war Rowling aktiv daran beteiligt, dass dieses Gesetz durchkam. So spendete die Milliardärin 70'000 US-Dollar an For Women Scotland, die Organisation, die die ursprüngliche Klage eingereicht hatte.
All diese Skandale und noch viele weitere führten über die Jahre dazu, dass sich immer mehr Menschen gegen Rowling und somit auch gegen ihre Werke stellten. «Ich boykottiere ab sofort alles, was von Rowling kommt. Dazu gehört auch ‹Harry Potter›. Das macht mich sehr traurig, aber ich kann hier die Werke nicht mehr von der Künstlerin trennen», meinte etwa eine Creatorin auf TikTok, die ihren Channel mit «Harry Potter»-Videos aufgebaut hat. Gleich klingt es auch von anderen Fans, vor allem wenn es um die Neuverfilmung von «Harry Potter» von HBO geht: «Ich werde nie wieder ‹Harry Potter› schauen und die Serie wird boykottiert. Dieser schrecklich ekelhafte Scheiss [Rowlings Aussagen auf X] soll Konsequenzen haben.»
@tariqraouf Don’t watch the show. Don’t go to Universal. Don’t buy a single Harry Potter thing ever. It’s time to tell these corporations that transphobia loses money. #harrypotter #jkrowling #hp #universalstudios #unitedkingdom #trans #transwomenarewomen #lgbtq ♬ original sound - Tariq Ra’ouf
Auf dieses Video hat auch der «The Last of Us»-Schauspieler Pedro Pascal reagiert und kommentiert: «Schrecklicher, ekelhafter Scheiss, so ist es! Abscheuliches LOSER-Verhalten.» Der Schauspieler zeigte sich schon öfters als Unterstützer von trans Menschen, da seine Schwester eine trans Frau ist. Kurz nach seinem Statement trug er zudem eines der viral gegangenen T-Shirts mit der Aufschrift «Protect the Dolls». Das Shirt wird vom Modedesigner Conner Ives verkauft und alle Gewinne gehen an die Unterstützungs-Hotline von trans Menschen «Trans Lifeline».
Sorry, aber wenn man für das gecancelled wird, cancelled mich gleich mit.