Eigentlich wollte Ed Sheeran nur spielen. Und jetzt streiten sich Menschen um Parkplätze, Lärm, Baumfällungen und darum, ob in Düsseldorf jemals wieder Livemusik stattfinden kann.
Ausnahmezustand. Mülheim an der Ruhr, eine Stadt, deren grösste Attraktion Helge Schneider ist, soll Schauplatz von Ed Sheerans Popzirkus werden. 80'000 Menschen haben bereits Tickets – also quasi jeder zweite Einwohner von Mülheim.
Feldlerchen und Steinschmälzer sind es, die dem Konzert als erstes in die Quere kommen. Denn weil die beiden bedrohten Vogelarten Grasbrüter sind, würden 80'000 tanzende und schmusende Ed-Sheeran-Fans den Bestand gefährden. Die Entscheidung wird auf Januar terminiert.
Der Veranstalter FKP Scorpio hat ein Artenschutzkonzept eingereicht – denn gegen die fünf Feldlerchen-Paare, die im Jahr 2017 in den Gräsern des Flughafens gebrütet haben, möchte man sich nicht geschlagen geben. (WAZ)
Die Stadt Essen gibt bekannt, dass es «keine artenschutzrechtlichen Bedenken» mehr gibt – die Feldlerchen also für den Sommer auf ein anderes Feld umgesiedelt werden können und Ed Sheeran spielen darf. Leider war das aber nicht die letzte Prüfung. Weil Verkehrs- und Sicherheitskonzept noch nicht geprüft wurden, gibt es kein grünes Licht. Denn leider führt nur eine Strasse zum Flughafen, der noch nie mit 80'000 Besuchern umgehen musste. (derWesten)
Es ist offiziell: Weil auf dem Gebiet des Flughafens neben bedrohten Vogelarten auch noch knapp 200 sogenannter Verdachtspunkte für Weltkriegsblindgänger liegen, die alle vor einem Konzert geprüft und entschärft werden müssten, plant der Veranstalter um. Das Konzert soll auf eine neu zu errichtende Veranstaltungsfläche im nahe gelegenen Düsseldorf ziehen. (Bild)
In einem auf englisch verfasstem Brief an Ed Sheeran persönlich appellieren Naturfreunde einer Düsseldorfer Baumschutzgruppe dafür, das Konzert ein weiteres Mal zu verlegen. Der Grund: Für die neue Location müssten 100 alte Bäume gefällt werden – die Stadt verspricht zwar, dass als Ausgleich 300 neue Bäume gepflanzt würden, aber das reicht den Schützern nicht.
Zwei Monate sind seit dem Umzug nach Düsseldorf vergangen. Und die Behörden der Stadt haben zwar keine Berge versetzt, aber immerhin wurden 60 Bäume allen Protesten zum Trotz an einen neuen Standort verlegt, mehr als 100 kommen noch.
Das Problem ist nur: Es gibt noch keine Baugenehmigung für das Gelände, das zwar schon den weltmännischen Namen «D.LIVE Open Air Park» trägt, aber gerade leider noch ein Parkplatz ist.
Der Panikforscher Michael Schreckenberg hat in einem Interview mit der WZ sogar bezweifelt, dass ein Sicherheitskonzept für die Fläche in einem so kurzen Zeitraum überhaupt entwickelt werden kann.
Ob das Konzert also stattfindet, ist immer noch nicht klar. Manchen Fans kann das aber auch egal sein – denn mehr als 10'000 Tickets für Ed Sheeran-Konzert wurden durch sein Management storniert, um Wiederverkäufe zu verhindern. (Stern)
Die Baugenehmigung wird zum Politikum. Seit etwa zwei Wochen sprächen keine sachlichen Gründe mehr gegen die Durchführung des Konzertes, sagte der Oberbürgermeister (Aachener Zeitung). Und auch bei der Düsseldorfer Feuerwehr gibt es laut DPA keine Bedenken: «Wir haben das Loveparade-Unglück hautnah miterlebt. Unsere Forderungen wurden alle erfüllt.»
Der Genehmigung liegt nur noch eine Abstimmung im Planungsausschuss im Weg. Hierfür muss sich jedoch eine Mehrheit finden – und das ist schwieriger als gedacht:
Die CDU-Fraktion (31 Personen), die derzeit die Mehrheit im Stadtrat hat, fordert ein Verfahren mit Bürgerbeteiligung – wegen Lärmschutzes und der Angst vor einem Verkehrskollaps. Und stimmt deswegen wohl mit einem Nein.
Der Oberbürgermeister und seine SPD-Fraktion, die immerhin die zweitstärkste im Stadtrat ist, kämpft für das Konzert und eine Einrichtung der neuen Open-Air-Location.
Die Grünen entschieden sich am Montagabend bei einer Abstimmung der Fraktion gegen das Konzert: 30 Mitglieder stimmten für «Nein», nur sieben für «Ja», meldete RP online. Ihnen geht es um die 104 Bäume, die gefällt werden müssten.
Sollte sich eine Mehrheit gegen das Ed Sheeran-Konzert finden, könnte das ein grosses Loch in die westdeutsche Konzertlandkarte reissen. Viele Konzertveranstalter haben bereits angekündigt, ihre Events in diesem Fall zukünftig im nahegelegenen Ruhrgebiet oder in Köln stattfinden zu lassen. «Der Standort Düsseldorf hat dann keine Daseinsberechtigung mehr», sagte Alexander Richter von Four Artists der RP-Online.
Die grosse Entscheidung im Stadtrat gibt es Mittwoch um 16 Uhr.
Apropos Abstimmung: Während die Politik sich zerfleischt, um endlich zu klären, ob Düsseldorf bereit für Popmusik ist, hat der Veranstalter eine Umfrage gestartet. Das Ziel: Herausfinden, wie die Fans anreisen. Ob dahinter die Planungen für einen dritten möglichen Veranstaltungsort stecken?
Umfrage zur Anreise für das Ed Sheeran Konzert in Düsseldorf:https://t.co/FKrl7v0Jem pic.twitter.com/jYcBPFHLRL
— Ed Sheeran Germany (@EdSheeranGER) 21. Juni 2018