Die Schweiz ist ein Land der Mieterinnen und Mieter, heisst es immer so schön. Und das zu Recht: 58 Prozent der Bevölkerung leben zur Miete. Selbst Bundesrat Guy Parmelin gehört zu ihnen. In dieser Abstimmungs-«Arena» glänzte er allerdings mit seiner Abwesenheit. Obwohl es um zwei Abstimmungsvorlagen ging, die unter seine Zuständigkeit fallen. Und für die er im Namen des Bundesrats für ein Ja werben sollte. Namentlich: die Änderung des Mietrechts bei der Untermiete und die Änderung des Mietrechts beim Eigenbedarf.
Moderator Sandro Brotz erklärte gleich zu Beginn der Sendung:
Dafür waren anwesend:
Jene, die in dieser Sendung die Ja-Parole einnehmen – namentlich FDP-Nationalrat Olivier Feller, Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller und SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann –, haben eine einfache Taktik gewählt: Sie betonen stets, dass sie nicht verstehen können, warum die Linken so ein Drama machen wegen dieser winzig kleinen Änderungen. Änderungen, die allen zugutekommen würden. Vermietern, Mieterinnen, Untermietern.
Olivier Feller findet gar: «Die beiden Vorlagen sind gut für die Allgemeinheit.» Mehr Transparenz, mehr Rechtssicherheit, mehr Fairness würden sie bringen. Und Missbräuche bekämpfen. Insbesondere jene Vorlage zur Änderung bei der Untermiete.
Grünen-Nationalrat Michael Töngi kann nur den Kopf schütteln: «Das klingt ja wunderschön. Friede, Freude, Eierkuchen. Für alle ist es gut und alle profitieren.» Aber um zu durchschauen, worum es den Befürwortern wirklich gehe, müsse man das ganze Bild sehen.
Sieben Vorstösse habe die Immobilienlobby in diesem Jahr einzeln im Parlament durchbringen wollen. Dann rattert Töngi herunter:
Für Töngi ist klar: Der Hauseigentümerverband und die Immobilienlobby wollen die Rechte der Mieterinnen und Mieter schwächen.
Die Abwesenheit von Bundesrat Guy Parmelin nutzt Töngi gerne, um seine Argumente mit einer These zu untermauern: Der Bundesrat fehle in der Sendung nicht, weil er sich beim Parlament nicht einmischen wolle, sondern weil er solche Vorlagen nicht unterstützen wolle. Töngi fügt an:
Die Gegenseite versucht dagegenzuhalten, dass der Bundesrat die beiden Vorlagen im Abstimmungsbüchlein befürworte. Michael Töngi lässt das nicht gelten: «Es steht im Gesetz, dass der Bundesrat die Meinung des Parlaments bei Abstimmungen unterstützen muss. In der Parlamentsdebatte hat er sich aber vehement gegen diese beiden Vorlagen gewehrt.»
SP-Nationalrätin Jacqueline Badran, die bisher ungewohnt ruhig geblieben ist, wirft ein: «Damit wäre das ja erledigt. Wir können das Thema wechseln.»
Jacqueline Badran macht gleich klar, warum die Linken «so ein Drama» machen: Der einzige Grund, weshalb die Hauseigentümer diese beiden Vorlagen durchbringen wollten, sei, dass sie Mieterinnen und Mieter einfacher vor die Tür stellen wollten. «Sonst gibt es keinen Grund!» Denn die Vermieter hätten gemerkt: Bei jedem Mieterwechsel könnten sie ganz einfach die Mieten erhöhen. Badran ruft:
Steinemann hingegen ist überzeugt: Missbräuchliche Untermieten sind ein wirkliches Problem. Mit der medialen Berichterstattung kämen jetzt ganz viele Fälle zum Vorschein. Diese seien wohl nur die «Spitze des Eisbergs». Moderator Brotz will wissen, worauf sie sich bei dieser steilen These stützt. Steinemann sagt nur ausweichend: «Es kommt sehr oft vor.»
Brotz hakt nochmals nach, fragt, ob sie Zahlen hat. Hat sie natürlich nicht. Denn niemand hat Zahlen. Nicht einmal der Bund.
Die Juristin des Mieterverbands, Sarah Brutschin, hat jedoch praktische Erfahrungen mit der Materie. Seit 25 Jahren arbeitet sie bei einer kantonalen Schlichtungsbehörde. Und kann deshalb sagen:
Sie sage nicht, dass es keine missbräuchlichen Untermieten gebe. Aber wenn sie ein grosses Problem wären, hätte sie solche Fälle in der juristischen Praxis zumindest mal zu Gesicht bekommen. Was sie nicht habe. Brutschins Fazit darum:
Trotzdem beharrt Steinemann auf ihrem Argument, wodurch zum Vorschein kommt, worum es ihr eigentlich geht: um die Vermieterinnen und Vermieter. Steinemann sagt:
Im Hintergrund schnaubt und räuspert sich Badran schon. Als sie zu Wort kommen darf, hält sie fest: «Es ist heute schon verboten, mit der Untermiete Gewinn zu machen!» Den Befürwortern gehe es einzig und allein darum, noch mehr Rendite machen zu können, wenn sie den Leuten einfacher künden könnten.
Steinemann hält dagegen: «Es gibt keinen Rausschmiss, um die Mieten zu erhöhen. Das ist eine linkspopulistische Kampagne. Man bauscht diese Kleinstrevisionen völlig auf. Und das nur, weil man ein neues Feindbild hat: der böse Vermieter.»
Als Nächstes kommt von der Pro-Seite das Airbnb-Argument, das gemäss Umfragen viele Stimmberechtigte überzeugen kann. Töngi kann dieses Argument scheinbar nicht mehr hören:
Dabei sei der Hauseigentümerverband derjenige gewesen, der in der Deutschschweiz gegen zahlreiche kantonale Vorlagen gewesen sei, die bereits gegen Airbnb vorgehen wollten.
Darauf hat Feller keine schlaue Antwort bereit. Also muss Brotz nochmals bei Steinemann im Publikum nachfragen. Deren Erklärung legt einmal mehr offen, worum es den Befürworterinnen und Befürwortern eigentlich geht: «Wenn der Eigentümer die Wohnung auf Airbnb vermietet, dann ist er ja auch dafür verantwortlich. Der Eigentümer hat es hingegen nicht mehr im Griff, wenn es der Mieter macht und es ständig Wechsel gibt. Der Eigentümer hat es dann sozusagen aus der Hand gegeben. Das will man verhindern.»
Man will also nicht grundsätzlich verhindern, dass Airbnb für zunehmend knapperen und teureren Wohnraum sorgt. Die Eigentümer wollen mit Airbnb schon gerne weiterhin Cash machen können. Nur die Mieterinnen und Mieter sollen es schwerer haben, ihre Wohnungen über solche Plattformen unterzuvermieten. So kann man die «Konkurrenz» natürlich auch ausschalten.
Mit Airbnb Gewinn erzielen ist für Mieterinnen und Mieter de facto nämlich heute schon verboten. Genauso wie Eigentümer schon heute das Recht haben, ihren Mieterinnen und Mietern zu künden, wenn diese durch Airbnb Gewinn erzielen.
Solche bezeichnenden Antworten gibt Steinemann an diesem Abend auch noch zur zweiten Vorlage, die neue Kündigungsmöglichkeiten bei Eigenbedarf schaffen möchte. Sie sagt etwa:
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Jacqueline Badran, SP
Sehe ich auch so.
Danke.
2 x Nein.