Leben
Review

Abstimmungen über Mietrecht: Bundesrat Guy Parmelin schwänzt SRF-Arena

In der Abstimmungsarena ging es um die beiden Mietrechtsrevisionen. Der zuständige Bundesrat Guy Parmelin glänzte mit Abwesenheit. Seine Parteikollegin, SVP-Nationalrätin Barabara Steinemann, hinderte ...
Anders als seine Ratsgspänli Elisabeth Baume-Schneider und Albert Rösti schwänzte Bundesrat Guy Parmelin die «Arena» zu den bevorstehenden Abstimmungen.bild: screenshot srf arena
Review

Bundesrat Parmelin drückt sich vor Miet-«Arena»: «Hat selbst gesagt, Vorlagen sind falsch»

In der Abstimmungs-«Arena» ging es um die beiden Mietrechtsrevisionen. Der zuständige Bundesrat Guy Parmelin glänzte mit Abwesenheit. Seine Parteikollegin, SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann, hinderte das nicht daran, ihrem eigenen Pro-Lager die Tour zu vermasseln.
09.11.2024, 06:3912.11.2024, 08:33
Mehr «Leben»

Die Schweiz ist ein Land der Mieterinnen und Mieter, heisst es immer so schön. Und das zu Recht: 58 Prozent der Bevölkerung leben zur Miete. Selbst Bundesrat Guy Parmelin gehört zu ihnen. In dieser Abstimmungs-«Arena» glänzte er allerdings mit seiner Abwesenheit. Obwohl es um zwei Abstimmungsvorlagen ging, die unter seine Zuständigkeit fallen. Und für die er im Namen des Bundesrats für ein Ja werben sollte. Namentlich: die Änderung des Mietrechts bei der Untermiete und die Änderung des Mietrechts beim Eigenbedarf.

Moderator Sandro Brotz erklärte gleich zu Beginn der Sendung:

«Der zuständige Bundesrat und Wirtschaftsvorsteher Guy Parmelin ist für diese Sendung nicht verfügbar gewesen. Nicht, weil er sich drückt. Er sagt, dies sei ein Projekt des Parlaments und er wolle niemandem aus dem Parlament einen Platz wegnehmen.»

Dafür waren anwesend:

  • Brigitte Häberli-Koller, Mitte-Ständerätin (TG) und Vizepräsidentin Hauseigentümerverband
  • Olivier Feller, FDP-Nationalrat (VD) und Generalsekretär Fédération romande Immobilière
  • Barbara Steinemann, SVP-Nationalrätin (ZH)
  • Jacqueline Badran, Nationalrätin (ZH), Vizepräsidentin SP und Vorstandsmitglied Mieterinnen- und Mieterverband
  • Michael Töngi, Grüne-Nationalrat (LU) und Vizepräsident Mieterinnen- und Mieterverband
  • Sarah Brutschin, Juristin und Vorstandsmitglied Mieterinnen- und Mieterverband

Jene, die in dieser Sendung die Ja-Parole einnehmen – namentlich FDP-Nationalrat Olivier Feller, Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller und SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann –, haben eine einfache Taktik gewählt: Sie betonen stets, dass sie nicht verstehen können, warum die Linken so ein Drama machen wegen dieser winzig kleinen Änderungen. Änderungen, die allen zugutekommen würden. Vermietern, Mieterinnen, Untermietern.

Olivier Feller findet gar: «Die beiden Vorlagen sind gut für die Allgemeinheit.» Mehr Transparenz, mehr Rechtssicherheit, mehr Fairness würden sie bringen. Und Missbräuche bekämpfen. Insbesondere jene Vorlage zur Änderung bei der Untermiete.

Feller: «Die Vorlagen sind gut für die Allgemeinheit»

Video: srf/arena

Grünen-Nationalrat Michael Töngi kann nur den Kopf schütteln: «Das klingt ja wunderschön. Friede, Freude, Eierkuchen. Für alle ist es gut und alle profitieren.» Aber um zu durchschauen, worum es den Befürwortern wirklich gehe, müsse man das ganze Bild sehen.

Sieben Vorstösse habe die Immobilienlobby in diesem Jahr einzeln im Parlament durchbringen wollen. Dann rattert Töngi herunter:

«Wir hatten diese beiden Vorstösse, in denen es darum geht, dass einfacher gekündet werden kann. Wir hatten einen, der eine höhere Rendite zulassen will, was das Bundesgericht schliesslich schon selbst umgesetzt hat. Und in den anderen Vorstössen ging es darum, dass man die Marktmiete im Gesetz verankert und dass sich die Mieterinnen und Mieter nicht mehr gegen überhöhte Mieten wehren können.»
Michael Töngi, Grüne-Nationalrat

Für Töngi ist klar: Der Hauseigentümerverband und die Immobilienlobby wollen die Rechte der Mieterinnen und Mieter schwächen.

Die Abwesenheit von Bundesrat Guy Parmelin nutzt Töngi gerne, um seine Argumente mit einer These zu untermauern: Der Bundesrat fehle in der Sendung nicht, weil er sich beim Parlament nicht einmischen wolle, sondern weil er solche Vorlagen nicht unterstützen wolle. Töngi fügt an:

«Guy Parmelin hat im Parlament selbst gesagt: Diese Vorlagen sind falsch. Sie sind einseitig und sie schaden den Mieterinnen und Mietern.»
Michael Töngi, Grüne-Nationalrat

Töngi: «Bundesrat hat selbst gesagt, die Vorlagen sind falsch»

Video: srf/arena

Die Gegenseite versucht dagegenzuhalten, dass der Bundesrat die beiden Vorlagen im Abstimmungsbüchlein befürworte. Michael Töngi lässt das nicht gelten: «Es steht im Gesetz, dass der Bundesrat die Meinung des Parlaments bei Abstimmungen unterstützen muss. In der Parlamentsdebatte hat er sich aber vehement gegen diese beiden Vorlagen gewehrt.»

SP-Nationalrätin Jacqueline Badran, die bisher ungewohnt ruhig geblieben ist, wirft ein: «Damit wäre das ja erledigt. Wir können das Thema wechseln.»

Jacqueline Badran macht gleich klar, warum die Linken «so ein Drama» machen: Der einzige Grund, weshalb die Hauseigentümer diese beiden Vorlagen durchbringen wollten, sei, dass sie Mieterinnen und Mieter einfacher vor die Tür stellen wollten. «Sonst gibt es keinen Grund!» Denn die Vermieter hätten gemerkt: Bei jedem Mieterwechsel könnten sie ganz einfach die Mieten erhöhen. Badran ruft:

«Die Mieterinnen und Mieter sind die Milchkühe der Nation!»
Jacqueline Badran, SP-Nationalrätin

Badran: «Man hat gemerkt, es ist ‹gäbig›, bei Mieterwechsel den Mietzins zu erhöhen»

Video: srf/arena

Steinemann hingegen ist überzeugt: Missbräuchliche Untermieten sind ein wirkliches Problem. Mit der medialen Berichterstattung kämen jetzt ganz viele Fälle zum Vorschein. Diese seien wohl nur die «Spitze des Eisbergs». Moderator Brotz will wissen, worauf sie sich bei dieser steilen These stützt. Steinemann sagt nur ausweichend: «Es kommt sehr oft vor.»

Brotz hakt nochmals nach, fragt, ob sie Zahlen hat. Hat sie natürlich nicht. Denn niemand hat Zahlen. Nicht einmal der Bund.

Die Juristin des Mieterverbands, Sarah Brutschin, hat jedoch praktische Erfahrungen mit der Materie. Seit 25 Jahren arbeitet sie bei einer kantonalen Schlichtungsbehörde. Und kann deshalb sagen:

«Bei der Schlichtungsbehörde haben wir praktisch keine Fälle zur Untermiete, und wenn wir Fälle haben, dann betreffen sie nicht die Fragen, welche diese Vorlage klären will.»
Sarah Brutschin, Juristin des Mieterverbands

Sie sage nicht, dass es keine missbräuchlichen Untermieten gebe. Aber wenn sie ein grosses Problem wären, hätte sie solche Fälle in der juristischen Praxis zumindest mal zu Gesicht bekommen. Was sie nicht habe. Brutschins Fazit darum:

«Die heutige Regelung funktioniert gut.»
Sarah Brutschin, Juristin des Mieterverbands

Brutschin: «Wir haben praktisch keine Fälle zur Untermiete»

Video: srf/arena

Trotzdem beharrt Steinemann auf ihrem Argument, wodurch zum Vorschein kommt, worum es ihr eigentlich geht: um die Vermieterinnen und Vermieter. Steinemann sagt:

«Hier werden Untermieter abgezockt! Zulasten von Vermietern. Hier machen die Leute ein gutes Geschäft, ohne dass der Vermieter etwas davon weiss.»
Barbara Steinemann, SVP-Nationalrätin

Im Hintergrund schnaubt und räuspert sich Badran schon. Als sie zu Wort kommen darf, hält sie fest: «Es ist heute schon verboten, mit der Untermiete Gewinn zu machen!» Den Befürwortern gehe es einzig und allein darum, noch mehr Rendite machen zu können, wenn sie den Leuten einfacher künden könnten.

Steinemann hält dagegen: «Es gibt keinen Rausschmiss, um die Mieten zu erhöhen. Das ist eine linkspopulistische Kampagne. Man bauscht diese Kleinstrevisionen völlig auf. Und das nur, weil man ein neues Feindbild hat: der böse Vermieter.»

Steinemann: «Linkspopulistische Kampagne!»

Video: srf/arena

Als Nächstes kommt von der Pro-Seite das Airbnb-Argument, das gemäss Umfragen viele Stimmberechtigte überzeugen kann. Töngi kann dieses Argument scheinbar nicht mehr hören:

«Dass ihr immer auf diesem Airbnb herumhackt!»
Michael Töngi, Grüne-Nationalrat

Dabei sei der Hauseigentümerverband derjenige gewesen, der in der Deutschschweiz gegen zahlreiche kantonale Vorlagen gewesen sei, die bereits gegen Airbnb vorgehen wollten.

Töngi: «Wer war gegen die Airbnb-Regulierung? Der HEV!»

Video: srf/arena

Darauf hat Feller keine schlaue Antwort bereit. Also muss Brotz nochmals bei Steinemann im Publikum nachfragen. Deren Erklärung legt einmal mehr offen, worum es den Befürworterinnen und Befürwortern eigentlich geht: «Wenn der Eigentümer die Wohnung auf Airbnb vermietet, dann ist er ja auch dafür verantwortlich. Der Eigentümer hat es hingegen nicht mehr im Griff, wenn es der Mieter macht und es ständig Wechsel gibt. Der Eigentümer hat es dann sozusagen aus der Hand gegeben. Das will man verhindern.»

Man will also nicht grundsätzlich verhindern, dass Airbnb für zunehmend knapperen und teureren Wohnraum sorgt. Die Eigentümer wollen mit Airbnb schon gerne weiterhin Cash machen können. Nur die Mieterinnen und Mieter sollen es schwerer haben, ihre Wohnungen über solche Plattformen unterzuvermieten. So kann man die «Konkurrenz» natürlich auch ausschalten.

Mit Airbnb Gewinn erzielen ist für Mieterinnen und Mieter de facto nämlich heute schon verboten. Genauso wie Eigentümer schon heute das Recht haben, ihren Mieterinnen und Mietern zu künden, wenn diese durch Airbnb Gewinn erzielen.

Steinemann ist (zu) ehrlich

Video: srf/arena

Solche bezeichnenden Antworten gibt Steinemann an diesem Abend auch noch zur zweiten Vorlage, die neue Kündigungsmöglichkeiten bei Eigenbedarf schaffen möchte. Sie sagt etwa:

«Man hat versucht, ein wenig eine Praxisänderung vorzunehmen, zugunsten vom Eigentümer. Mit der neuen Formulierung hofft man dann, dass der Richter ein bisschen mehr zugunsten des Eigentümers entscheiden wird.»

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Mehr zum Thema:
    DANKE FÜR DIE ♥
    Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
    (Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
    5 CHF
    15 CHF
    25 CHF
    Anderer
    Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
    Möbel, die garantiert in jeder Wohnung ein Hingucker sind
    1 / 34
    Möbel, die garantiert in jeder Wohnung ein Hingucker sind
    Weil jeder einen 0815-Sessel kaufen kann.
    Auf Facebook teilenAuf X teilen
    Mietrecht – Darüber stimmst du bald ab
    Video: watson
    Das könnte dich auch noch interessieren:
    Hast du technische Probleme?
    Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
    176 Kommentare
    Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
    Die beliebtesten Kommentare
    avatar
    N. Y. P.
    09.11.2024 07:01registriert August 2018
    Der einzige Grund, weshalb die Hauseigentümer diese beiden Vorlagen durchbringen wollten, sei, dass sie Mieterinnen und Mieter einfacher vor die Tür stellen wollten.
    Jacqueline Badran, SP

    Sehe ich auch so.

    Danke.

    2 x Nein.
    24115
    Melden
    Zum Kommentar
    avatar
    Chris_A
    09.11.2024 07:20registriert Mai 2021
    SVP vertreten Vermieter und SP vertreten Mieter. Also warum wählt ein Mieter SVP? Manchmal bleibt nur Kopfschütteln.
    18712
    Melden
    Zum Kommentar
    avatar
    Fairness
    09.11.2024 07:25registriert Dezember 2018
    Mein 2 x Nein habe ich schon anfangs Woche abgesandt.
    1428
    Melden
    Zum Kommentar
    176
    Folge 6 liefert schöne Bilder! Und eine Weisheit von Princess Kate
    Badewannen! Glitzer! Hier kommt viel, viel Ablenkung von diesen trüben Tagen.

    Ach Leute, neben den vielen grossen traurigen Dingen, die auf der Welt geschehen, gibt es auch noch so viele kleine traurige Dinge, und man fragt sich bang, wo das Glück denn überhaupt noch ein Zuhause haben soll. Bis jetzt dachten wir doch, das Glück wohnt in diesem süssen schiefen britischen Häuschen, das eigentlich Kate Winslet gehört, aber vorübergehend von Cameron Diaz bewohnt wird, die sich dort in Jude Law verliebt. Ihr wisst schon, «The Holiday», einer der meistgesehenen Weihnachtsfilme neben dem Dreierlei von der Sissi und dem Film von dem armen Mädchen, das auch noch einen Schuh verliert, aber am Ende aus lauter sozialer Gerechtigkeit den Prinzen kriegt.

    Zur Story