Pro/Contra Feuerwerk
Feuerwerk! Es ist schwierig, nicht lyrisch zu werden: Feuerwerk, das ist visualisierte Lebensfreude, Fanal der lustvollen Verschwendung, prachtvolle Illustration der Vergänglichkeit. Und Provokation für Miesepeter, Tugendwächter, Gesundheitsapostel; all die vernünftigen Mahner und Warner, die uns allenthalben mit erhobenem Zeigefinger den Weg zum Guten weisen.
Das Schlimme daran: Sie haben ja recht. Sie haben immer recht, und das macht sie so unerträglich. Nicht nur beim Feuerwerk, auch beim Alkohol, beim Tabak, überall. Kühl und rational bringen sie ihre Argumente vor und engen unseren Spielraum immer weiter ein, denn was wir tun, ist schädlich. Schlecht für Umwelt, Tiere, für uns selbst.
Aber ist es denn wirklich so schlimm, dieses böse Feuerwerk? Nehmen wir den Feinstaub: Stimmt, ein fettes Feuerwerk wie am 1. August pustet so viel Feinstaub in die Luft, dass kurzzeitig die Tagesgrenzwerte überschritten werden können. An den jährlichen Gesamtemissionen haben Feuerwerke indes nur einen geringen Anteil: ein bis zwei Prozent, sagt das Bafu. Vom CO₂ reden wir mal gar nicht, dieser Anteil ist verschwindend klein.
Und wie steht es um den Lärm? Da gibt's doch diese Böller, die extrem laut und gefährlich sind. Die sind aber eh schon verboten. Und den Krach, den die Feuerwerkskörper verursachen, die uns diese grandiosen Lichtgemälde an den Nachthimmel zaubern, den stellt ein heftiges Gewitter mit seinen Donnerschlägen schnell mal in den Schatten.
Apropos Donner: Mag sein, dass manche Tiere panisch auf Feuerwerk reagieren. Meine beiden Katzen kriechen jedoch nicht unters Sofa, wenn es am 1. August im Quartier knallt – sondern weit eher, wenn es mal kräftig blitzt und donnert. Was übrigens häufiger vorkommt als Feuerwerk, das beschränkt sich nämlich auf wenige Anlässe im Jahr. Diese doch sehr sporadische Belastung könnte übrigens Igel und andere Wildtiere in den Tod treiben, heisst es. Mir scheint der Konjunktiv hier angebracht.
Bleiben noch die Kosten. In der Tat, Feuerwerk ist ein teures Vergnügen, und ein flüchtiges obendrein. Es erfüllt locker den Tatbestand der Verschwendung. Und genau dies macht einen Teil seiner Faszination aus – es ist die Antithese zur alltäglichen Erbsenzählerei. Feuerwerk hat etwas vom Rausch, und der rechnet auch nicht.
Und wie jeder Rausch ruft auch Feuerwerk Missgünstige auf den Plan, die das unvernünftige Treiben verbieten wollen. Sicher, der Bannstrahl soll nur lautes Feuerwerk treffen. Doch das ist Salamitaktik. Auf dieses Verbot wird das nächste folgen, mit denselben Argumenten.
Die Verbotsseligen werden nicht ruhen, bis sie den kleinen Leuten eine Freude mehr weggenommen haben, weil sie pfui ist. Und vielleicht auch, weil sie sich selbst nicht daran erfreuen können.
Beim Fleischkonsum mögen die Befürwortenden mit den Nährstoffen argumentieren. Bei Flugreisen mit der Horizonterweiterung und bei Zoos mit dem Arterhalt. Na gut.
Was das Ablassen von Feuerwerk betrifft, gibt es keinen einzigen auch nur ansatzweise nachvollziehbaren Grund, weshalb diese schon immer unsinnige Tradition weiterhin existieren sollte.
Böller, Heuler und Raketen schaden der Natur, den Menschen und den Tieren. Die Feinstaubfreisetzung ist enorm, der anfallende Abfall und die Lärmbelastung ebenso. Während Haustiere primär in Panik geraten, kann die irrwitzige Knallerei für Wildtiere tödliche Folgen haben. Ein paar Beispiele:
– Fluchttiere wie Rehe oder Hasen können in Panik vor ein Auto springen.
– Igel können aus dem Winterschlaf gerissen werden. Die dadurch verbrauchte Energie fehlt am Ende des Winters und kann zum Tod von Igeln führen.
– Pferde können beim Ablassen von Feuerwerk in Panik durchdrehen und sich dabei schwer verletzen.
– Vögel können in Panik mit Fassaden kollidieren. Ebenso kann Feuerwerks-Stress die Fortpflanzungsrate bei Vögeln reduzieren.
Nebst den erwähnten Schäden mutet der angebliche Feuerwerksspass noch absurder an, wenn man bedenkt, wie kurz er dauert. Für eine Feuerwerksbatterie, welche die Minutenmarke knackt, muss schon ordentlich Zaster hingeblättert werden.
Jede andere Aktivität mit einem derart bescheidenen Kosten-Nutzen-Verhältnis wäre längst nur noch Teil eines Museums.
Zum Glück findet in der Bevölkerung ein Umdenken statt. Im Herbst 2023 wurde die Initiative zur Einschränkung von Feuerwerk mit 137'193 Unterschriften eingereicht und für gültig erklärt. Aktuell wird sie im Parlament beraten. Die Vorlage verlangt, dass der Verkauf und die Verwendung von Feuerwerkskörpern, die Lärm erzeugen, verboten werden.
Eine repräsentative Umfrage von watson zeigt: 76 Prozent sind (eher) für die Initiative. Nur 21 Prozent sind klar dagegen. Auf ähnliche Zahlen kommt eine Erhebung von gfs.bern.
Dass Traditionen für Gemeinschaften wichtig sind, bestreitet niemand. Deswegen richtet sich die Feuerwerksinitiative nur an pyrotechnisches Material, das Lärm erzeugt. Vulkane, Wunderkerzen, bengalische Feuer, römische Lichter etc. sind weiterhin erlaubt.
Auch auf Feuerwerk, das Lärm verursacht, muss nicht gänzlich verzichtet werden. An bedeutenden öffentlichen Anlässen soll es – vorbehaltlich einer Bewilligung – weiterhin erlaubt sein.
Eine Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie Rituale und Gewohnheiten hinterfragt – und, wo nötig, Justierungen vornimmt. Wenn wie bei Feuerwerk so viele Bestandteile des Lebens belastet sind, ist ein Verbot absolut angebracht.
Gehen wir zurück zu echter Tradition: Lampions, Fahnen, Grillieren, gemütliches Beisammen sein…
Abgesehn davon hat Feuerwerk nie etwas mit 1. August zu tun gehabt. Das waren Teelichter und Lampione. Das Feuerwerk kam erst später dazu. Völlig unnötige Umweltverschmutzung. 320 TONNEN Feinstaub werden in der Schweiz jährlich durch Feuerwerk freigesetzt.