Lydia steht ganz hart auf Doctor Bob. Sie streichelt sein Bild an der Wand. Sagt, dass er ja nur auf dem Papier verheiratet sei, aber sonst so gut wie nicht mehr, auch wenn der Rest der Welt dies verneint. Er wirke wie Balsam auf ihre Seele, sagt sie, und: «Immer wenn er da ist, bin ich wie verzaubert.» Und dann auch noch ein Doktor! Lydias Mutter wird so glücklich sein! Lydia ist 30. Doctor Bob ist 70. «Never ever, ever, ever» lasse er sich von Lydia abschleppen, sagt er.
Lydia könnte sich allerdings auch Lars, 31, vorstellen: «Also optisch gesehen, ist der schon ein richtiger Mann!» Objektiv gesehen aber nicht für Lydia. Lars gewann in der ersten Staffel von «Prince Charming» die «letzte Krawatte», war ein Jahr lang mit dem Prinzen zusammen, sie wollten heiraten und Kinder, doch dann geschah das Unfassbare, das andern Celebs never ever, ever, ever geschieht: Trennung! Schuld daran: «Die Öffentlichkeit» (Lars).
Lydia schreit, schlägt und masturbiert gerne. Alles völlig unvermittelt und zu jeder Tageszeit: «Das ist mein absoluter Lieblingsort, der Schnatz.»
Bea ist 63 und hat folgende Selbstwahrnehmung: «Ich sach ja, ich seh aus wie 48, maximal.» Bea ist Kettenraucherin, Ex-«Lustkomödien»-Schauspielerin, Ex-«Playboy»-Model, Ex-Alkoholikerin und Ex-Verdienerin. Sie ist hier, weil sie all ihr Geld auf Ibiza und in München verprasst hat und jetzt jeden Tag in ihrer Einzimmerwohnung weint.
Bea gibt Lydia Tipps, wie sie Doctor Bob umgarnen könnte, nämlich mit ihrem Charme, ihrer Schönheit und unter allen Umständen mit offenen, nicht verschränkten Armen.
Lars, ein Gschpürschmi-Hirsch der sensibelsten Sorte, und Bea, eine Granate der Selbstgerechtigkeit, geraten aneinander. Lars will Bea nicht an seiner Zigarette ziehen lassen, weil a) Regelverstoss, b) grusig.
Lars: «Eigenbedarf, Bea!»
Bea: «Ja, du bist eigendoof. Eigenbedarf, Arschloch, du Ohrfeigengesicht.»
Lydia: «Was hat sie gesagt?»
Bea: «Ohrfeigengesicht.»
Lars: «Bitteschön. Nehm ich halt Schabrackentapir!»
Bea: «Eigenarschbedarf! Ich hasse Leute, die geizig sind! Larsch, Arschloch! So kann man sich Feinde machen, mit Geiz. Ich, ich, ich!»
Lars: «Du bis ein abgefuckter Schabrackentapir aus den 90ern!»
Wo sind wir schon wieder? Ach, im Dschungelcamp natürlich! Genauer in dessen Zombie-Ausgabe 2021. Unter normalen Umständen wird so ein Dschungelcamp ja in Australien gedreht. Im Bundesstaat New South Wales. Aber: nix da, Corona! Deshalb hätte es eigentlich nach Wales umziehen sollen, also nach Grossbritannien. Aber: auch da Corona!
Deshalb musste es daheim bleiben. Also in Deutschland. Also in Hürth. Einem Ort, der an Frechen, Kerpen, Erftstadt, Brühl und Köln (schon gehört) grenzt. Genauer in einer Halle im Hürther Industriegebiet. In der Halle stehen ein paar Dschungelpflanzen und ein 18 Quadratmeter grosses Tiny House. Wieso? Damit sich die Kandidatinnen und Kandidaten dort total auf den Wecker gehen können.
Aber wie wohnen die 12, die mitmachen, auf 18 Quadratmeter? Tun sie nicht! Nur immer 3 von ihnen aufs Mal. Also 4 mal 3 für jeweils 3 Tage, Lydia, Lars und Bea sind Guppe 2, von der ersten weiss ich nichts mehr, da bin ich eingeschlafen. Von jeder Gruppe fliegt jemand raus, dann sind's noch 8, die werden wieder in zwei Vierergruppen geteilt, und so weiter, bis jemand siegt und 2022 mit nach Australien darf.
Die Prüfungen sind so halbeklig, und eine Hürther Fleischereifachangestellte hat auch schon in einem Interview gesagt, dass sie beim besten Wilen keine Känguruhoden im Angebot habe. Und weil RTL schnell gemerkt hat, dass es so keine Sendezeit füllen kann, werden jeden Abend auch noch ein paar Dschungelcamp-Altstars zu Sonja Zietlow und Daniel Hartwich geladen und erzählen, wie sehr die Teilnahme an der legendären 2., 4., 7. oder x-ten Staffel ihre Karriere befeuert habe, obwohl sich seit Jahren niemand mehr an sie erinnert. Dazu gibt es viertelstündige Rückblenden auf jene Staffeln.
Es ist ein Exzess des Widerkäuens und Zerdehnens. Und es ist, als würden sämtliche Früchteteller aus sämtlichen «Bachelor»-Staffeln ein Klassentreffen abhalten und sich nichts, aber wirklich absolut gar nichts zu sagen haben.