Er war kein Kostverächter: Der 18-jährige Cyril aus «Jung, wild & sexy» wollte am liebsten immer «zwei mit nach Hause nehmen», wenn eine Frau «Holz vor der Hütte» hatte, dann «reichte ihm das» und sein Leitspruch lautete: «Ran an die Möpse». Zusammen mit dem leicht cholerischen und auf Bauland fixierten Tobias und der Partynudel Pringles bildete er das Aargauer Trio infernale der pubertären Trash-Fremdschäm-Serie von «3plus».
Sechs Jahre später: Ein Reporter von «SRF Virus» begibt sich auf die Spuren des inzwischen 24-jährigen Landwirten und landet im hintersten Aargauer Krachen: Wittnau.
Und siehe da, der nie um einen dummen Spruch verlegene Cyril wartet mit überraschenden Bekenntnissen auf:
Oh, Cyril ganz nachdenklich, reflektiert, vorsichtig denkend. Fast scheint sie ihm ein wenig schwer zu fallen, diese neuartige Beschäftigung. Dank den schmalen Brillengläsern geht es aber einigermassen. Nur das mit den Augen, das plagt ihn noch immer: Wenn man ihm zuschaut, hat man das Gefühl, ein verängstigtes Tier zu sehen. Der Sucher der Kamera scheint für den unfreiwilligen Carharrt-Werbebotschafter noch immer mehr Scharfschützen-Laserpointer als Verheissung von Ruhm, Ehre und kreischenden Mädchen mit grellbunten Spaghetti-Schnur-BHs. Cyril im Scheinwerferlicht. Behagen tut es ihm nicht.
Später, als der Reporter und der Ex-TV-Star auf einer Bank sitzen und den Blick über Cyrils Heimatdorf schweifen lassen, bricht es dann aber doch aus ihm heraus, das überbordende Selbstbewusstsein, das irgendwo in diesem pummeligen Jungmann schlummert.
Und:
Und er hat ja recht. Wer erinnert sich denn noch an die Zürcher, die Basler, die Luzerner und all die anderen Knallköpfe, die sich vor der Kamera bereitwillig zu den hochnotpeinlichsten Aktionen hinreissen liessen, wahrscheinlich mit freundlicher Ermunterung durch das Kamerateam.
Cyril hingegen machte immer ein wenig den Eindruck, als ob er gar nicht hier sein möchte, als ob er nur durch eine fiese Laune des Schicksals in diesen tristen Szenerien (Schaumparty im Aargau, Pool-Planscherei in Lloret de Mar, you name it) gelandet sei und nur wieder aus dem verwunschenen Kamerawald herausfindet, wenn er brav die vorgestanzten Sätze seiner mit Clipboard und Kopfhörer bewaffneten Geiselnehmer abspult: «Brüste! Alkohol! Autos! Haargel!»
Aber vielleicht tut man Cyril damit auch Unrecht. Vielleicht wusste er genau, was er tat und sagte und was seine Taten und Worten (mehr Worte als Taten) auslösten. Und vielleicht sind die Brüste, Haargels und Autos ja tatsächlich tief in Cyril drin, Antrieb und Klebstoff seines Daseins.
Irgendwie hat er ja recht. Schon wieder. Im Gegensatz zu allen anderen traut er sich das auszusprechen, was alle manchmal denken, aber aus Rücksicht auf Konvention, Sitte und den eigenen guten Ruf verschweigen.
Ein Hoch auf die entwaffnende Ehrlichkeit. Und auf Cyril, den Jungen, der uns auch sechs Jahre nach einem eigentlich vergessenswürdigen Fernsehauftritt zum Nachdenken anregt.