Mit der Reform der beruflichen Vorsorge will die Politik mehrere Fliegen mit einer Klatsche schlagen: Die lange kritisierte Umverteilung zwischen Erwerbstätigen und Rentnern soll endlich beendet werden. Dafür würde der Mindestumwandlungssatz gesenkt. Weiter sollen Personen mit wenig Einkommen in der zweiten Säule besser oder überhaupt erst versichert werden.
Im Grundsatz befürworten die meisten Pensionskassen diese Massnahmen oder können mit ihnen leben – auch wenn die bessere Versicherung von tiefen Löhnen die Arbeitgeber einiges kosten wird.
Und doch ist die Unterstützung der Branche maximal halbherzig. Das Pièce de Résistance sind die Kompensationen. Weil die Senkung des Umwandlungssatzes zu tieferen Renten führt, soll die Lücke gefüllt werden. Betroffen von Renteneinbussen sind Erwerbstätige mit eher tiefem Lohn (bis 88'200 Franken) oder tiefen Arbeitspensen, die obligatorisch versichert sind. Das sind je nach Schätzung zwischen 15 und 30 Prozent der Versicherten.
Profitieren von einem Rentenzustupf würde aber rund die Hälfte aller Neurentnerinnen und Neurentner, die ab Umsetzung der Reform innerhalb von 15 Jahren in Pension gehen und ein Vorsorgevermögen von maximal 441'000 Franken besitzen.
Die Schweizerischen Pensionskassenexperten – die Puristen der beruflichen Vorsorge – hätten sich eine Kompensation nur für jene gewünscht, die tatsächlich von der Reform betroffen sind. Im Jargon spricht man vom «Anrechnungsprinzip». Jede Pensionskasse kann relativ einfach berechnen, wer durch die Senkung des Umwandlungssatzes wie viel Rente einbüsst und wie sich diese Lücke wieder füllen lässt.
Doch die Politik legte einen neuen Massstab fest und wollte Zückerchen an möglichst viele verteilen, um die politischen Chancen für die Reform zu erhöhen: Jede Person mit tiefem Vorsorgevermögen hat Anspruch auf einen Ausgleich – unabhängig davon, was der Grund für das tiefe Alterskapital ist.
In der Realität drückt sich das so aus: Eine Lehrerin arbeitete sechs Jahre auf dem Beruf und wird dann Mutter. Da der Ehepartner stets viel verdiente, arbeitete die Lehrerin ab 50 sporadisch als Aushilfskraft. Dank der üppigen Pensionskassenrente des Ehepartners wäre genügend Geld fürs Alter vorhanden. Doch die Lehrerin erhält nun ganz unverhofft einen Zustupf von bis zu 200 Franken pro Monat, weil sie über ihr ganzes Leben nur ein kleines Vorsorgevermögen hat ansparen können.
Nebst unverdienter Profiteure gibt es auch Verlierer: Gerade Personen, die über 70'000 Franken pro Jahr verdienen, könnten trotz Rentenzustupf eine Einbusse erfahren.
Noch schärfer wird die Finanzierung des Rentenzustupfs kritisiert: Die meisten Pensionskassen haben in den letzten Jahren die Umwandlungssätze senken müssen, um die längere Rentenzeit und die schwierige Anlagesituation an den Finanzmärkten auszugleichen.
Um das Rentenniveau der Versicherten zu erhalten, haben viele Pensionskassen zusätzliche Mittel eingeschossen. Darum stellen sie sich heute auf den Standpunkt, die Arbeit gemacht zu haben. Weil der Rentenzuschlag aber weitgehend solidarisch finanziert wird, müssen sämtliche Pensionskassen abermals einen Beitrag leisten – und dies, obwohl die meisten keine Rentensenkungen ausgleichen müssen.
Anhand des Beispiels der Migros-Pensionskasse lässt sich das veranschaulichen. Stand heute hätten von den rund 50'000 Versicherten nur 23 eine Renteneinbusse wegen des tieferen Umwandlungssatzes. Doch bis zu 8000 Versicherte könnten von einem Rentenzuschlag profitieren. Allerdings müsste die Migros-PK unter dem Strich 4,4 Millionen zusätzlich in den Sicherheitsfonds einzahlen.
Viele Pensionskassen haben diese Rechnung gemacht. Die allermeisten zahlen mit der Reform drauf. Insgesamt werden rund 11,3 Milliarden Franken neu verteilt. Nicht alle Pensionskassen verfügen über genügend Reserven, um den Beitrag zu berappen. Dieser müsste mit 0,24 Lohnprozenten auf den erweiterten koordinierten Lohn bei den Arbeitnehmenden erhoben werden.
Diese neue Quersubventionierung stösst vielen Pensionskassen sauer auf. Hinzu kommen viele ungelöste Fragen in der Umsetzung, die sich als äusserst kompliziert und aufwendig erweist.
Und trotzdem stimmte eine Mehrheit der Mitglieder im Pensionskassenverband ASIP «unter Abwägung der Vor- und Nachteile» für die Reform, wie dieser vor einem Jahr mitteilte. «Zweifellos gewinnt die BVG-Vorlage keinen Schönheitspreis», gab sich der Verband damals kritisch. Aus einer Gesamtsicht unterstützte der ASIP aber den Kompromiss. Die Aufhebung einer Ungerechtigkeit, die bei der Umverteilung von Erwerbstätigen und Rentnern im Obligatorium weitergeht, sowie die bessere Versicherung von Teilzeitbeschäftigten führe letztlich zur Stärkung der zweiten Säule. Und das ist letztlich im Interesse des Pensionskassenverbands. (aargauerzeitung.ch/ear)
Man erhält Geld, das man nie einbezahlt hat, in einem System das so nicht vorgesehen ist PUNKT Das ist unsolidarisch.
Nun wird wieder, wie bei der 13. AHV-Rente, Geld an alle verschenkt ... aber ich werde wohl JA-Stimmen. Den Glauben an eine gute Lösung habe ich längst aufgegeben.