Der Klimawandel macht dir Angst? Dann guck mal, wen du (nicht) wählen solltest
Der Ruf nach Umweltschutz und Massnahmen gegen den Klimawandel schallt in Hinblick auf die Nationalratswahlen im Oktober aus (fast) allen Schweizer Parteizentralen. Im Tenor unüberhörbar singt auch die FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi mit. Sie betont in einem Interview mit Tamedia-Zeitungen, die FDP sei keine klimafeindliche Partei: «Der Umweltschutz gehört eigentlich zur DNA des Freisinns».
Gehört der Umweltschutz tatsächlich zur DNA des Freisinns? Oder handelt es sich bei der Aussage nur um heisse Luft? Und wie sieht es bei den anderen Parteien aus?
Die Webseite ecorating.ch erfasst das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier in Umweltfragen und damit das tatsächliche Verhalten der Politiker während des Tagesgeschäfts. Also auch dann, wenn der mediale Fokus nicht auf Bundes-Bern gerichtet ist. Die Methoden der Erhebung sind transparent und können hier eingesehen werden.
Nun.
Mit 24% umweltfreundlichem Wahlverhalten hat die FDP den Umweltschutz vergleichsweise wenig «in der DNA». Unterboten wird sie nur noch von der SVP. Auch die CVP entscheidet sich im Zweifelsfall gegen die Natur (47% aller CVP-Voten waren nicht umweltfreundlich).
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War das Jahr 2018 ein spezielles Jahr? Eine einmalige «bsoffne Gschicht»?
Umweltfreundliches Stimmverhalten in den Jahren 2016, 2017 und 2018
Nein.
In Sachen grüner Politik existiert in der Schweiz seit Jahren eine Dreiklassengesellschaft. Die Grünen, die SP und die GLP stimmen konsequent «pro Natura». Die BDP und die CVP sind Öko-Flexitarier. Die FDP und die SVP hingegen schmettern im Nationalratssaal in der Regel Umweltschutz und Massnahmen gegen den Klimawandel ab.
Und was macht Parteipräsidentin Gössi?
- Sie stimmte am 31.11.2017 (in-) direkt für die Senkung der Mittel für das Bundesamt für Umwelt.
- Sie stimmte am 8.3.2018 gegen den Zulassungsstopp für Dieselfahrzeuge mit zu hohem Schadstoffausstoss.
- Sie stimmte am 13.6.2018 bei Aufträgen der öffentlichen Hand gegen die bevorzugte Berücksichtigung von Firmen, welche Umweltschutzbestimmungen einhalten.
- Sie stimmte am 14.6.2018 gegen Transparenz beim Rohstoffhandel.
- Sie stimmte am 15.3.2018 gegen verbindliche Zielvorgaben zur Verringerung von Lebensmittelverlusten sowie gegen die Festlegung konkreter Massnahmen. Wir erinnern uns. Die Reduktion von Essensabfällen gehört (zum Erstaunen von so manchen Menschen) zu den wichtigsten Massnahmen im Kampf gegen den Klimawandel.
- Sie stimmte am 25.9.2017 für die Abschaffung des Gebäudeprogramms.
- Sie lehnte am 3.5.2017 ab, dass der Bundesrat beauftragt wird, regulatorische und steuerliche Massnahmen zu prüfen, mit denen die Abkehr von Erdöl als Brenn- und Treibstoff umgesetzt werden kann.
- Sie stimmte am 25.9.2017 für die Streichung der Schweizer Inland-CO2-Reduktionsziele.
- Sie stimmte am 14.3.2017 dafür, die CO2-Ziele für Neuwagen wieder zu lockern.
- Sie wollte am 2.3.2017 die Einhaltung der Schweizer Klimaschutzziele von −50% auf −40% reduzieren (bis 2030 auf das Niveau von 1990).
- Sie stimmte am 2.3.2016 gegen die vorgeschlagenen Richtwerte für den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Dies sind nur elf der drastischsten Fälle, bei denen sich die Parteipräsidentin der FDP gegen den Umweltschutz und gegen Massnahmen, den Klimawandel einzudämmen, entschied.
Zu den Abstimmungen, in denen sich Petra Gössi für eine umweltfreundliche Politik einsetzte, gehören:
Mit ihrem Abstimmungsverhalten befindet sie sich allerdings unter dem FDP-Durchschnitt. Mit einer leichten Tendenz in den letzten Jahren zu mehr Umweltschutz.
Ob das reicht, zu behaupten, die FDP habe den Umweltschutz in der DNA?