Offiziell bestätigen mag es Anian Liebrand, der Koordinator des Trägervereins «Nein zur Ehe für alle» nicht. Doch es ist klar: Das Referendum gegen die «Ehe für alle» kommt an die Urne. Gemäss watson-Recherchen werden die Gegner die dafür notwendigen 50'000 Unterschriften am Montag bei der Bundeskanzlei einreichen.
Unter anderem erlaubt die «Ehe für alle» homosexuellen Paaren die Adoption und lesbischen Paaren den Zugang zu Samenspenden. Ein Komitee um SVP- und EDU-Politiker erzwingt nun einen Volksentscheid.
Der Weg war mit Hindernissen gepflastert – nicht nur, weil das Coronavirus das Sammeln erschwerte. Der Verein «Nein zur Ehe für alle» bekundete grosse Mühe, ein Konto zu eröffnen, um die finanziellen Angelegenheiten abzuwickeln. Eine Zusage erhielt er letztlich von Postfinance, nachdem er bei mehreren Banken abgeblitzt war.
Gegen eine Absage geht der Trägerverein nun juristisch vor. Er hat vor wenigen Tagen bei der Staatsanwaltschaft Zug eine Strafanzeige eingereicht gegen die Raiffeisenbank Zug wegen eines Verstosses gegen das Diskriminierungsverbot, wie Vizepräsident Christoph Keel auf Anfrage bestätigt. Keel betonte im Austausch mit der Bank, der Verein und dessen Vorstandsmitglieder seien heterosexuell orientiert.
Der Verein moniert, Raiffeisen habe ihm aus diesem Grund kein Konto gewährt – und wegen der religiösen Überzeugung, wonach die Ehe Mann und Frau vorbehalten sei. Keel ist auch Sekretär des Vereins Human Life International, der unter anderem gegen die Abtreibung und die assistierte Fortpflanzungsmedizin kämpft.
Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung ist seit Mitte letzten Jahres strafbar. Wer eine für die Allgemeinheit bestimmte Leistung wegen der Rasse, Ethnie, Religion oder der sexuellen Orientierung verweigert, macht sich schuldig. Gemäss Keel habe der zuständige Bankmitarbeiter das «Njet» gar nicht oder ausweichend begründet und immer wieder Rücksprache mit seinen Vorgesetzten genommen. Mündlich habe er ein «Reputationsrisiko» genannt, ohne dieses genauer darzulegen.
Auch die Kommunikationsabteilung der drittgrössten Schweizer Bank erläutert auf Anfrage nicht, weshalb ihr Ruf leiden könnte. Ein Sprecher schreibt: «Im Einzelfall liegt der Entscheid über die Eröffnung oder Beendigung einer Geschäftsbeziehung im Rahmen der Vertragsfreiheit bei den eigenständigen Raiffeisenbanken.» Man kann nur spekulieren: Fürchtete sich die Bank vor einem Shitstorm, weil sie mit konservativen Kräften geschäftet?
Der Verein «Nein zur Ehe für alle» betrachtet das Argument des Reputationsschadens als vorgeschoben. «Der Ruf, ein ehrbares Rechtssubjekt zu sein, wird nicht geschädigt, wenn eine Bank einem Verein, der sich für das von der grossen Mehrheit gepflegte klassische Familienmodell mit Mann und Frau einsetzt, eine Kontobeziehung gewährt», heisst es in der Strafklage. Keel weist zudem daraufhin, dass die Raiffeisen diversen Homosexuellen-Organisationen Konti gewährt. «Das stört mich nicht. Aber die Ungleichbehandlung ist nicht korrekt», sagt Keel.
Wie stehen die Chancen, dass die Raiffeisen wegen eines Verstosses gegen das Antidiskriminierungsgesetzes verurteilt wird? Der Freiburger Strafrechtsprofessor Marcel Niggli ist skeptisch. Das geltend gemachte Reputationsrisiko beziehe sich wohl nicht auf die sexuelle Orientierung des Vereins, sondern auf dessen politische Tätigkeit. Zudem verlange die Strafnorm, dass eine Minderwertigkeit oder Herabsetzung geltend gemacht werde. Das scheine ihm im vorliegenden Fall offensichtlich nicht zutreffend.
Abseits von der strafrechtlichen Beurteilung des Falls stellt Niggli fest, dass verweigerte Kontoeröffnungen wegen Reputationsrisiken in letzter Zeit gang und gäbe geworden seien. Der Fall mit der Raiffeisenbank und dem Vereine «Nein zur Ehe für alle» sei nicht aussergewöhnlich.
So berichtete diese Zeitung im vergangenen Januar über die Zürcher Kantonalbank, die Ludwig Minelli, dem Chef der Suizidhilfeorganisation Dignitas, ein Privatkonto verweigerte, weil sie diese Geschäftsbeziehung als Risiko einstufte. Minelli trug den Fall vor das Zürcher Zivilgericht. Am Schluss einigten sich die Bank und Minelli, er erhielt ein Konto.
Über einen ähnlich gelagerten Fall schrieb neulich «Die Weltwoche». Die Firma Raise Now AG, Partnerin von Twint, lehnte es ab, eine Spendenaktion der SVP Ortssektion Oetwil am See zu Gunsten von coronagebeutelten Beizen abzuwickeln. Der Grund: Das aktuelle Parteiprogramm der SVP und Handlungen einzelner Parteiexponenten stünden im klaren Widerspruch zu den Grundsätzen und Richtlinien der Firma. Die SVP Oetwil fand doch noch Asyl für ihr Vorhaben – bei der Raiffeisenbank Rapperswil-Jona notabene.
Das finde ich irgendwie paradox.
Das ist völlig falsch, der Verein setzt sich überhaupt nicht FÜR etwas ein, er ist nur GEGEN die Ehe für alle, was das klassische Familienmodell überhaupt nicht tangiert, sondern lediglich erweitert. Es wird damit niemandem etwas weggenommen!
Mal abgesehen davon, dass dieses "klassische Familienmodell" wohl schon lange nicht mehr von einer grossen Mehrheit gepflegt wird, man schaue sich nur mal die Anzahl Alleinerziehender und der Anteil geschiedener Ehen an...