Schweiz
Basel

Homophober Angriff an Pride Walk in Basel

Flavio Miletta führte den Pride Walk in Basel an. Dabei wurde er angegriffen, sagt er.
Flavio Miletta führte den Pride Walk in Basel an. Dabei wurde er angegriffen, sagt er.Bild: zvg

Homophober Angriff an Pride Walk in Basel

Flavio Miletta lief an der Spitze der Veranstaltung «Basel tickt bunt». Dann wurde er homophob angegriffen. Die Polizei sei nicht eingeschritten, sagt Miletta. Diese widerspricht, der Veranstalter untersucht den Vorfall.
01.07.2025, 15:4601.07.2025, 16:42
Reto Heimann
Reto Heimann
Mehr «Schweiz»

Am letzten Samstag fand in Basel die Veranstaltung «Basel tickt bunt» statt. Das Motto der Pride: «Queer rights are human rights». Gemäss Veranstalter nahmen daran rund 3000 Menschen teil. Am Pride Walk durch die Basler Innenstadt nahm auch Flavio Miletta teil.

Um etwa 16.45 Uhr bewegten sich die Teilnehmenden des Pride Walks vom Theodorsgraben in Richtung Claraplatz. Flavio Miletta lief ganz an der Spitze des Zuges. Am Claraplatz musste der Umzug kurzzeitig halten, um die Trams durchzulassen.

«Mit Zigarette beschmissen»

Zu diesem Zeitpunkt ereignete sich der Angriff, sagt Miletta: «Plötzlich kam ein Mann auf mich zu, ungefähr Mitte zwanzig. Zuerst hat er mich aufs Übelste homophob beleidigt.» Darauf sei er noch nicht eingestiegen, sagt Miletta, weil das leider immer noch eine alltägliche Erfahrung sei, die queere Menschen in der Schweiz machen würden.

Schon an der Pride in Zürich trug Flavio Miletta seine meterlange Schleppe.
Schon an der Pride in Zürich trug Flavio Miletta seine meterlange Schleppe. Bild: zvg

«Dann aber hat er mich bespuckt und seine brennende Zigarette auf mein Outfit geschmissen», berichtet Miletta. Dazu muss man wissen: Miletta trug eine acht Meter lange Schleppe in den Regenbogenfarben. «Hätte die Feuer gefangen, ich hätte eine ganze Weile gebraucht, um sie abzuziehen», sagt Miletta. Denn er habe neben der Schleppe noch andere Kleidungsstücke getragen – ein Oberteil, eine Bauchtasche, Musikboxen und einen Fächer.

Polizei kann Vorfall nicht bestätigen

«Ich habe sofort um Hilfe gerufen», sagt Miletta. Gemäss seinen Aussagen so laut, dass ein Polizist, der den Umzug begleitete, es mitbekommen habe. Trotzdem habe dieser nicht eingegriffen, sodass der Mann sich nach dem mutmasslichen Angriff unerkannt aus dem Staub machen konnte.

Die Kantonspolizei Basel-Stadt schreibt auf Anfrage, dass eine polizeiliche Sicherheitsassistentin am Claraplatz von einer «aufgebrachten Person» auf einen Vorfall aufmerksam gemacht worden sei. Die Assistentin selbst habe diesen Vorfall nicht beobachtet.

Sie habe daraufhin umgehend eine Polizeipatrouille an den Ort beordert. «Auch diese konnte vor Ort keine Situation feststellen, die ein polizeiliches Einschreiten erforderlich gemacht hätte – zudem wurde die Patrouille von niemandem auf einen aktuellen oder zurückliegenden Vorfall angesprochen», sagt die Kantonspolizei.

Flavio Miletta mit seinem Regenbogenfächer am Pride Walk in Basel am Samstag.
Flavio Miletta mit seinem Regenbogenfächer am Pride Walk in Basel am Samstag.Bild: zvg

Lukas Tobler ist Teil des Organisationskomitees von «Basel tickt bunt». Gegenüber watson bestätigt er den Vorfall am Claraplatz. «Das Ziel von ‹Basel tickt bunt› war es schon immer, Sichtbarkeit zu schaffen», sagt Tobler. «Sichtbarkeit bedeutet nach diesem Vorfall leider auch, dass solche Angriffe ein Teil der gesellschaftlichen Realität für queere Menschen in der Schweiz sind.»

Gerade deshalb wollen die Organisatorinnen und Organisatoren von «Basel tickt bunt» auch die Rolle der Polizei beim Vorfall genauer anschauen. «Wir nehmen die Polizei als beschützende Instanz wahr. Da dies im vorliegenden Vorfall nicht der Fall war, werden wir mit der Polizei in den Dialog treten und zusammen den Vorfall aufarbeiten.»

Für Miletta bleibt die Wut

Flavio Miletta hat sich nach dem Angriff entschieden, den Pride Walk fertig zu laufen. Spass habe es ihm aber keinen mehr gemacht. Jetzt, mit einigen Tagen Distanz, empfindet er: Wut und Angst. «Früher wurden wir einfach beleidigt, jetzt schon bespuckt und mit Zigaretten beworfen. Was kommt als Nächstes? Steine?»

Und wütend sei er auch auf die Polizei: «Wie kann es sein, dass diejenigen, die eigentlich zu meinem Schutz da sein sollten, nicht eingreifen?» Das macht die Sache für ihn nur noch schlimmer. Deshalb haben er und sein Partner auch einen Beschwerdebrief an den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt formuliert.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
168 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Chamäleon87
01.07.2025 16:49registriert Dezember 2023
Das so etwas passiert und passieren konnte, ist eine Schande. Trotzdem können auch der Polizei an Grossanlässen und Paraden "Fehler" passieren. Ich gehe nicht davon aus, dass die Polizei aus Böswilligkeit nicht eingegriffen hatte.
17630
Melden
Zum Kommentar
avatar
H.P. Liebling
01.07.2025 16:21registriert September 2018
Tja, genau DARUM braucht es die Pride, den CSD etc. ganz, ganz dringend!
192118
Melden
Zum Kommentar
avatar
the.real.laura.star
01.07.2025 17:10registriert Mai 2021
Pride ist einen Art Konfrontationstherapie um die homophobie loszuwerden…leider klappt es nicht immer…dieses Symbol (Regenbogen) der liebe triggert manche so sehr…traurig
10952
Melden
Zum Kommentar
168
Das sind die wichtigsten Namen im Rennen um die Burkart-Nachfolge
FDP-Parteipräsident Thierry Burkart tritt im Oktober zurück. Eine parteiinterne Findungskommission kümmert sich um seine Nachfolge und nimmt bis zum 20. August Kandidaturen entgegen. Die wichtigsten Namen im Überblick:
Zur Story