Jährlich gehen in der Schweiz rund 5000 Vermisstmeldungen ein. Die meisten Verschwundenen kehren selber zurück oder werden gefunden. Ungeklärt bleiben etwa 200 Fälle im Jahr.
So auch der Fall eines Ostschweizers. Ende Oktober sind es 15 Monate her, seit der Mann verschwand. Er kehrte aus den Ferien in Kroatien nicht mehr zurück. Die Behörden vermuten, dass er beim Wandern verunglückte. Für die Angehörigen eine belastende Situation.
In Amtsblatt des Kantons St. Gallen wurde im September ein Verschollenheitsruf publiziert. Am 28. Juli 2016 mittags um 13 Uhr wurde der im Kanton St. Gallen lebende Mann in Kroatien in einem Restaurant zum letzten Mal lebend gesehen.
Was war geschehen? Der 49-jährige Mann war mit seiner Familie in Kroatien in den Ferien. An jenem Tag wollte er alleine eine Wanderung unternehmen, kehrte aber nicht zurück.
Florian Schneider, Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen, kennt den Fall: «Da der Mann in Kroatien vermisst wird, taucht er nicht in der Vermisstenanzeige in der Schweiz auf.» Zurzeit werden 13 vermisste Personen von der St. Galler Polizei gesucht. Die älteste Suche geht auf das Jahr 1999 zurück: Vermisst wird eine damals 27-jährige Frau.
«Die ersten Stunden sind die wertvollsten bei der Suche nach einer vermissten Person», sagt Schneider. In Kroatien habe die Polizei im vergangenen Sommer grosse Anstrengungen unternommen, um den Schweizer Touristen zu finden.
Die Polizeibeamten und andere Rettungsdienste hätten die Suche nur in den Nachtstunden unterbrochen, berichtete eine kroatische Onlineplattform. Auch Hunde und Helikopter seien an der Suche beteiligt gewesen.
Die Familie des Vermissten muss seither mit der Ungewissheit leben. «Ein sehr belastende Situation», sagt der Einzelrichter André Müller des Kreisgerichts Wil, der über die Verschollenheit zu befinden hat. Zur Ungewissheit kommen auch noch bürokratische Probleme, die zu finanziellen Engpässen führen können.
Die Bankkonten einer verschwundenen Person bleiben solange blockiert, bis eine verschwundene Person amtlich für verschollen erklärt wird; das kann bis zu sechs Jahre dauern. Auch Witwen- und Waisenrenten und Versicherungsleistungen werden nicht ausbezahlt.
Liegt eine lange nachrichtenlose Abwesenheit vor, muss mindestens fünf Jahre seit dem letzten Lebenszeichen zugewartet werden, um die Verschollenerklärung zu beantragen.
In diesem Fall sei die Frist aber kürzer, sagt der Richter: «War die Person in hoher Todesgefahr, kann bereits nach einem Jahr der Antrag gestellt werden.» Dabei seien die Umstände beim Verschwinden einer Person massgebend. Bei einem Flugzeugabsturz sei die Todesgefahr nahe bei 100 Prozent.
Die offizielle Ausschreibung einer vermissten Person erfolgt durch das zuständige Gericht. Falls innerhalb von zwölf Monaten weder die Person noch ihre Leiche auftaucht, wird die Verschollenerklärung ausgestellt. Es sei noch nie jemand wieder aufgetaucht, sagt Müller, der in letzten fünf Jahren drei solcher Fälle bearbeitete. (whr/sda)