Am Mittwoch, dem 7. Dezember 2022, wählt die Bundesversammlung die Nachfolgerin oder den Nachfolger von Ueli Maurer. Danach, an einer seiner nächsten Sitzungen, aber jedenfalls noch im Dezember, wird der Bundesrat die Departemente neu zuteilen.
Das Finanzministerium ist ein Schlüsseldepartement, über die Finanzen lässt sich die Politik massgeblich steuern und mitbestimmen. Entsprechend attraktiv und heiss begehrt ist das Departement; nicht nur für die einzelnen Bundesratsmitglieder, sondern auch für deren Parteien.
Dass der oder die Neue es erhält, ist daher praktisch ausgeschlossen. So wird es im Dezember zu einer Ausmarchung rund um Maurers Nachlass kommen.
Eine Schlüsselrolle kommt Ignazio Cassis (FDP) zu. Als Bundespräsident wird er die Departementszuteilung, sofern sie noch im Dezember stattfindet, leiten und mit seinen Kolleginnen und Kollegen vorbesprechen. Er muss sie nach allfälligen Wechselwünschen fragen und versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu vereinbaren. Dabei kommt, zumindest theoretisch, das Anciennitätsprinzip zum Tragen: Wer am längsten in der Regierung sitzt, darf zuerst wählen, wohin er oder sie will.
Amtsälteste ist nach Maurers Abgang SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga, seit 2010 im Amt. Sie wechselte allerdings erst per 2019 ins Infrastrukturdepartement Uvek und wird sich nicht bewegen.
An zweiter Stelle folgt Innenminister Alain Berset (SP) - falls er nicht, wie einige meinen, ebenfalls noch dieses Jahr zurücktreten wird. Er ist seit 2012 in der Regierung und wurde immer wieder mit dem Finanzdepartement in Verbindung gebracht. Eine Aussicht, die dem abtretenden Ueli Maurer nicht passte - man hat den hartnäckigen und eigenwilligen letzten SP-Finanzminister, Otto Stich, nicht vergessen.
Mittlerweile neigt sich Bersets Bundesratskarriere aber dem Ende entgegen. Wenn er das Departement wechseln will, müsste er noch mindestens vier Jahre anhängen. Für Beobachter ist daher klar: Wenn Berset jetzt nicht wechseln will, wird er Ende 2023 zurücktreten. Falls Berset wechselt und die Mehrheit im Bundesrat ihm das Finanzdepartement verweigert, käme auch das Aussendepartement für ihn in Frage, in dem derzeit Cassis sitzt. In Diplomatenkreisen hoffen viele auf den smarten und weltgewandten Freiburger.
Als nächster kann Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) wählen, seit 2016 als Bundesrat im Amt, zunächst als Verteidigungsminister. Er hat also bereits einmal Job gewechselt, als er 2019 das VBS verliess. Er war dort mässig erfolgreich, im Gegensatz zu seiner Nachfolgerin, Mitte-Bundesrätin Viola Amherd. Ein erneuter Wechsel scheint unwahrscheinlich und würde auch nicht verstanden.
Der glücklose Aussenminister Ignazio Cassis (FDP), seit 2017 im Amt, kann als Vierter wählen. Er muss als Präsident allerdings alle Interessen im Auge haben, nicht nur die eigenen. Laut Beobachtern könnte er indes selbst einen Wechsel ins Auge fassen, weil er sonst Gefahr läuft, bei den Gesamterneuerungswahlen 2023 abgewählt zu werden. Mit einem Wechsel, an dem auch seine FDP und die ihm nahestehende SVP interessiert sein dürften, könnte er sich aus der Schusslinie nehmen. Sieht er sich als neuer Finanzminister?
Theoretisch wäre der Mediziner prädestiniert für das Innendepartement EDI, dem Berset vorsteht. Einige Interessenvertreter im Gesundheitsbereich werden sich das wünschen - Cassis war ja Präsident des Krankenkassenverbands Curafutura («Kranken-Cassis»). Einige Prognosen gehen derzeit allerdings dahin, dass Cassis wenn schon im Justizdepartement landet. Es könnte zu einer Rochade zwischen ihm und Karin Keller-Sutter kommen.
Nummer 5 ist Mitte-Bundesrätin Viola Amherd. Von ihr heisst es in ihrem Umfeld, sie werde garantiert Verteidigungsministerin bleiben. Sie ist in diesem Amt ja tatsächlich erfolgreich, siehe Kampfjetbeschaffung, im Gegensatz zu ihren Vorgängern aus der SVP. Aber ihre Partei dürfte grössere Ambitionen haben und es auf ein Schlüsseldepartment wie das Finanzdepartement abgesehen haben. Oder das Innendepartement, wobei das allerdings derzeit eher aus parteipolitischer Sicht wenig attraktiv ist angesichts der steigenden Gesundheitskosten und der ungelösten Rentenprobleme.
Als letzte der Bisherigen ist Justiz- und Polizeiministerin Karin Keller-Sutter (FDP) an der Reihe, ihren Wunsch zu platzieren. Von ihr weiss man, dass sie nach ihrer Wahl 2018 Wirtschaftsministerin werden wollte. Weil ihr Kollege und Intim-Feind Cassis aber Parmelin und der SVP die Stange hielt, musste sie mit dem Justizdepartement vorlieb nehmen.
Das hat die FDP-Bundesrätin nicht vergessen, und sie dürfte Wechselambitionen haben - ins Finanzdepartement, wie man hört? Allerdings sehen Beobachter die sprachgewandte St. Gallerin - sie ist ausgebildete Dolmetscherin - auch im Aussenministerium, wo gegenwärtig ihr glückloser Parteikollege sitzt.
Das neue Bundesratsmitglied muss wohl nehmen, was übrig bleibt. Stand jetzt sieht es nach Justiz- oder Verteidigungsdepartement aus. (bzbasel.ch)
Arzt Cassis hätte dafür viel mehr Kompetenz für die Führung des EDI.