Schweiz
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Amherd-Nachfolge: Ärger über den rechten Viererblock im Bundesrat

Bundesraetin Karin Keller-Sutter, links, diskutiert mit Bundesrat Albert Roesti, kurz vor Beginn der Von-Wattenwyl-Gespraeche, am Freitag, 3. Mai 2024 in Bern. Gute drei Wochen vor der Sommersession d ...
Karin Keller-Sutter (FDP) und Albert Rösti (SVP) gelten als rechter «Motor» im Bundesrat.Bild: keystone

Die rechte «Viererbande» und ihre Macht im Bundesrat

Die SVP/FDP-Mehrheit um Karin Keller-Sutter und Albert Rösti gilt als «Machtzentrum» im Bundesrat. Ihre Stärke basiert aber auch auf der Schwäche der anderen Mitglieder.
21.01.2025, 17:55
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Der «Charme» des Bundesrats basiert auf der Konkordanz. Die vier stärksten Parteien im Parlament sind in die vergleichsweise kleine Landesregierung eingebunden. Daraus sollen mehrheitsfähige Beschlüsse entstehen, die in einer Volksabstimmung bestehen können. Soweit die Theorie. In der Realität ist alles ein wenig komplizierter.

In letzter Zeit aber scheint das austarierte System aus der Balance zu geraten. Immer öfter hört man Klagen über die Dominanz der rechtsbürgerlichen Mehrheit von SVP und FDP. Diese «Viererbande» setze ihre Anliegen ohne Rücksicht auf SP und Mitte durch. Der Frust darüber soll zum Rücktritt von Verteidigungsministerin Viola Amherd beigetragen haben.

Bundespraesidentin Viola Amherd, links, freut sich mit der neuen Bundespraesidentin Karin Keller-Sutter, rechts, sich bei ihrer Feier als Bundespraesidentin in Wil, aufgenommen am Donnerstag, 19. Deze ...
Viola Amherd (l.) an Keller-Sutters Präsidialfeier in Wil: Harmonie herrscht nur vordergründig.Bild: keystone

Die Mitte-Bundesrätin habe sich im Machtkampf mit Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) um das Armeebudget aufgerieben, hiess es. Einen Eindruck erhielt man an der Präsidialfeier für Keller-Sutter im Dezember in Wil SG, an der Noch-Bundespräsidentin Amherd auftrat und ihre launige Rede mit Spitzen gegen ihre Nachfolgerin garnierte.

Grösster Einfluss im Bundesrat

Der Streit kulminierte im letzten September. Damals soll sich Amherd gemäss CH Media geweigert haben, zusammen mit Keller-Sutter und Albert Rösti die Eckwerte des Sparprogramms zu präsentieren, das auf dem Bericht der Expertengruppe Gaillard basiert. An ihrer Stelle musste Elisabeth Baume-Schneider die undankbare Aufgabe übernehmen.

Keller-Sutter und Rösti gelten als starkes Duo im rechten Viererblock, mit Guy Parmelin (SVP) und Ignazio Cassis (FDP) im «Schlepptau». Auch in der Bevölkerung ist diese Ansicht verbreitet, das zeigt eine Sotomo-Umfrage vom Dezember. Bei der Frage nach dem Einfluss der Bundesratsmitglieder liegen Rösti und Keller-Sutter mit Abstand an der Spitze.

Kritik aus der Mitte

Ihnen wird nachgesagt, dass sie ihre Anliegen, wenn nötig, rücksichtslos durchsetzen, und das nicht nur in der Finanz- oder Sparpolitik. Bei der Finanzierung der 13. AHV-Rente hätten Baume-Schneider und ihr Innendepartement eine Kombination aus Lohnprozenten und Mehrwertsteuer bevorzugt, doch der Bundesrat beschloss eine reine Mehrwertsteuerlösung.

Bei der Minderheit von SP und Mitte ist der Unmut gross. Der Bundesrat setze aktuell zu stark auf die Macht des Viererblocks aus SVP und FDP, monierte Mitte-Präsident Gerhard Pfister in der «Sonntagszeitung»: «Das ist umso problematischer, als dies weder den Mehrheitsverhältnissen im Parlament noch dem Willen der Stimmbevölkerung entspricht.»

Revanche für Metzler

Fraktionschef Philipp Matthias Bregy doppelte in der «NZZ am Sonntag» nach: «Der starre Viererblock im Bundesrat aus FDP und SVP ist für die politische Ausgewogenheit im Land nicht ideal. Die vier bringen alles durch, wenn sie es wollen.» Hinter diesen Aussagen steckt viel Parteitaktik: Die Mitte will mittel- bis langfristig der FDP einen Sitz abnehmen.

Es wäre die Revanche für den Sitzverlust 2003, als die damalige CVP-Bundesrätin Ruth Metzler von SVP und FDP abgewählt wurde, zugunsten von Christoph Blocher. Schon damals gab es die Befürchtung, die SVP/FDP-Viererbande werde «durchregieren». Stattdessen lieferten sich Blocher und Pascal Couchepin (FDP) einen permanenten Machtkampf.

Macht- und gestaltungsbewusst

Nach dem achtjährigen «Intermezzo» mit Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) wurde der rechte Viererblock 2015 erneut installiert. Vorerst war dies kein grosses Thema. Das änderte sich 2018, als der behäbige Berner Freisinnige Johann Schneider-Ammann durch die macht- und gestaltungsbewusste Ostschweizerin Karin Keller-Sutter abgelöst wurde.

epa10532835 Swiss Federal President Alain Berset (L) and Swiss Finance Minister Karin Keller-Sutter (R) talk at the end of a press conference in Bern, Switzerland, 19 March 2023. The Swiss government  ...
Alain Berset konnte Karin Keller-Sutter Paroli bieten. Dem heutigen SP-Duo gelingt dies weniger gut.Bild: keystone

Ihren perfekten Partner fand sie in Albert Rösti (SVP), der 2022 für Ueli Maurer in den Bundesrat gewählt wurde. Er brachte das Umwelt- und Verkehrsdepartement UVEK nach dem Motto «umgänglich im Ton, hart in der Sache» auf Rechtskurs. Gemeinsam mit Parmelin und Cassis gelingt dies der Viererbande zunehmend auch im Gesamtbundesrat.

«Nicht noch eine schwache Figur!»

Allerdings hat jede Medaille zwei Seiten. Die Stärke des rechtsbürgerlichen Blocks reflektiert auch die Schwäche der übrigen Mitglieder. Das zeigte sich bei einem Gespräch mit einem ehemaligen Bundesrats-Insider. Angesprochen auf die Favoritenrolle von Martin Candinas für die Amherd-Nachfolge verwarf er die Hände: «Bitte nicht noch eine schwache Figur!»

Damit spielte er auf die fehlende Führungserfahrung der Bündner Frohnatur an. Dennoch war es eine bemerkenswerte Aussage, denn der Insider war selbst im Umfeld des rechten Viererblocks tätig. Keller-Sutter und Rösti können nach seiner Meinung auch deshalb schalten und walten, weil sie kaum Gegenspieler auf Augenhöhe haben.

Gesucht: Person mit Format

Das gilt besonders für das SP-Duo. Alain Berset war ein «Alphatier», er konnte Karin Keller-Sutter Paroli bieten. Auch Simonetta Sommaruga war eine starke Figur. Elisabeth Baume-Schneider hingegen dürfte das Image eines Leichtgewichts kaum loswerden, und auch Beat Jans tut sich bislang nicht nur wegen des ungeliebten Departements schwer.

Umso wünschenswerter wäre es, wenn die Mitte für die Amherd-Nachfolge eine Person mit Format finden würde. Gerhard Pfister und Philipp Matthias Bregy traut man dies zu, doch beide haben sich aus dem Rennen genommen. Gleiches gilt für andere Favoriten, darunter Candinas. Das muss noch nichts heissen, aber es ist keine ideale Ausgangslage.

Uneingeschränkt ist die Macht des Viererblocks aber nicht. Dafür sorgt das schweizerische System mit der direkten Demokratie. Es verpasste Albert Rösti im November beim Autobahnausbau eine schmerzhafte Niederlage. Und ob Keller-Sutter mit ihrem Sparplan durchkommt, ist alles andere als sicher. Sie könnte damit schon im Parlament auflaufen.

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307 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bokl
21.01.2025 18:19registriert Februar 2014
Und trotzdem wird die SVP nicht müde Mitte-Links für alle Probleme verantwortlich zu machen. Obwohl Mitte-Links weder im BR, NR, SR eine Mehrheit hat.
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Lowend
21.01.2025 18:17registriert Februar 2014
Danke für diese klaren Worte, denn was die rechte «Viererbande» seit einigen Jahren abzieht, indem sie Volksentscheide simpel ignorieren, oder bei Abstimmungen die Bevölkerung mit falschen Zahlen an der Nase herumführen, geht auf keine Kuhhaut mehr. Im Prinzip müsste man die Zusammensetzung so ändern, dass Rechts und Links mit je drei Stimmen vertreten ist und die Mitte mit ihrer Stimme das wichtige Zünglein an der Waage wäre, aber da wird der rechte Block alles dagegen unternehmen, weil es denen doch eigentlich noch nie um unsere Schweiz, sondern meist nur um deren persönliche Profit ging. 🤑
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Meierli
21.01.2025 18:14registriert November 2019
In der aktuellen Zusammensetzung funktioniert das System Bundesrat nicht. Zudem bildet es nicht die Wahlanteile ab. Und viel zu oft wird via Verordnung und Notrecht regiert von den 4.

Im Prinzip undemokratische Bande.
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