50000 zusätzliche Tests, pro Tag: Diese stattliche Erhöhung der Testkapazitäten auf täglich insgesamt 80000 hatte Bundesrat Alain Berset Ende Oktober in Aussicht gestellt. Der Gesundheitsminister gab damals bekannt, dass die Antigen-Schnelltests freigegeben werden. Mittlerweile sind die Tests seit etwas mehr als einer Woche im Einsatz. Zumindest ein bisschen. Denn bisher, das sagte Stefan Kuster vom Bundesamt für Gesundheit gestern, wurden pro Tag nur «einige hundert» von ihnen durchgeführt.
>> Coronavirus: Alle News im Liveticker
Das ist viel weniger, als ursprünglich angedacht war. Vor allem liegt das daran, dass der Bund mit seiner Ankündigung die Kantone und das Gesundheitswesen überrumpelte. Insbesondere die Ärzte begegnen den neuen Tests generell mit viel Skepsis. Der Ärzteverband FMH verschickte vorletzte Woche ein internes Mail an seine Mitglieder, das für viel Aufregung sorgte, weil er seinen Mitgliedern von einem Einsatz der Schnelltests abrät. Mittlerweile heisst es beim FMH nur noch, man sei mit einer internen Evaluation zum Thema beschäftigt.
Auch beim Verband der Haus- und Kinderärzte lösen die Tests keine Begeisterung aus. Präsident Philippe Luchsinger sagt, dass «aktuell nur eine Minderheit der Hausärzte» diese Tests einsetze. Als Grund gibt Luchsinger die mangelnde Verlässlichkeit der Tests an. Daneben stösst manchem Arzt die Vergütung für die Durchführung der Tests sauer auf. Diese sei «ein Hohn», sagte Josef Widler, der Präsident der Zürcher Ärztegesellschaft, der «NZZ».
Die Apotheker betrachten die Tests laut dem Branchenverband Pharmasuisse derweil als Chance. Bis Ende Jahr soll ein Drittel der Apotheken die Tests anbieten. Derzeit sind es im ganzen Land erst gegen 20, was auch daran liegt, dass zuerst einmal Angestellte für Abstriche geschult und Räumlichkeiten bereitgestellt werden müssen.
Hausärztepräsident Luchsinger stellt derweil in Frage, ob die Apotheken überhaupt geeignet sind, die Tests durchzuführen. In seinen Augen begeben sich diese «aufs Glatteis», weil sie keine Erfahrung im Umgang mit infektiösen Patienten hätten. Pharmasuisse-Präsident Fabian Vaucher entgegnet, in dieser Situation zähle «der Einsatz jedes Leistungserbringers».
Und dass in der kurzen Zeit schon in 20 Apotheken Angestellte für den Abstrich geschult werden konnten, zeigt schön auf, dass man in Krisenzeiten fachverwandtes Personal recht schnell auf eng eingeschränkte Spezialaufgaben schulen kann, WENN man es denn will.
Dass der Ärzteverband FMH von den neuen Tests überrumpelt wurde ist hingegen ein Armutszeugnis.