Schweiz
Coronavirus

Coronatest in der Schweiz sollen kosten: Das fordert die Clubszene

epa09302224 Club goers party at the MAD (Moulin a Danse) night club on the first evening after COVID-19 measures were eased enabling the reopening of discotheques at full capacity and without mask upo ...
Rein kommt man nur mit Covid-Zertifikat: Das MAD in Lausanne. Bild: keystone

«Impfen statt testen!»: Clubszene will Ende der Gratistests für Junge

Erst 41,7 Prozent aller Erwachsenen sind doppelt geimpft. Nun soll der Ausgang als Hebel eingesetzt werden, dass sich die Jungen impfen.
17.07.2021, 08:0617.07.2021, 12:19
christoph bernet / schweiz am wochenende
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Die Impfkampagne in der Schweiz ist ins Stottern gekommen. Anfang Juni erreichte sie mit einem Tagesdurchschnitt über 90000 verabreichten Impfdosen einen Höhepunkt. Seither ist diese Zahl um ein Drittel gesunken. Erst 41,7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind vollständig geimpft. Insbesondere bei jüngeren Menschen ist die Impfbereitschaft tief. In der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen waren bis zum 11. Juli erst 27,3 Prozent vollständig geimpft, weitere 18,1 Prozent hatten immerhin eine Impfdosis erhalten.

Nun soll der Ausgang als Hebel dafür eingesetzt werden, dass sich mehr Junge impfen lassen. Oder genauer gesagt: Wer sich nicht impfen lasse, aber trotzdem Party machen will, soll dafür in die eigene Tasche greifen müssen. Der Stadtberner FDP-Parlamentarier Tom Berger fordert auf Twitter ein Ende der Gratistests für ungeimpfte Personen, sobald alle die Möglichkeit hatten, sich impfen zu lassen. Ab dann sei es «nicht mehr haltbar, dass sich Leute jedes Wochenende auf Kosten der Allgemeinheit testen lassen».

Bisher haben ungeimpfte Personen im Nachtleben im Prinzip keinen Nachteil gegenüber geimpften Personen – ausser dem Risiko, sich mit Covid-19 anzustecken und möglicherweise schwer zu erkranken. Für den Zugang zu Clubs und Diskotheken muss man lediglich ein gültiges Covid-Zertifikat vorweisen können. Ob man dieses dank einer vollständigen Impfung, einer Genesung oder eines negativen Covid-Tests erhalten hat, spielt keine Rolle. Die Kosten für die Tests übernimmt weiterhin die öffentliche Hand – sprich die Steuerzahlenden.

Dass nun ausgerechnet der Co-Fraktionschef der Stadtberner FDP ein Ende der Gratistests fordert, lässt aufhorchen. Denn Tom Berger amtet auch als Co-Präsident der Bar- und Clubkommission Bern (BuCK), welche sich in der Bundesstadt für die Interessen des Nachtlebens einsetzt.

Im Kanton Z�rich sind in den vergangenen Tagen wegen eines IT-Problems mehrere hundert positive Corona-Testresulte nicht den Beh�rden gemeldet worden. (Symbolbild)
Impfen anstatt testen: Das fordert zum Beispiel der Zürcher Club Exil. Bild: sda

Impfeinbruch wegen Gratis-Schnelltests?

Auch in Zürich wird die Forderung laut. «Impfen statt testen!», schrieb der bekannte Club Exil auf Facebook. Es bestehe die Gefahr, dass die als Übergangslösung angedachten Schnelltests zum «Rohrkrepierer für die Impfung» werden könnten. Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» erklärte Mitgründer Dominic Müller, als von den Coronamassnahmen direktbetroffener Betrieb habe man sich bisher zu wenig für die Impfung starkgemacht. «Man war in unserer Branche bisher in dieser Frage leider sehr zurückhaltend, das finde ich etwas enttäuschend.» Der Zugang zu Covid-Zertifikaten via Gratis-Schnelltests entwickle sich als vermeintliche Alternative zur Impfung: Die Schnelltests seien eine Hintertür, um keine Impfung machen zu müssen, und sie seien erst noch gratis. Das habe Menschen, die unsicher sind, ob sie sich impfen wollen, in ihrer Haltung bestätigt: «Ich behaupte: Die Nachfrage nach Impfungen ist auch deshalb eingebrochen.»

In anderen Ländern hat die Forderung nach einer Abschaffung der Gratistests zwecks Steigerung der Impfquote bereits die Politik erreicht. In Frankreich etwa hat Staatspräsident Emmanuel Macron angekündigt, dass der Zugang zu Kinos, Restaurants, Theatern oder Fernzügen ab August nur noch mit einer Impfung oder einem negativen PCR-Test möglich sein soll. Ab dem Herbst sollen Ungeimpfte diese Tests selber bezahlen müssen.

Soweit will die Schweiz laut Gesundheitsminister Alain Berset (SP) in nicht gehen. Gegenüber Radio RTS sagte Berset am Freitag aber, irgendwann stelle sich die Frage durchaus, ob es gerecht sei, dass die Gemeinschaft ungeimpften Personen die Tests zur Teilnahme an Veranstaltungen oder am Nachtleben bezahle. Im jetzigen Stadium der Impfkampagne sei die Kostenübernahme aber weiterhin angebracht.

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268 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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gintonic
17.07.2021 08:45registriert April 2018
Die Menschen hier hätten die Möglichkeit sich die besten, wirkungsvollsten Impfstoffe spritzen zu lassen um sich selbst und andere zu schützen und die Pandemie zu beenden. Tun es aber nicht „weil der Staat mir nichts vorzuschreiben hat“ und die Informationsquellen Teaser Texte von 20min und Aussagen vom Bruder der Freundin des Arbeitskollegen sind. Und andere wären so froh drum. Kotzt mich langsam echt an.
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Mamasita
17.07.2021 08:25registriert Januar 2019
Dass dazu irgendwann Stimmen laut werden war zu erwarten. Kann ja nicht sein, dass die "Clubbing-Herrschaft" glaubt, dass die Testkosten noch ewig von der Allgemeinheit mitgetragen werden? Wer teil eines Abends im Club sein möchte, darf gut und gerne auch für die Testkosten selber aufkommen...
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divelidave
17.07.2021 08:28registriert Mai 2016
Fände ich den richtigen Weg. Wenn man sich nicht impfen lassen will, aber ein Zertifikat für den Ausgang möchte, soll ruhig dafür zahlen. Mit einem fairen Preis natürlich ;)
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