Nur noch ein Pieks mit dem Corona-Impfstoff, und das erst nach sechs Monaten: Die Schweiz ändert ihre Strategie beim Umgang mit Personen, die bereits an Covid-19 erkrankt sind. Das geht aus der angepassten Impfstrategie hervor, die am Mittwoch im Internet aufgeschaltet worden ist. Die Änderung ist wichtig, denn sie hat Folgen für hunderttausende Menschen, die in den letzten Monaten an Covid-19 erkrankt sind.
Bisher galt: Wer an Covid-19 erkrankt ist, kann sich frühestens nach drei Monaten impfen lassen. Und erhält dann zwei Dosen, so wie alle anderen auch. Das sei aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nun nicht mehr notwendig, sagt Christoph Berger, der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF). «Wir wissen mittlerweile, dass Personen nach einer Covid-19-Erkrankung und mit einer verabreichten Impfdosis eine ähnlich gute Immunantwort aufbauen wie jene, die sich nicht angesteckt haben und zweimal geimpft wurden», sagt Berger.
Mit anderen Worten: Eine Impfung nach einer Covid-19-Erkrankung erzeugt im Immunsystem eine Wirkung, die vergleichbar ist mit jener von zwei Impfungen.
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Eine andere Empfehlung gilt weiterhin für besonders gefährdete Personen, über 65-Jährige also und solche mit chronischen Vorerkrankungen. Sie sollen auch künftig drei Monate nach der Infektion ihre erste Impfung erhalten. Wer zusätzlich noch immunsupprimiert ist, also ein geschwächtes Immunsystem hat, wird weiterhin zweimal geimpft.
Auch für Schwangere ändert die Schweiz die Strategie. Zwar wird eine generelle Impfung wegen fehlender Daten weiterhin nicht empfohlen. Allerdings wird der Kreis jener, die Zugang erhalten sollen, erweitert. Neu können sich alle Schwangeren mit chronischen Krankheiten impfen lassen.
Bis anhin war dies nur für jene Frauen vorgesehen, die aufgrund ihrer Vorerkrankungen als Höchstrisiko-Patientinnen galten. EKIF-Präsident Berger sagt, man wolle impfwilligen Schwangeren den Zugang breiter ermöglichen - «selbstverständlich nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung mit medizinischem Fachpersonal».
Die angepasste Impfstrategie hat daneben auch Folgen für die Kantone. Sie enthält nämlich bei der Priorisierung der zu impfenden Personen einige Anpassungen, die vor allem ein Signal aussenden: Impfen jetzt, und zwar schnell!
Konkret baut die EKIF einige Hürden ab, um das Impfprogramm in den Kantonen zu vereinfachen. Bisher galt nämlich, dass sie nach den sehr Alten, den sehr Kranken und dem Gesundheitspersonal zuerst noch jene Menschen zuerst impfen müssen, die engen Kontakt haben zu den besonders gefährdeten Personen.
Das geht jetzt einfacher. Sobald genug Impfstoff vorhanden ist, sollen die Kantone die engen Kontakte von Risikopersonen gleich behandeln wie alle anderen Impfwilligen. Ausschlaggebendes Kriterium soll dann einzig und allein das Alter sein. Christoph Berger sagt, die Anpassung sei möglich, weil sich gezeigt habe, dass die in der Schweiz eingesetzten mRNA-Impfstoffe die Risikopersonen so gut schützen, dass eine prioritäre Impfung ihrer engen Kontakte nicht mehr notwendig sei.
Berger will sogar noch einen Schritt weitergehen, einen, von dem er sich für die Kantone ein «riesige Erleichterung» verspricht: Die neue Impfstrategie räumt den Kantonen nämlich die Möglichkeit ein, auch die Gruppe der chronisch Kranken ohne hohes Risiko nicht mehr prioritär zu impfen.
Wer will, kann also alle Personen impfen, die das möchten - und muss nicht mehr darauf achten, prioritäre Gruppen abzuarbeiten. Voraussetzung dafür ist, dass absteigend nach Alter geimpft wird. Und natürlich auch, dass die impfwilligen Hochrisikopatienten - die sehr Alten oder sehr Kranken - und das Gesundheitspersonal schon an der Reihe waren.
Christoph Berger sagt, die Änderungen verfolgten das Ziel, Stolpersteine bei der Planung aus dem Weg zu räumen. «Die Priorisierung wird jetzt ganz einfach: Es geht nur noch nach dem Alter, denn das Alter korreliert sehr gut mit dem Schweregrad von Covid-19. Das Vorgehen entspricht so ganz der Strategie, zuerst die Gefährdeten zu schützen. Dadurch entfällt für die Kantone viel mühselige Kleinarbeit», so Berger. Der EKIF-Präsident macht keinen Hehl daraus, dass die Änderungen auch vor dem Hintergrund des schleppenden Impftempos erfolgen. «Wir müssen jetzt einfach vorwärtsmachen», sagt er.
Dazu passt auch eine neue Empfehlung des BAG, die den Kantonen am Dienstagabend kommuniziert wurde: Sie sollen künftig darauf verzichten, eine zweite Impfdosis als Sicherheitsreserve zurückzulegen und zu grosse Lagermengen abbauen, wie es in einem Schreiben heisst. (aargauerzeitung.ch)
Zudem stellt sich sodann auch zwingend die Frage, von was für Erleichterungen diese Menschen per sofort profitieren [müssen], denn darauf werden sie ganz bestimmt nicht 6 Monate lang warten.
Ich finde die Anpassung super. Damit fallen sämtliche Entschuldigungen für denkfaule Kantone weg. Auch die Richtlinie, eine Zweitdosis zurückzubehalten, war einzig und allein ein Bremsklotz.
Hopphopp