So wollen Menschen in der Schweiz ihr Leben ändern, wenn die Coronakrise vorbei ist
Generationen von Wissenschaftern werden sich dereinst noch mit den Gründen und Folgen der Coronapandemie befassen. Bereits jetzt forschen nicht nur Virologen und Epidemiologen mit Hochdruck, sondern auch Sozialwissenschafter.
Eine erste Studie stammt von der Hochschule Luzern. Diese untersuchte unter anderem, wie die Pandemie das Konsum- und Freizeitverhalten der Schweizer Bevölkerung langfristig – also nach der Krise – verändern dürfte.
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Liest man die Ergebnisse, könnte man fast den Eindruck bekommen, das Coronavirus würde uns zu besseren Menschen machen.
- Familie: Offenbar ist im Homeoffice die Erkenntnis gereift, dass es auch Vorteile hat, so viel zu Hause zu sein. Jedenfalls sagen 15 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer, sie würden sich künftig mehr der Familie widmen als vor der Coronakrise.
- Gesundheit: 14 Prozent geben an, künftig bewusster auf die Gesundheit zu achten. Für viele bedeutet Zuhausebleiben auch, das Joggen und gesundes Essen zu entdecken. Ein Viertel der Bevölkerung gibt an, zurzeit häufiger zu kochen und zu backen als vor der Krise.
- Einkaufen: 12 Prozent sagen, sie würden in Zukunft besser auf die regionale Produktherkunft achten. Den Quartierladen und das Hoflädeli möchten sie auch in normalen Zeiten nutzen.
«Die Covid-19-Zeit wird auch in der Zukunft ihre Spuren hinterlassen», schreibt die Forschungsgruppe des Instituts für Kommunikation und Marketing IKM von der Hochschule Luzern. Man wird sehen. Zumindest haben die Leute jetzt Zeit, gute Vorsätze zu fassen.
Jeder dritte Schweizer hat seine Reise storniert oder angepasst
Sehr unmittelbar sind die Folgen für die Ferien- und Reisepläne. 72 Prozent der Befragten hatten ursprünglich vor, in diesem Jahr zu verreisen. Ziemlich genau die Hälfte davon hält an ihren Reiseplänen fest, falls das möglich ist, wenn beispielsweise die Bergbahnen im Sommer wieder fahren dürfen oder die Reise nach Italien oder Spanien erlaubt sein sollte.
Die andere Hälfte – insgesamt etwa jeder dritte Schweizer – hat seine Reise storniert, oder er reist nun anderswo hin als geplant. Betroffen sind insbesondere Reisen nach Südeuropa (16 Prozent haben storniert oder geändert) und nach Mitteleuropa (15 Prozent, siehe nachfolgende Grafik).
Profiteur dieser Stornierungswelle wird das Tourismusland Schweiz sein. Ursprünglich hatten 20 Prozent der Bevölkerung vor, Ferien in der Schweiz zu verbringen; 13 Prozent wollen diese Pläne unverändert umsetzen, 7 Prozent haben sie angepasst. Es ist naheliegend, dass viele Schweizer, die ins Ausland reisen wollten, nun Ferien im Inland machen.
Flugtickets: Wer bei der Swiss einen Flug gebucht hat, der nun abgesagt worden ist, oder wenn der Passagier die Reise nicht mehr antreten möchte, der kann sein Ticket behalten und bis 31. August 2020 eine Umbuchung auf ein neues Reisedatum (bis spätestens 30. April 2021) vornehmen. Er kann auch ein neues Reiseziel wählen. Wer noch dieses Jahr den Flug nachholt, erhält zusätzlich einen 50-Franken-Gutschein. Man kann sich diesen Voucher jetzt über die Website der Swiss ausstellen lassen und dann bei der späteren Buchung einlösen.
Pauschalreisen: Viele Schweizer haben für den Sommer eine Pauschalreise gebucht, die wegen der geschlossenen Grenzen nicht stattfinden kann. Die Reiseveranstalter handhaben diese Fälle unterschiedlich. Grundsätzlich sind Reisebüros verpflichtet, Alternativen anzubieten. Unter Umständen können diese aber teurer sein. Wenn das Reisebüro eine komplett andere Destination vorschlägt, müssen die Kunden dies nicht akzeptieren. Dann können sie das Geld zurückverlangen. (pmü)
Für die Tourismusregionen ist das entscheidend, werden sie doch in diesem Sommer je nach Entwicklung der Coronakrise gar keine oder nur wenige ausländische Gäste haben. Wichtige Gruppen, etwa aus Asien und den USA, fallen wohl komplett weg.
Das trifft die Zentralschweiz und das Berner Oberland stärker als Graubünden; dort war der Anteil von Schweizer Touristen bereits vorher gross. Nun werden die Inländer noch wichtiger. Überall.
In den Bergregionen, wo Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, macht man sich angesichts der epochalen Krise auch visionäre Gedanken. Pascal Jenny, Tourismusdirektor von Arosa GR, wagt ein Gedankenexperiment: «Vielleicht akzeptieren wir im Schweizer Bergtourismus Gäste aus anderen Kontinenten nur noch, wenn sie für zwei Wochen Ferienaufenthalt buchen und somit die Voraussetzung schaffen, sich tiefer und bewusster mit unseren Werten, Schönheiten und Angeboten auseinanderzusetzen.»