Nur wenige Stunden nachdem Zürichs Gesundheitsvorsteherin Natalie Rickli (SVP) am Dienstag weitere Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus kommunizierte, wurde sie vom Bundesrat überrollt. Vor den Medien sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Abend: «Die letzten Tage haben gezeigt, dass die Strategie angepasst werden muss und der Bund zusätzliche Massnahmen selber anordnen muss. Die Ansteckungen nehmen in letzter Zeit nämlich wieder exponentiell zu. Das heisst, zu rasch und zu stark.»
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Die härtere Gangart des Bundesrates muss als Folge des Scheiterns der Kantone gesehen werden. Diese handelten zu mild, zu langsam, zu wenig entschlossen – zumindest in der Deutschschweiz. In der Romandie sanken die Infektionszahlen in den vergangenen Wochen, nachdem die kantonalen Regierungen ihre Massnahmen verschärft hatten. Ganz im Gegensatz zu den Kantonen Zürich, Bern, Aargau und St.Gallen, wo die Ansteckungszahlen in den vergangenen 14 Tagen hoch blieben.
Darum sollen jetzt strengere und einheitliche Regeln in allen Kantonen zur Anwendung kommen. Am kommenden Freitag werden die Massnahmen konkret beschlossen, ab Samstag, 12. Dezember sollen diese in Kraft treten und voraussichtlich bis am 20. Januar 2021 gelten. Die geplanten Regeln im Überblick und was du jetzt wissen musst.
Ja, aber Läden, Restaurants und Bars müssen um diese Uhrzeit geschlossen werden. Ausserdem gilt für private Treffen eine Obergrenze von fünf Personen aus zwei Haushalten. Grundsätzlich beabsichtigt der Bundesrat mit diesen Einschränkungen, dass die Bevölkerung ihre Abende zu Hause verbringt. Eine Polizeistunde wird es allerdings nicht geben.
Lieferdienste und Take-Aways dürfen bis 23 Uhr geöffnet haben. So schreibt es der «Blick». Wer also am Abend zu Hause rumsitzt, kann sich zumindest mit einer bestellten Mahlzeit die Laune aufheitern.
Fitness-Studios und Sporthallen müssen ab dem 12. Dezember um 19 Uhr geschlossen werden. Dasselbe gilt für Hallenbäder und andere Orte, wo Sport in einem Innenraum betrieben wird. Sportliche Aktivitäten mit Körperkontakt bleiben nach wie vor verboten. Hingegen sollen Aktivitäten ohne Körperkontakt in kleinen Gruppen von 5 Personen weiterhin möglich sein.
Nicht betroffen von der 19-Uhr-Regelung ist der Sport im Aussenbereich. Wer also nach 19 Uhr noch seine Runde joggen will, wird das auch künftig tun können.
Ja. In den Skigebieten gilt, was der Bundesrat bereits vorher beschlossen hatte: Die Kantone entscheiden, ob ein Skigebiet geöffnet werden darf oder nicht. Es muss ein Schutzkonzept vorgelegt werden, in dem unter anderem eine Einlassbeschränkung, eine Kapazitätsbeschränkung in den Gondeln, eine Maskenpflicht und genügend Abstand geregelt sein muss. Für den Sport im Aussenbereich gilt die neue 19-Uhr-Regelung nicht. Die Gastrobetriebe in den Bergen müssen sich allerdings daran halten.
Eine Schliessung der Skigebiete, so wie dies in den Nachbarländern beschlossen wurde, ist laut dem Bundesrat nicht geplant. Man stehe in ständigem Austausch mit den anderen Ländern, aber die Schweiz versuche, einen eigenen Weg zu finden, so Berset am Dienstag.
Neben Skigebieten sollen auch weitere Betriebe von der 19-Uhr-Sperrstunde ausgenommen sein. So schreibt es der Blick. Apotheken, soziale Einrichtungen, Tankstellen und Märkte im Freien dürfen auch länger geöffnet haben. So zumindest schlägt es der Bundesrat vor.
Das kommt darauf an, wie sich die epidemiologische Lage in den Kantonen in den nächsten Tagen entwickelt. Sofern sich diese nicht verschlechtert, dürfen zwischen dem 24. und dem 26. sowie am 31. Dezember Feiern mit bis maximal 10 Personen stattfinden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob drinnen oder draussen gefeiert wird. Auch für Familien, die eine Waldweihnacht organisieren, gilt eine Obergrenze von 10 Personen.
Allenfalls soll es für Restaurants während der Festtage zwischen dem 24. und 26. und dem 31. Dezember Ausnahmen geben, so dass diese nicht schon um 19 Uhr schliessen müssten. Ähnliches könnte auch für die Mitternachtsmesse am Heiligen Abend und für kirchliche Silvesterfeiern gelten. Die definitiven Regeln für Weihnachten und Neujahr wird der Bundesrat wohl am Freitag präsentieren. Gemäss der Zeitung «Blick» dürfen Betriebe bis 1 Uhr nachts geöffnet sein.
Ja, die grossen Testzentren werden auch an den Feiertagen geöffnet haben.
Hotels sind von den neuen Massnahmen nur insofern betroffen, dass Gastrobetriebe um 19 Uhr schliessen müssen. Die Unterkünfte selbst sind weiterhin geöffnet. In der Schweiz gebuchte Ferien sollten unter den gegeben Umständen stattfinden können.
Die Taskforce des Bundesrates ist der Ansicht, dass diese Massnahmen ausreichen sollten, um die hohen Zahlen runter zu bringen. An einer Medienkonferenz am Mittwoch sagte Taskforce-Leiter Martin Ackermann, die Erfahrungen in der Westschweiz hätten gezeigt, dass man mit diesen Regeln die Ansteckungen rasch senken könne. Dabei sei aber entscheidend, ob die Bevölkerung die Massnahmen mittrage. Ansonsten mache es keinen Sinn. «Der Schlüssel zum Erfolg ist, dass die Kontakte reduziert werden», so Ackermann.
Bundesrat Alain Berset sagte am Dienstagabend, dass es dann über die kommenden Massnahmen hinaus eine weitere Eskalationsstufe gebe. Konkret heisst das: Sollte sich die epidemiologische Lage bis zum 18. Dezember weiter verschlechtern, werde die Bundesregierung mit einem Lockdown reagieren. Dieser könnte nur bestimmte Kantone, Regionen oder die ganze Schweiz treffen. Er würde am 19. Dezember in Kraft treten und damit auch die Feiertage treffen.
Mehr Details dazu, unter welchen Umständen ein erneuter Lockdown verhängt würde, konnte Berstet in der Pressekonferenz noch nicht sagen. «Die Eskalation ist dann erreicht, wenn die Situation in einzelnen Kantonen ausser Kontrolle gerät und der betroffene Kanton nicht so handelt, wie das aus Sicht des Bundesrats nötig wäre», sagte der Gesundheitsminister.
So lautet zumindest der Plan der Taskforce. Wobei dann eine kantonale Impfstrategie festlegen muss, welche Personengruppen zuerst geimpft werden. An einer Medienkonferenz am Mittwoch betonte BAG-Mitarbeiter Patrick Mathys: «Das Ziel ist, dass wir ab Januar 70'000 Personen pro Tag impfen können. Dabei handelt es sich aber lediglich um Planungseckwerte. Garantieren können wir diese Planung nicht.» Wann genau mit dem Impfen begonnen werden könne, hänge auch damit zusammen, wie schnell der Impfstoff in der Schweiz zugelassen werde.