Noch ist es ruhig auf dem Campingplatz am Bodensee. Die wenigen Wohnmobile stehen weit auseinander. Ein Mann kniet am Boden und füllt einen Wassertank. Froh sei er, dass dieser Platz geöffnet ist, als einer von wenigen in der ganzen Schweiz, erzählt er. Aus dem Kanton Schwyz sind er und seine Frau an den Bodensee gefahren. «Ein paar Tage weg von allem und vor allem von diesem Coronavirus», sagt er. Seine Frau und er würden im Detailhandel arbeiten. «Furchtbare Tage sind das gewesen. Hier können wir etwas frische Luft tanken, bevor es wieder losgeht.» Angst, die gemeinschaftlich genutzten Sanitäranlagen zu nutzen, haben sie keine. «Bei unserer Arbeit mit viel Kundenkontakt ist das Ansteckungsrisiko viel höher.»
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Ferien in Zeiten von Corona? Ist das noch erlaubt? Es ist ein Graubereich, wie so vieles zurzeit. Laut Beschluss des Bundesrates dürfen Hotels und Campingplätze bis auf weiteres geöffnet bleiben. Jedoch appellierte Bundesrat Alain Berset eindringlich an die Bevölkerung, private Reise zu unterlassen.
Auch die zwei beliebten Feriendestination Graubünden und Tessin haben erst gestern einen gemeinsamen Appell an Kurzurlauber und Feriengäste gerichtet. Dieser lautet: «Bleiben Sie zu Hause». Das gelte insbesondere für die Ostertage. Explizit im Aufruf genannt sind die Zweitwohnungsbesitzer: Auch sie werden gebeten, nicht ihre Ferienwohnung oder ihr Rustico zu beziehen. Dies, um die Gesundheitsinfrastrukturen im Tessin und in Graubünden nicht zusätzlich zu belasten.
Die meisten Hotels haben deshalb ihre Pforte geschlossen. In der Feriendestination Arosa bieten nur noch ein Hotel, ein Bed&Breakfast sowie zwei Ferienwohnungsanlagen Betten an. «Arosa ist repräsentativ für die aktuelle Situation in Graubünden. Im ganzen Kanton sind nur acht Prozent aller Hotels im ordentlichen Betrieb geöffnet», sagt Luzi Bürkli von Graubünden Ferien.
«Wir sind alle betroffen und aufgerufen, Verantwortung zu übernehmen», schreibt auch der TCS, mit 24 Campingplätzen der grösste Anbieter der Schweiz, auf seiner Website. Alle TCS-Plätze bleiben daher bis auf weiteres geschlossen. Ähnlich handhaben es die allermeisten der über 300 Campingplätze in der Schweiz. Aber eben nicht alle, schätzungsweise zehn Prozent der Plätze sind weiterhin geöffnet.
Eine, wenn auch nicht vollständige Liste der zurzeit geöffneten Campingplätze findet man auf der Website von yellowcamper.ch, einem Vermieter von Campingbussen. Das Berner Unternehmen bietet das Campen als «planbare Alternative, um im Inland zu verreisen» an. Solange keine Ausgangssperre verhängt werde, spreche nichts dagegen, zu zweit ins Grüne zu fahren», findet Heimito Reinhardt von Yellowcamper. Einige Kunden hätten nach freien Fahrzeugen gefragt, weil ihnen zu Hause langsam die Decke auf den Kopf falle.
Auch auf der Liste ist der Campingplatz am Bodensee. Die Betreiber wollen ihren und den Namen des Platzes lieber nicht in der Zeitung lesen, um einen grösseren Ansturm zu verhindern. Für die Ostertage nehmen sie keine Reservationen mehr an und erklären den Leuten immer wieder, dass es jetzt nicht schlau ist, in Gruppen auf den Campingplatz zu kommen. «Ich könnte den Platz wohl zweimal füllen, aber das will ich nicht, ich will hier keine Partystimmung», erklärt der Besitzer am Telefon.
Den Camping ganz zu schliessen, wie es die meisten Plätze in der Schweiz nun freiwillig tun, wäre einfacher, dass weiss er. Doch die finanzielle Situation ist ihm zu unsicher. «Der Platz ist unsere Existenzgrundlage und wir wollen nicht auch noch Kurzarbeit anmelden, da gibt es andere Branchen, die es jetzt noch härter trifft.» Also machen sie weiter, mit klaren Regeln. Auch mit der Polizei und Behörden stehen sie im Kontakt. Für Gruppenbildungen auf dem Campingplatz müssen sie keine Haftung übernehmen. Verantwortlich fühlen sie sich trotzdem. Zurzeit seien mehrheitlich ältere Paare auf dem Platz am See zu Gast, die meisten davon Vielreisende, die zu jeder Jahreszeit unterwegs seien.
Wie etwa das Ehepaar, das vor wenigen Tagen erst mit dem Wohnwagen von Spanien in die Schweiz zurückgefahren ist. Regelrecht gestrandet seien sie hier, erzählt der Mann. In Spanien hätten alle Campingplätze dichtgemacht. Die Situation sei beängstigend geworden. Einen festen Wohnsitz haben die beiden 69-Jährigen nicht mehr. Die kalten Monate verbringen sie jeweils im Süden, den Sommer in der Schweiz oder noch weiter nördlich, immer in ihrem Wohnwagen. «Wir hoffen nun für einige Wochen hier am Bodensee bleiben zu können. Wir wissen sonst nicht wo hin.»
So richtig willkommen wären sie auch auf der Lenzerheide nicht. «Wir haben mit stark reduziertem Betrieb geöffnet ja, aber wir motivieren niemanden zu kommen», sagt Christoph Nadig, Betreiber der beiden Plätze Gravas und St.Cassian. Da sie viele Dauermieter hätten, müsse er den Platz sowieso offen halten. Auch er verweist darauf, dass man zurzeit auf Freizeitreisen verzichten solle. Aber er schicke niemanden weg.
Die sanitären Anlagen seien auf beiden Campingplätzen weiterhin offen, genügend Desinfektionsmittel sei vorhanden, jedes zweite WC habe er abgeschlossen, jedes zweite Lavabo abgesperrt. Er werde den Platz auf keinen Fall füllen. Was an Ostern sein werde, könne er noch nicht abschätzen. «Das Wetter wird die entscheidende Rolle spielen», sagt Nadig «und der Bundesrat.»
Puki
c_meier
Empfehlung: verreisen Sie nicht, Risikogruppen zu Hause bleiben
niemand:
CH Medien: ein Artikel über Camping-Ferien...
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DLOU