Am Mittwoch hat die Zahl der bestätigten Corona-Virus-Ansteckungen in der Schweiz offiziell die 3000er-Grenze überschritten. Unter den Infizierten befinden sich nun auch Gesundheitsfachpersonen, die auf den Intensivstationen lebensbedrohlich erkrankte Covid-19-Patienten behandeln.
Das bestätigt die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) auf Anfrage. Ein Sprecher betont, es handle sich bei den Erkrankten im Allgemeinen um junge und gesunde Menschen mit einem sehr geringen Sterberisiko.
Die Organisation rechnet damit, dass in der Schweiz mittelfristig ähnlich wie in Italien neun Prozent aller Ansteckungen auf Angestellte im Gesundheitsbereich entfallen werden. Im südlichen Nachbarland betrug die Zahl der infizierten Ärzte und Pflegefachpersonen am 15. März rund 2026 bei total 22'512 Ansteckungsfällen. Die infizierten Angestellten können laut der Gesellschaft für Intensivmedizin für mindestens zehn Tage nicht arbeiten: «Das Gesundheitssystem wird dadurch zusätzlich unter Druck gesetzt.»
Daniel Koch, Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), sagte diese Woche, die Situation auf den Intensivstationen sei derzeit noch unter Kontrolle. Doch wenn es nicht gelinge, die Ansteckungskurve abzuflachen, werde dies in den Spitälern zu Überlastung und zu zusätzlichen Todesfällen führen. Das BAG beziffert die Zahl der maximal verfügbaren Intensivpflegebetten in der Schweiz auf 1200.
Auch der Berufsverband der Pflegefachfrauen und -männer bezeichnet die aktuelle Situation in den Spitälern als angespannt. Das Personal leiste Zusatzschichten und Überstunden, sagt Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Verbandes. Sie rechnet mit weiteren Ausfällen von Gesundheitsfachpersonen, die selbst zur Risikogruppe gehören.
Es gebe Pflegefachpersonen, die an Krebserkrankungen, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen litten. Deren Einsatz bei der Behandlung von Covid-19-Patienten sei «heikel». Die Spitäler müssten klären, ob sie die betreffenden Angestellten in Bereichen ohne Patientenkontakt einsetzen können. «Zum Beispiel im Back-Office oder in der Administration.»
Als «höchstkritisch» beurteilt Ribi den Rückruf von pensionierten Pflegefachkräften zur Erhöhung der Kapazitäten in den Spitälern. «Wir haben von mehreren Kantonen und Institutionen gehört, die pensioniertes Personal einsetzen wollen.» Pflegefachpersonen über 64 respektive 65 Jahren gehörten jedoch zu den vulnerablen Gruppen und hätten den gleichen Schutz verdient wie alle anderen Menschen.
Personalengpässe sind auch bei der Spitex zu erwarten. Marianne Pfister, Geschäftsführerin des nationalen Dachverbandes, sagt, die Non-Profit-Spitexorganisationen pflegten bereits jetzt infizierte Menschen. Im Kanton Luzern führten Angestellte bei den Klienten zu Hause Sars-CoV-2-Tests durch. Die Mitarbeitenden können aufgrund der Zusatzbelastung künftig ähnlich wie die Spitäler nicht mehr alle Leistungen anbieten.
«Angehörige unserer Klienten müssen in den kommenden Wochen und Monaten wahrscheinlich vermehrt bei der Betreuung ihrer Verwandten einspringen.» Es gebe beispielsweise Menschen, welche die Spitex nur für das Hochziehen der Stützstrümpfe benötigten. Solche leichten Betreuungsaufgaben könnten Angehörige gut übernehmen.
Nicht nur die Personalknappheit, auch die knappe Zahl der Beatmungsgeräte in den Spitälern bereitet Experten Sorgen. Die Schweiz verfügt laut Andreas Wieland, Chef des weltweit führenden Beatmungsgeräteherstellers Hamilton Bonaduz, über 1000 bis 1200 der lebensrettenden Maschinen.
«Ich gehe davon aus, dass dies niemals ausreichen wird, wenn die Pandemie so heftig kommt wie in Italien», sagte er diese Woche zu «Swissinfo». Sein Unternehmen liefere derzeit in die Schweiz, aber auch ins Ausland. «Wir versuchen, dorthin zu liefern, wo die Not am grössten ist.» (bzbasel.ch)