Die Wogen gingen – und gehen – hoch: FDP-Nationalrat Kurt Fluri hat mit seinen Aussagen eine heftige Debatte ausgelöst. Zur Erinnerung: Der Solothurner regte an, dass die Krankenkassen die Kosten von Covid-Erkrankten nicht mehr in jedem Fall bezahlen sollen, – jedenfalls wenn sich die Personen hätten impfen lassen können.
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Dadurch soll die Impfbereitschaft der Leute indirekt erhöht werden. «Sonst müssen wir alle ewig warten, um unsere Freiheiten zurückzubekommen», sagte Fluri gegenüber CH Media.
Die Forderung stösst nun von links bis rechts, von Impfwilligen bis zu Covid-Skeptikern auf Kritik. SP-Nationalrätin Sarah Wyss (BS) spricht von einer gefährlichen Entwicklung. Damit werde der heutige Solidaritätsgedanken torpediert, bei dem Krankheitskosten über die Krankenkasse solidarisch getragen würden. Nationalrätin Wyss möchte zwar die Impfbereitschaft auch erhöhen. Sie hält es aber für «nicht zielführend, wenn nun Druck aufgebaut wird». Es brauche Aufklärung, um die Ängste abzubauen, sagt sie. Auf Twitter schrieb sie:
Mit allem Verständnis für diese Forderung - es darf nicht sein, dass wir unser Gesundheitssystem dermassen torpetieren. Auch wenn ich kein Verständnis habe für #covidioten !
— Sarah Wyss (@Sarah_Wyss) July 22, 2021
Denn was folgt danach? #gefährlicheentwicklung https://t.co/h52t1jyGPt
Kritisch äussert sich auch SP-Nationalrätin Franziska Roth. «Wen nehmen die Politiker als nächstes ins Visier, da die Zeit doch gerade so gut ist: Die Dicken, die Rauchenden, die Drogen-Süchtigen?», fragt die Solothurnerin in den Sozialen Medien.
Ebenfalls zu weit geht Fluris Vorschlag Mitte-Nationalrätin Marianne Binder (AG). Sie versteht aber seine Sorge um die mangelnde Impfbereitschaft und begrüsst die Diskussion. Man müsse sich schon Gedanken machen, wie man die Impfbereitschaft erhöhen könne. Denn wenn im Herbst wiederum eine Überlastung des Gesundheitssystems droht, treffen die Massnahmen alle. «Wer kann, soll sich impfen lassen», sagt Binder auf Anfrage von CH Media.
Sie setzt allerdings eher auf eine gute Kommunikation des Bundes oder weitere Kampagnen. Binder kann sich ebenso vorstellen, dass Geimpfte bald einmal die Masken nicht mehr tragen müssten, gerade in Institutionen, in welchen man das gut überprüfen kann. Das ist weniger ein Privileg, sondern eine Konsequenz.
Grundsätzlich wehrt sich auch die SVP gegen Einschränkungen für Ungeimpfte. «Für mich kommt eine Ausweitung des Covidzertifikats auf alltägliche Tätigkeiten wie einen Restaurantbesuch nicht in Frage», sagte SVP-Nationalrat Albert Rösti dieser Zeitung.
Die Partei warnt vor einer Zweiklassen-Gesellschaft. Und die Covic-Skeptikerin Joyce Küng, die einen eigenen Telegram-Kanal betreibt, schreibt auf Twitter zu Fluris Forderung:
Die hoch gehenden Wogen kommen nicht unerwartet: Bereits in der Vergangenheit hatten vergleichbare Vorschläge für Furore gesorgt. Bekanntestes Beispiel: Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel. Die Aargauerin hatte einst höhere Prämien für Dicke, Raucher oder Alkoholiker ins Spiel gebracht. Das ist inzwischen Jahre her. Bis heute ist die Debatte aber mit ihrem Namen verbunden.
Dass Fluri die Forderung stellt, ist allerdings nicht ganz überraschend. Nicht nur, weil er den Impfdruck erhöhen will, oder weil er bekannt dafür ist, seine Meinung auch bei Gegenwind zu vertreten. Als «Vater des Inländervorrangs» und Bekämpfer der SVP-Initiativer zur Masseneinwanderung ist er Debatten nie aus dem Weg gegangen – und ist sich Anfeindungen gewohnt.
Es ist vor allem aber nicht besonders überraschend, dass mit Fluri ein Liberaler die Forderung stellt: Laut dem SRG-Corona-Monitor sind nur 36 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer dafür, dass Ungeimpfte einen Teil der Behandlungskosten selbst tragen müssen. Unter den FDP-Anhängern sind es aber 51 Prozent. (bzbasel.ch)
Ich bin seit 5 Wochen vollständig geimpft, aus unserem Dorf habe ich sogar drei Personen jeweils zweimal zum Impfzentrum gefahren.
Ich würde aber nie jemandem vorschreiben wollen, das er sich impfen soll, genauso wenig wie ich jemandem abraten würde.