Die Tessiner Regierung verlängert trotz sinkender Zahlen von gemeldeten Neuinfektionen und Todesfällen den Notstand bis Ende Juni. Dadurch wolle er dem Krisenstab Luft verschaffen, erklärte Regierungspräsident Norman Gobbi am Mittwoch vor den Medien.
Trotz den guten Zahlen sei weiterhin vorsichtiges Handeln gefragt, sagte Gobbi gleich zu Beginn der Medienkonferenz. «Wir müssen auch während des Sommers noch mit dem Virus leben - und wahrscheinlich noch um einiges länger.»
Folgende 5 Punkte gaben am Mittwoch vor Auffahrt zu reden:
Gäste aus dem Norden seien wieder willkommen im Tessin, sagte Gobbi weiter. Sie werden aber von der Regierung zu verantwortungsvollem Verhalten aufgefordert. Mit dem dreisprachigen Flyer «Willkommen zurück im Tessin» hält der Regierungsrat ausserkantonale Gäste dazu an, Abstand zu halten - «auch im Urlaub».
Eine Schutzmaske zu tragen, sei ein altruistischer Akt, hielt Gobbi fest. Unabdingbar sei die Maske an Orten, an denen sich viele Personen befänden.
Neben dem Hinweis auf die Maske fordert die Regierung auf ihrem Flyer alle Gäste dazu auf, Abstand zu halten und das Versammlungsverbot zu beachten. Dies sei eine «neue Art des Zusammenseins», resümierte Gobbi. Das Einhalten der Regeln würde von der Tessiner Kantonspolizei überprüft, sagte Elia Arrigoni.
Nichtsdestotrotz werden auch im Tessin die Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie schrittweise gelockert. So sind auch im Südkanton ab dem 28. Mai Gottesdienste wieder erlaubt.
Weiterhin geschlossen bleiben trotz Lobbyarbeit die Campingplätze. Auf Rückfrage eines Journalisten erinnerte Gobbi daran, dass wildes Campen verboten sei und durch die betreffende Gemeinde sanktioniert werden könne.
Auf die Frage, wie es mit der geplanten Grenzöffnung von Seiten Italiens per 3. Juni weitergehe, antwortete zuerst Kantonsarzt Giorgio Merlani. Man müsse sich bewusst sein, dass das Tessin zwar an die Lombardei grenze, die epidemiologische Situation jenseits der Grenze jedoch eine völlig andere sei. Im Südkanton befänden sich derzeit nur 22 Personen in Quarantäne, hielt Merlani fest.
Der Bundesrat habe akzeptiert, dass die Tessiner Regierung in die weiteren Schritte involviert werden wolle, ergänzte Regierungspräsident Gobbi. Den Entscheid, am 3. Juni die Grenzen zu öffnen, habe Italien «unilateral» getroffen.
Der Regierungsrat habe sich am Vormittag mit der Tessiner Delegation von National- und Ständerat getroffen und bei dieser Gelegenheit seinen Befürchtungen hinsichtlich einer Grenzöffnung Ausdruck gegeben. Ziel müsse es sein, dass die Neuinfektionen im Tessin nicht mehr ansteigen, sagte Gobbi.
Die Situation in und um Mailand müsse aufmerksam verfolgt werden. Die engen Wohn- und Lebensverhältnisse seien in etwa mit New York vergleichbar, sagte Gobbi weiter. Nächste Woche werde sich die Regierung mit dem Bundesrat austauschen.
Nach den ersten Lockerungen sei es zu einigen Regelverstössen gekommen, sagte Elia Arrigoni von der Tessiner Kantonspolizei. Am häufigsten habe die Polizei auf Terrassen von Restaurants und Bars intervenieren müssen, weil Personen zu nah beieinander sassen, erklärte er. Auch hätten mehrere Personen stehend an einer Bar etwas konsumiert, was verboten sei, hielt Arrigoni fest. Zudem hätten gewisse Restaurants oder Bars nicht pünktlich um Mitternacht geschlossen.
Kantonsarzt Giorgio Merlani präsentierte anschliessend die aktuellen Zahlen. Demnach wurden im Tessin bis Mittwoch 3287 Personen positiv auf das Coronavirus getestet. Neu seien in den letzten 24 Stunden zwei positiv Getestete dazu gekommen.
In den Spitälern würden derzeit 49 Personen aufgrund einer Covid-19-Erkrankung behandelt, davon vier auf der Intensivstation. Insgesamt sind bis Mittwoch im Tessin 344 Personen am Coronavirus gestorben. In den letzten 24 Stunden sei jedoch kein neuer Todesfall gemeldet worden, hielt Merlani fest.
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Der Kantonsarzt informierte die Medienschaffenden auch zum aktuellen Stand einer Studie im Kanton. 1500 Personen sollen während eines Jahres immer wieder auf das Coronavirus getestet werden. Ziel der Studie ist es, zu eruieren, wie viele Menschen im Tessin bereits mit dem Virus in Kontakt gekommen sind.
Von den 1500 angeschriebenen Personen habe man schon über 200 getestet, sagte Merlani. Er riet überdies grundsätzlich davon ab, sich bei Symptomlosigkeit auf das Virus testen zu lassen. Die Tests seien noch nicht sehr verlässlich und könnten Getestete in einer falschen Sicherheit wiegen, warnte der Arzt. (cma/sda)