Ein eher mühsames Kapitel bei der Bewältigung der Coronakrise heisst: «Die Gesundheitsbehörden und die Digitalisierung». Zu Beginn der Pandemie im Frühling mussten Ärzte ihre Fälle per Fax ans Bundesamt für Gesundheit (BAG) übermitteln, was dort zu veritablen Papierbergen führte. Die Berner Beamten kämpften mitunter mit unlesbaren Handschriften. Wiederholt kam es zu Pannen.
>>> Hier geht's zum Liveticker.
Immerhin: Inzwischen werden nur noch wenige Befunde per Fax übermittelt. Und seit Anfang April verfügt das BAG über die Abteilung «Digitale Transformation». Selbst die Verantwortlichen räumten ein, dass es diesbezüglich viel aufzuholen gebe.
Doch noch immer treibt die Papierbürokratie in manchen Bereichen ihre Blüten. Bei der Einreise in die Schweiz müssen alle Flugpassagiere von Hand einen Zettel ausfüllen. Alles läuft analog: Die Fluggesellschaften sind verpflichtet, die sogenannten Kontaktkarten vom Kabinenpersonal einsammeln zu lassen, in Kisten zu packen, darin aufzubewahren und nach 14 Tagen zu vernichten. Falls jemand an Bord des Flugzeuges oder kurz nach der Landung infolge einer Coronainfektion erkrankt, muss die Airline die Zettel des betroffenen Fluges einscannen und ans BAG schicken. Dort werden die Karten triagiert und wiederum an die Wohnkantone der Passagiere weitergeleitet.
Parallel dazu benötigen die kantonalen Behörden die Kontaktdaten, um kontrollieren zu können, ob Einreisende aus Risikoländern die Quarantänepflicht einhalten. Nachdem diese Formulare anfänglich erst mit bis zu zehn Tagen Verzögerung – just so lange würde die Quarantäne dauern – bei den Kantonen angekommen sind, kümmert sich zumindest in Zürich seit August die Flughafenpolizei um deren Sortierung.
Auf den Formularen müssen Angaben wie Reiseroute, Sitznummer oder Wohnsitz vermerkt werden. Die Informationen sind notwendig, weil die vorhandenen Passagierdaten teils lückenhaft sind. Sie enthalten nichts zum Ausgangspunkt einer Reise, zu allfälligen Transitflughäfen oder vor allem auch zum Aufenthaltsort von Touristen und Geschäftsreisenden. Eine Kontaktkarten-Pflicht gilt überdies für Passagiere von Reisebussen aus Risikoländern.
Gelangen die Angaben angesichts tausender Zettel effizient von der Front zu den Behörden? Selbst aus dem Kreis der Fluggesellschaften gibt es Zweifel, ob immer eine rasche Rückverfolgung garantiert werden kann, wie es hinter vorgehaltener Hand heisst.
Tatsächlich kündigte das BAG schon im Juli an, man strebe eine elektronische Erfassung an. Es stellten sich aber noch Datenschutzfragen, rechtfertigte sich das Amt damals in den Tamedia-Zeitungen. Nun könnte es bis zur digitalen Zukunft weiter dauern: Gemäss Informationen der Redaktion von CH Media soll die erste Version einer elektronischen Kontaktkarte für Passagiere frühestens Ende Jahr vorliegen.
Das BAG dementiert dies auf Anfrage nicht. Offiziell bestätigt ein Sprecher allerdings nur, dass entsprechende Arbeiten laufen. Erklärtes Ziel sei es, die Kontaktnachverfolgung bei positiv getesteten Passagieren «effizienter zu gestalten».
Dass Kontaktdaten von Flugpassagieren keineswegs umständlich von Hand erfasst werden müssen, zeigt ein Blick ins europäische Ausland. Manche Länder wie Grossbritannien oder Portugal setzen auf eine Onlineregistrierung, andere wie Spanien auf spezifische Apps. Von den Behörden Griechenlands erhalten die Passagiere nach der Registrierung sogar per E-Mail einen QR-Code, den sie beim Einchecken und Einsteigen vorweisen müssen.
Noch dazu mitten in einer Pandemie.
Digitalisierung bedeutet nämlich in erster Linie Prozesse Optimieren und Effizienter zu machen.
Schlechte Prozesse bleiben auch in Digitaler Form schlechte Prozesse.
Aber ändern Sie mal etwas das ja "bis jetzt doch immer Funktioniert hat".
Viel Spass dabei