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Coronavirus: So lief die Jugend-Arena zur Lehrstellensuche

Mittendrin statt nur dabei: Sechs Kinder und Teenager stehen im Zentrum der 13. Corona-«Arena» in Folge.
Mittendrin statt nur dabei: Sechs Kinder und Teenager stehen im Zentrum der 13. Corona-«Arena» in Folge.screenshot srf

«Das Messer am Hals» – Schüler berichten in der «Arena», wie ernst die Lage für sie ist

70 Lehrstellen-Bewerbungen für die Katz: Viele Jugendliche machen sich wegen der Coronakrise sorgen um ihre Zukunft. Aber nicht alle: Ausgerechnet der jüngste «Arena»-Gast aller Zeiten sorgt für den Lacher des Abends.
16.05.2020, 00:1716.05.2020, 12:36
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Eines muss man Moderator Sandro Brotz lassen: Auch in der 13. Corona-Sendung in Serie gehen ihm die Ideen nicht aus. Diesmal schaltet die «Arena»-Crew gleich sechs betroffene Teenager und Kinder live ins Studio.

Olivia (8) sorgt für den Lacher des Abends:

Video: streamable

Darunter ist die achtjährige Schülerin Olivia Albertin – sie ist der jüngste «Arena»-Gast aller Zeiten. Die Bündnerin sorgt mit ihrer lockeren Zunge gleich für den Lacher des Abends. «Ich habe keinen Wunsch. Es hat mir gereicht, dass ich ins Fernsehen gekommen bin», sagt sie zu Brotz, der sich wie die Politikerinnen einen Lacher nicht verkneifen kann.

Corona – Jugend ohne Zukunft? Das Kernthema der Sendung ist hingegen alles andere als lustig. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass wegen der Coronakrise in der Schweiz über 20'000 Lehrstellen verschwinden. Insbesondere den Tourismusbereich trifft es schwer.

«Wir kriegen keine Unterstützung von der Schule. Die Lehrstellensuche ist extrem schwierig.»
Enya Silalm, Schülerin
Enya sucht verzweifelt eine Lehrstelle im Tourismusbereich. Video: streamable

Das spürt Enya Sialm (16) am eigenen Leib. Sie hat bereits 70 Bewerbungen für eine Lehrstelle in der Tourismusbranche verschickt – ohne Erfolg. «Viele Betriebe schreiben mir gar nicht zurück. Es ist schon extrem schwierig», so die Schülerin aus Regensdorf ZH. Ihre Schule hat ausgerechnet wegen Corona-Restriktionen jenes Schulfach gestrichen, bei dem die Kids lernen, Bewerbungen zu schreiben. Dies, weil viele Schüler schon eine Lehrstelle gefunden hätten. «Das ist wirklich ungerecht», enerviert sich Enya.

Die Unsicherheit bei Lehrstellensuchenden ist landauf landab gross. «Die Betriebe dürfen nicht in einer Corona-Starre verharren, sondern sollen Lernende einstellen. Sonst machen sie die Träume der Jugendlichen kaputt», sagt SVP-Nationalrätin und Unternehmerin Diana Gutjahr. Die Ausbildung sei für die Familie und den Betrieb wichtig: «Eine Lehre gibt dem ganzen Umfeld Sicherheit.»

Lukas hat das «Messer am Hals»

Video: streamable

Der 16-jährige Lukas Martins Da Silva hat das «Messer am Hals», wie es Moderator Brotz ausdrückt. Lukas absolviert ein Zwischenjahr und braucht dringend einen Ausbildungsplatz. Sein grosser Traum ist ein Barkeeper-Job. Bislang sucht er vergeblich nach einer Lehrstelle als Restaurantfachperson. «Ich bin halt noch ein bisschen in der Warteschlaufe», sagt der Schüler aus Uster ZH.

«Der Lehrstellenmarkt ist trotz Corona nicht zusammengebrochen.»
Conradin Cramer, Erziehungsdirektorenkonferenz

Aber wie schlimm ist die Lehrstellensituation wirklich? «Der Lehrstellenmarkt ist trotz Corona nicht zusammengebrochen», betont Conradin Cramer, Basler Regierungsrat und Mitglied der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK). «Unsere Gesellschaft muss jetzt den Jungen helfen.» Dies etwa mit flexiblen Überbrückungsangeboten.

«Eine Taskforce ist schön auf dem Papier, nützt aber den Betrieben schlussendlich nichts.»
Diana Gutjahr, SVPBet

Bundesrat Guy Parmelin hat eigens eine Corona-Taskforce für den Bildungsbereich eingesetzt. Dies beeindruckt SVP-Parteikollegin Gutjahr wenig. «Eine Taskforce ist schön auf dem Papier, nützt aber den Betrieben schlussendlich nichts.» Wichtig sei, dass die Schulen eng mit dem Gewerbe zusammenarbeiteten und so Lehrstellen für die Schüler fänden.

Diana Gutjahr (SVP).
Diana Gutjahr (SVP).screenshot srf

SP-Nationalrätin Sandra Locher Benguerel sagt, dass der Übergang von der Volksschule ins Berufsleben eine äusserst sensible Phase sei. «Die Kinder brauchen Unterstützung. Es ist wichtig, dass wir jetzt für alle eine Lösung finden.»

«Da musst du fighten, fighten, fighten! »
Thomas Minder, Schulleiter

Einen ungewöhnlichen Lehrstellenwunsch hat Sunny Tremmel (16) aus Hallwil AG. Sie will LKW-Mechanikerin werden, da sie «grosse Sachen» mag. Sie habe zwar noch ein paar wenige Bewerbungen offen. «Aber die Unternehmen melden sich einfach nicht», so Sunny.

Vielleicht hilft ein einfacher Tipp: «Da musst du fighten, fighten, fighten und weitere Bewerbungen rauslassen. Und immer wieder nachhaken», sagt Thomas Minder, Präsident des Verbands Schulleiter Schweiz. Hartnäckigkeit werde am Schluss immer belohnt.

Sunny Tremmel will LKW-Mechanikerin werden.
Sunny Tremmel will LKW-Mechanikerin werden. screenshot srf

Umstrittener Flickenteppich bei den Schulöffnungen

«Für uns Schülerinnen ist es sehr anstrengend, die Corona-Regeln einzuhalten.»
Angela Blatter, Schülerin
Angela Blatter. Video: streamable

Neben dem Lehrstellen-Problem dreht sich die «Arena» um die Situation in den Schulen. Bei den Corona-Regeln in den Schulhäusern herrscht ein kantonaler, ja sogar kommunaler Flickenteppich.

Die 11-jährige Angela Blatter aus Oey im Diemtigtal BE muss im Schulbus etwa eine Maske tragen. «Manchmal bekomme ich unter der Maske fast keinen Schnauf mehr. Sowieso ist es für uns Schüler sehr anstregend, alle Corona-Regeln einzuhalten.» Dies umso mehr, weil man sich zuletzt endlich an den Alltag im Home-Schooling gewöhnt habe. «Jetzt müssen wir uns mit all den Corona-Neuerungen in der Schule schon wieder neu anpassen.» Für die Schüler sei dies erneut eine grosse Umstellung. «Das ist echt nicht für alle easy», sagt Minder vom Schulleiterverband dazu.

Zumindest Olivia Albertin ist sehr gerne wieder in die Schule gegangen. «Ich habe mich so gefreut, meine Freundinnen zu sehen. Alleine Ufzgi zu machen, war einfach so doof. »

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So entwickelten sich die Lehrstellen
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So entwickelten sich die Lehrstellen
Informatiker: +359 Prozent. Es ist in Zeiten der rasant fortschreitenden Digitalisierung keine Überraschung: Die Zahl der ausgebildeten Informatiker ist hierzulande in den letzten Jahren in rasantem Tempo gewachsen – und so stark wie in keiner anderen Berufsgruppe. Seit 2000 hat sich die Zahl der Lehrabschlüsse vervierfacht, von 391 auf 1795.
quelle: keystone / alexandra wey
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So kreativ unterrichten die Lehrer nun per Video
Video: srf
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76 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Töfflifahrer
16.05.2020 07:53registriert August 2015
Warum haben wir von den Branchenverbänden hierzu nichts gehört? Es wäre interessant zu erfahren welche effektiven Gründe zur Zeit die Betriebe an der Einstellung von Lernenden hindert und wie diese unterstützt werden können. Sicher, viele Betriebe legen jetzt den Fokus aufs überleben und den Re-Start ihres Geschäftes. Aber auch diese sind letztendlich an einem funktionierenden Ausbildungsplatz interessiert. Auch wenn evtl. ein Instrument wie Lernenden-Kurzarbeit oder Ausbildung des 1. Lernjahres in Branchen-Ausbildungsstätten zu entwickeln sind.
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esclarmonde
16.05.2020 09:36registriert Mai 2019
Dass sich mögliche Arbeitgeber nicht melden, ist nichts neues.
Aber wenn sich hier eine Mutter für ihre 16-jährige Tochter bewirbt, inkl. Partyfoto der Tochter... Und Muttern dann pampig reagiert, wenn um eine persönliche Bewerbung der Tochter inkl. Motivationsschreiben gefragt wird.
Nun ja.
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CaptainLonestarr
16.05.2020 06:04registriert Dezember 2016
Interessant das wieder einmal die Seehalde in Niederhasli als Musterschule gezeigt wurde. Die SuS haben alle ein Tablet und es wird altersdurchmischt und individualisiert gearbeitet.
Die Schule hat aber miserable Gymiquoten und sehr schlechte Punktzahlen in den Stellwerkprüfungen. Da wird von der Presse nie nachgefragt.
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