Schweiz
Coronavirus

Das sagen Experten zum Zeitpunkt der Booster-Impfung

Rayneli Brandenberger, Pflegefachfrau HF, spritzt einer Frau eine dritte Covid-19 Impfung als Booster-Impfung, im Referenz-Impfzentrum des Kantons Zuerich beim Zentrum f
Noch sind die über 65-Jährigen mit den Booster-Impfungen dran. Bild: keystone

Kritik am Booster-Impfprogramm des Bundes wird laut

21.11.2021, 20:57
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Dem Zürcher Infektiologen Huldrych Günthard geht es zu langsam mit der Auffrischungsimpfung gegen Covid-19 in der Schweiz. Die über 65-Jährigen müssten die dritte Impfung eigentlich bereits erhalten haben, sagte Günthard in einem Zeitungsinterview. Mehrere Kantone sind dagegen der Meinung, den Zeitplan einzuhalten.

«Es ist unverständlich, dass die Kantone nicht alles unternehmen, um diese älteren und gefährdeten Personen jetzt und nicht erst bis Ende Dezember zu boostern», sagte Günthard im Interview mit der «SonntagsZeitung».

Auch für Jüngere sei der Booster rasch nötig. «Sonst kommen wir bald in die Situation, in der Österreich jetzt schon ist». Im Nachbarland gilt ab Montag ein Lockdown für alle. Während die Ausgangsbeschränkungen für Geimpfte und Genesene spätestens am 13. Dezember enden sollen, ist der Lockdown für Ungeimpfte unbefristet.

Parallel zu den Auffrischungsimpfungen müsse alles unternommen werden, damit sich noch Ungeimpfte die Spritze ebenfalls setzen liessen, sagte Günthard. Kritik übte er auch am Bund: Er habe mit der Zulassung und der Empfehlung für den Booster zu lange gewartet.

Fehle in den Kantonen das nötige Personal für das rasche Impfen, müsste nach Ansicht von Günthard die Armee oder der Zivilschutz aushelfen. Die in der Schweiz verabreichten mRNA-Impfstoffe verzögerten wohl den Anstieg der Spitaleinweisungen. Verhindern könnten diese Impfstoffe «eine sehr problematische Situation» nicht, «weil einfach zu wenige geimpft und geboostert sind», sagte Günthard.

Marcel Salathé, Epidemiologe an der ETH Lausanne, unterstützte Günthard. Die Boosterimpfung nach sechs Monaten werde viel Leid verhindern können, schrieb Salathé am Sonntag auf Twitter. Das müsse jetzt schneller vorwärts gehen.

Drittimpfung zurzeit ab 65 Jahren

Laut der Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK werden zurzeit in der ganzen Schweiz Auffrischimpfungen für Personen ab 65 Jahren, Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen sowie in Einzelfällen für besonders gefährdete Personen unter 65 Jahren mit chronischen Erkrankungen verabreicht.

Diese Personengruppen hätten Priorität, denn bei ihnen zeigten die Daten ab sechs Monaten nach der vollständigen Impfung eine Abnahme des Schutzes vor schweren Erkrankungen, sagte GDK-Sprecher Tobias Bär auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Sobald die prioritären Gruppen Zugang zur Auffrischimpfung hatten, stellten die Kantone die Booster allen zur Verfügung. Laut Armeesprecher Stefan Hofer hat bisher kein Kanton ein Gesuch um Unterstützung der Armee beim Impfen gestellt.

«Kein Personalmangel»

Der Kanton Bern etwa richtete im November und Dezember die Impfkapazitäten auf rund 35'000 Impfungen pro Woche aus, davon 25'000 für Booster, wie Gundekar Giebel, Sprecher der kantonalen Gesundheitsdirektion Bern, am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Er bestätigte damit einen Bericht der «SonntagsZeitung».

Zurzeit gebe es im Kanton nicht mehr als täglich 5000 Personen, die für einen Termin für eine Auffrischimpfung in Frage kommen, also Personen, die 65 Jahre alt oder älter sind, oder aus gesundheitlichen Gründen die Booster-Impfung benötigten. Alters- und Pflegeheime impfen laut Giebel bereits seit über zehn Tagen selbständig.

Giebel geht davon aus, dass diese Personengruppe bis Ende Jahr die Auffrischungsimpfung erhält. Die zu dieser Gruppe zählenden gut 100'000 Personen seien im Kanton Bern ab dem 8. November dazu eingeladen worden, 50'000 hätten bisher einen Termin gebucht. Geimpft wird im Kanton Bern neben den Impfzentren und Impfpraxen auch in einigen Apotheken und Einkaufszentren.

Laut Giebel besteht kein Personalmangel. Zurzeit seien 20'000 Termine offen und weitere würden laufend zugeschaltet. Auch die nötigen Gelder stünden für die Booster-Impfungen zur Verfügung, die zu den Grundaufgaben der Pandemiebekämpfung zählten.

Booster erst nach sechs Monaten nötig

Personen unter 65 Jahren sind von den Bundesgremien noch nicht für eine Booster-Impfung freigegeben. Nach einer Freigabe erhalten die neuen Gruppen im Kanton Bern spätestens ab Januar die Drittimpfung. Giebel ergänzte, dass mindestens sechs Monate zwischen der Zweitimpfung und der Booster-Impfung liegen müssen. Die Grundimmunisierung der grössten Gruppen wurde im Juni und Juli erreicht. Daher sei es im Januar nicht zu spät für die Auffrischungsimpfung.

Eine Pflegefachfrau bereitet Covid-19 Moderna Booster-Impfungen vor, im Referenz-Impfzentrum des Kantons Zuerich beim Zentrum f�r Reisemedizin und Uebertragbare Krankheiten Zuerich, am Donnerstag, 11. ...
Personen unter 65 Jahren sind von den Bundesgremien noch nicht für eine Booster-Impfung freigegeben.Bild: keystone

Auch nach Meinung des Kantons Genf besteht keine Dringlichkeit für Auffrischimpfungen bei den unter 65-Jährigen, wie Gesundheitsdirektor Adrien Bron bereits am Freitag vor den Medien sagte. Der Kanton Genf geht davon aus, dass die über 65-Jährigen bis Ende Jahr die Boosterimpfung erhalten.

Für den Kanton Waadt haben zurzeit ebenfalls die über 65 Jährigen Priorität bei der Auffrischimpfung. Da noch zahlreiche Impfzentren bestehen, sehe der Kanton kein Problem, die dritte Impfdose einer breiteren Bevölkerung verabreichen zu können. (sda)

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120 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gusto
21.11.2021 21:41registriert Mai 2016
In der Schweiz muss es wohl zuerst richtig, richtig "gruusig" und schockierend à la Bergamo werden, bevor die Bundes- und Kantonsregierungen sowie die Impfverweigerer richtig wach werden. Dieser Hang zum politischen Beobachten vermischt mit dem Pseudo-Rebellentum wird der Schweiz wohl nochmals einen schwierigen Winter einbrocken.

Geht Euch Impfen, wählt Ja nächsten Sonntag!
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Fairness
21.11.2021 21:18registriert Dezember 2018
Dass Impfzentren vermutlich im Herbst wegen der sechs Mal ansteckenderen Delta-Variante (mit kürzerer Inkubationszeit, höherer Virenlast und eher schwereren Verläufen auch bei Kindern und jungen Leuten) nochmals gebraucht werden, war absolut voraussehbar. Andere Länder boostern seit dem Sommer und zeigen doch vor wie es geht. Aber die Schweiz meint mal wieder, sie sei ein Sonderfall und Delta ziehe links und rechts an uns vorbei oder was? Gerade lernfähig scheinen weder die Bundesregierung noch die Kantonsregierungen zu sein. Exponentiell ist für viele Verantwortliche immer noch ein Fremdwort.
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peterli90
21.11.2021 21:27registriert Mai 2017
Ich verstehe das einfach nicht. Ist das so schwer zu planen und durchzuführen? Weil Impfstoff hat es ja genug.

Ps: Vor 50 Jahren ist man auf den Mond geflogen - Einstiegsfrage war ironisch.
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