Nur jeder vierte schnelle Internetanschluss in der Schweiz basierte Ende 2021 auf der Glasfaser-Technologie. Dieser Wert bei den sogenannten FTTH-Anschlüssen («Fibre To The Home») ist im internationalen Vergleich tief – und erhöhte sich zuletzt nur schleppend. Das liegt auch daran, dass die Swisscom Hunderttausende von Anschlüssen gebaut hat, diese aber nicht ihren Kundinnen und Kunden freigeben darf.
Das könnte sich nun ändern. Darauf deutet ein Angebot hin, welches die Swisscom seit kurzem auf einer Internetseite bewirbt. Ab dem 1. Januar 2023 können private Haus- oder Wohnungseigentümer, die noch keinen Glasfaseranschluss haben, bei der Swisscom einen solchen beantragen.
Sind gewisse technische Voraussetzungen erfüllt und die Eigentümer bereit, einen Teil der Kosten zu tragen, erhalten sie einen Glasfaseranschluss schneller, als es in den ursprünglichen Swisscom-Plänen vorgesehen war.
Das spezielle daran: Die Anschlüsse werden im sogenannten P2P-Verfahren («Point To Point») gebaut. Eigentlich wollte die Swisscom für den weiteren Ausbau auf die günstigere Methode P2MP («Point To Multipoint») wechseln. Dabei teilen sich mehrere Kunden eine Glasfaserleitung von der Zentrale bis zu einem sogenannten Splitter.
Diese Methode ist günstiger, bietet aber weniger Kapazität pro Kunde. Konkurrenten wie Init7, die teilweise auf die Infrastruktur der Swisscom zugreifen, haben deshalb im Jahr 2020 die Wettbewerbskommission (Weko) angerufen. Diese untersagte der Swisscom den Wechsel auf P2MP – eine Massnahme, die im vergangenen Jahr vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde. Nun feilscht die Swisscom mit der Weko um eine Lösung.
Seither schienen die Fronten verhärtet – und 300'000 von der Swisscom bereits im P2MP-Verfahren gebaute Glasfaseranschlüsse sind zwar bereit, dürfen aber wegen des Gerichtsentscheids nicht zur Vermarktung freigegeben werden. Dass die Swisscom nun Privaten anbietet, Glasfaseranschlüsse wieder im teureren P2P-Verfahren zu bauen, deuten Konkurrenten wie Init7 denn auch als Richtungswechsel. Von «erfreulichen Nachrichten» spricht der Telekom-Anbieter auf Twitter.
Tatsächlich geht die Swisscom sogar noch weiter: Sie baut teilweise schon erstellte P2MP-Anschlüsse wieder auf die P2P-Topologie um, wie Sprecher Josef Huber bestätigt. Zudem habe die Swisscom entschieden, den Ausbau von P2P auszuweiten.
Damit wolle das Unternehmen einem weiteren Anstieg von im P2MP-Verfahren gebauten Anschlüssen, die dann doch nicht vermarktet werden können, entgegenwirken.
Dieser Entschluss wurde laut Huber im September gefasst – «weil sich das Verfahren in die Länge zieht». Nach wie vor strebe die Swisscom aber eine einvernehmliche Regelung mit der Weko an. Zu diesem Zweck sei sie in engem Austausch und «um eine rasche Lösung bemüht».
Vom neuen Angebot können laut Josef Huber alle Liegenschafts-Eigentümer profitieren, bei denen bereits Glasfasern bis in die Strasse gezogen wurden. Dabei handelt es sich um sogenannte FTTS-Anschlüsse («Fibre To The Street»). Laut Huber sind diese Voraussetzungen etwa bei der Hälfte der Internetanschlüsse erfüllt.
Laut der Internetseite der Swisscom müssen sich die Eigentümer an den Kosten beteiligen. Als Richtwert für ein Haus mit vier Wohnungen gibt die Swisscom einen Betrag von 10'000 Franken an. Grundsätzlich trage die Swisscom die Baukosten, sagt Sprecher Huber.
Diese Mehrkosten würden sich aus dem Wegfall von Skaleneffekten ergeben, die in einem regulären Flächenausbau in der Standortgemeinde realisiert werden könnten. Wie hoch die Nachfrage nach dem Angebot ist, kann die Swisscom noch nicht sagen, weil das Angebot erst vor kurzem veröffentlicht wurde.
(aargauerzeitung.ch)
Die Swisscom soll sich einfach an die Verträge halten.