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Interview: Der Salt-Chef über Billig-Handyabos, Glasfaser und 5G

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Hier noch ohne Brille: Pascal Grieder, Chef der Schweizer Telekom-Firma Salt.archivBild: sda
Interview

Der Salt-Chef über Billig-Handy-Abos, langsame Kantone und Änderungen beim «Replay TV»

Ein grosser Rückstau und Bürokratie schaden der Netzqualität, sagt der Salt-Chef. Im Interview verrät er, warum er die Swisscom im Glasfaser-Streit unterstützt und wieso er Huawei «beeindruckend» findet.
11.04.2022, 16:0612.04.2022, 06:43
Stefan Ehrbar / ch media
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Pascal Grieder (45) ist seit 2018 Chef von Salt, der Nummer 3 im Schweizer Telekom-Markt. Für das Jahr 2021 konnte er kürzlich ein Umsatzplus von 3.6 Prozent auf über eine Milliarde Franken verkünden – ein deutlich stärkeres Wachstum als jenes der Swisscom und von Sunrise UPC.

«Wir haben einen Rückstau von Gesuchen von bis zu fünf Jahren. Darunter leidet die Netzqualität.»

Das Interview

Herr Grieder, die Branche jammert häufig über den schleppenden 5G-Ausbau. Wo steht Salt?
Pascal Grieder:
Es geht nicht nur um 5G, sondern um den Netzausbau allgemein. Mobilfunk hat einen immer höheren Stellenwert in unserem Leben. Die Anforderungen an die Erreichbarkeit und die Netzqualität steigen. Diesen Ansprüchen müssen wir gerecht werden. Ein grosses Problem ist die Art und Weise, wie heute Unterhaltsarbeiten und Neubauten erschwert werden.

Wieso?
Die Prozesse für Neubauten dauern sehr lange. Bei Unterhaltsarbeiten müssen wir in gewissen Kantonen den vollen Baugesuchs-Prozess durchlaufen. In einzelnen Kantonen ist die personelle Decke der zuständigen Behörden zudem sehr dünn. Das führt zu sehr langen Wartezeiten. Wir haben einen Rückstau von Gesuchen von bis zu fünf Jahren. Darunter leidet die Netzqualität.

Wo ist das Problem besonders akut? In der Westschweiz etwa sind viele Kantone 5G gegenüber kritischer eingestellt.
Es ist nicht nur ein Problem von 5G. Diese Probleme gibt es auch beim 4G-Netz. Die Kantone haben einen grossen Gestaltungsspielraum, den einige besser und andere schlechter nutzen. Früher gab es einen Ost-West-Graben. Das ist heute nicht mehr so. Es gibt auch in der Deutschschweiz sehr restriktive Kantone.

Pascal Grieder ist Chef der Telekom-Firma Salt.
Pascal Grieder arbeitete zuvor als Managing Partner bei McKinsey Schweiz. Er war über zehn Jahre als Berater für internationale Telekommunikationsanbieter tätig und ist im Besitz eines Doktortitels der ETH Zürich. Er wohnt mit seiner Familie in der Nähe von Morges VD.Bild: Keystone

Die Swisscom hat erste Funklöcher zu verzeichnen – etwa in den Städten Zürich und Basel. Steuert Salt auch darauf zu?
Salt hat einen Vorteil: Das Verhältnis von Nutzern pro Antennenstandort ist bei uns besser. Darum haben wir eine hohe Robustheit. Aber es geht nicht darum, einen Wettbewerbsvorteil herauszuholen, sondern um die bestmögliche Infrastruktur für die Schweiz. Das Thema ist dringend.

Es heisst auch, dass es schwieriger wird, an Grundstücke zu kommen, weil Hausbesitzer keine Antennen mehr wollen.
Es gibt noch immer genügend Eigentümer, mit denen wir zusammenarbeiten können. Gesundheitliche Bedenken braucht niemand mehr zu haben. Milliarden von Menschen nutzen diese Technologie seit über 30 Jahren. Gäbe es Probleme, hätten wir das längst festgestellt. Und klar, die Hauseigentümer bekommen auch etwas dafür.

Salt schaltet derzeit viel Werbung für das GoMo-Angebot. Für 9.95 Franken erhalten Kundinnen und Kunden alle Mobilfunk-Leistungen in der Schweiz inklusive. Dieser tiefe Preis zeigt doch, dass die Marge auf normalen Abos sehr hoch sein muss.
Wir haben GoMo im November 2021 als Angriffsmarke lanciert. Es ist ein sehr disruptives Angebot. Der tiefe Preis ist möglich, weil GoMo die Minimalversion davon ist, wie man eine Telekom-Dienstleistung bereitstellen kann. Alles ist online, Kundendienst gibt es nur per Chat. Wir haben keine Vertriebspartner und verkaufen GoMo auch nicht in unseren Läden. Darum können wir das Abo zu diesem Preis anbieten.

Will Salt generell diesen Weg gehen: Weniger Läden, weniger Hotlines, mehr Automatisierung?
Nein. Wir fahren eine Mehrmarkenstrategie. Die Marke Salt soll eine Premium-Marke mit einem Weltklasse-Netz und einem sehr guten Service bleiben. Das beinhaltet auch, dass wir mit unseren Läden nahe an den Kundinnen und Kunden sind und eine gute Servicequalität bieten. Dass wir andere Marken anders positionieren, ist klar. Mit einer Marke können wir nicht alles abdecken.

Im Connect-Netztest landete Salt aber auch dieses Jahr auf dem dritten Platz hinter Swisscom und Sunrise UPC.
Die drei Schweizer Netze gehören zu den besten der Welt, auch unseres. Und während die Konkurrenz in den letzten Jahren stagnierte, haben wir uns stark verbessert. Konsumenten in der Schweiz haben damit sozusagen die Wahl zwischen dem Lamborghini, dem Ferrari und dem Porsche. Wir bieten den Porsche zum Preis eines VW.

THEMENBILD ZUR ZUSAMMENARBEIT VON SALT UND SUNRISE BEIM AUSBAU DES GLASFASERNETZES --- Workers install fiber optic cables under street of Geneva, in Geneva, Switzerland, Monday, May 2, 2011. (KEYSTONE ...
Glasfaser-Ausbau in Genf. Salt, das der Firma NJJ Capital des französischen Milliardärs Xavier Niel gehört, hat seinen Hauptsitz in Renens und beschäftigt rund 1000 Mitarbeitende.Bild: KEYSTONE

Salt hat letztes Jahr 60’000 neue Mobilfunkabos gewonnen. Gemessen am Wachstum des Gesamtmarktes entspricht das etwa ihrem langjährigen Marktanteil. Sunrise UPC hat hingegen deutlich stärker zugelegt. Wo liegt ihr Problem?
Beim Umsatz und beim Betriebsergebnis sind wir deutlich stärker gewachsen als der Markt. Die Zahl der Abo-Abschlüsse muss man mit Vorsicht geniessen. Zum Teil sind da auch Zweit-SIM-Karten, SIM-Karten für Apple Watches und so weiter dabei, auch wenn die nicht aktiv genutzt werden. In diesem Bereich sind wir sehr zurückhaltend, wir geben sehr wenige Zusatzkarten heraus. Wir sind sehr zufrieden mit dem letzten Jahr. Wir hatten bei den Privatkunden das beste Wachstum seit 2016 und bei den Firmenkunden seit 2010.

Änderungen gibt es bald beim Fernsehen, konkret dem Replay TV. Dieses wird entweder teurer – oder Kundinnen und Kunden müssen Werbespots schauen, die sich nicht überspulen lassen. Nun kommt es zu Verzögerungen bei der Umsetzung. Was bedeutet das?
Es wird künftig verschiedene Tarife mit einer abgestuften Nutzungserfahrung geben. Verzögerungen bedeuten, dass Kundinnen und Kunden länger ein besseres Replay-TV haben. Wenn die neuen Regeln eingeführt werden, werden auch wir höhere Tarife verrechnen müssen.

Führt das nicht zu einer Abwanderung vom TV hin zu Streamingdiensten? Die neuen Regeln machen das Fernsehen nicht attraktiver.
Das sehe ich auch so. Den starken Trend zu Streamingdiensten gibt es aber schon länger. Und: Wir haben 250 Fernsehkanäle, auf denen wir auch künftig 7-Tage-Replay auf Knopfdruck anbieten werden. Kombiniert mit der Möglichkeit, Sendungen in der Cloud aufnehmen zu können, ist das ein unglaublich mächtiges Angebot. Es bietet sehr viele interessante Inhalte, die es auf Streamingdiensten nicht gibt. Bisher waren wir in der Schweiz sehr verwöhnt. So ein umfassendes Angebot wie bei uns gab es in anderen Ländern gar nie. Die wären selbst froh, hätten sie eine Lösung wie wir jetzt. Aber natürlich ist es ärgerlich, wenn man für etwas zahlen muss, das bisher gratis war.

Im Gegensatz zu Swisscom und Sunrise UPC investiert Salt nicht in Live-Sport. Bleibt das so?
Ja. Wichtig ist uns, dass unsere Kundinnen und Kunden Live-Sport konsumieren können. Unsere Fernsehkunden bekommen eine Apple-TV-Box. Auf ihr können alle Apps von Blue bis Sky heruntergeladen werden. So lassen sich alle Live-Sport-Inhalte problemlos konsumieren. Unsere Kunden sind nicht eingeschränkt.

Das TV-Angebot von Salt gibt nur mit Glasfaseranschluss. Das trifft nur auf etwa einen Drittel der Haushalte zu.
Glasfaser ist die Technologie der Zukunft. Darum setzen wir darauf, und darum haben wir nur Produkte für Glasfaser-Anschlüsse. Der Nachteil ist, dass wir heute nur einen Drittel der Haushalte erreichen können. Das wird sich ändern: Einerseits mit Glasfaser-Kooperationen, andererseits mit dem Einsatz von 5G. Bis Ende 2025 werden wir Kombi-Pakete mit Mobilfunk, Salt TV und Internet überall in der Schweiz anbieten können. Für etwa drei Millionen Haushalte mit Glasfaser-Anschluss, für die restliche Million mit 5G.

Die Swisscom, auf deren Netz sie auch zugreifen, will das Glasfasernetz nach der günstigeren P2MP-Methode ausbauen, bei der nur eine Glasfaser bis in die Strassen gelegt wird. Bei der früher angewendeten P2P-Methode wurden vier Fasern von der Zentrale bis in die Wohnungen gelegt. Nach einer Weko-Klage wurde der Swisscom P2MP vom Bundesverwaltungsgericht verboten (CH Media berichtete). Salt stellt sich auf die Seite der Swisscom. Wieso?
Unser Ziel war immer, so schnell so viele Glasfaseranschlüsse wie möglich zu realisieren. Die Zahl der Endkunden, die unbedingt eine P2P-Verbindung brauchen und bei denen P2MP nicht reicht, kann man an einer Hand abzählen. Unsere Produkte funktionieren mit P2MP zu 100 Prozent und ohne Abstriche. Deshalb ist uns egal, auf welche Methode die Swisscom setzt, auf deren Netz wir zugreifen. Das ist völlig irrelevant.

Sind Sie sicher, dass sie das auch noch in 20 Jahren sagen werden?
Ja. Irgendwann wird die Kapazität eh gebündelt. Ob das weiter vorne oder weiter hinten im Netz geschieht, ist irrelevant. Wir können auch mit P2MP eine Bandbreite von 50 Gbit/s anbieten – eine Kapazität, welche die normale Nutzung von Privatkunden um das Tausendfache überschreitet. Da wird ein Problem erfunden, das es nicht gibt. Fakt ist auch: 90 Prozent des Baus von Glasfasernetzen weltweit geschehen heute mit P2MP, weil es günstiger ist. Es ist besser, wenn wir so viele Haushalte wie möglich erschliessen. Der einzige Nachteil von P2MP ist, dass einzelne Akteure dann Schwierigkeiten haben, sich einzelne Linien herauszupicken. Es braucht eine gewisse Grösse, um da mitspielen können.

Fredy Künzler von Init7, der die Swisscom bei der Weko angezeigt hat, moniert, dass er mit P2MP zum Wiederverkäufer wird, weil die Swisscom damit etwa auch die Geschwindigkeiten vorgibt. Salt hat einen Deal mit der Swisscom, aber viele kleinere Anbieter können sich das nicht leisten. Für den Wettbewerb ist das nicht förderlich.
Das stimmt, aber viele hätten auch gerne einen Ferrari und können sich den nicht leisten. Das ist kein Fall für die Weko. Früher war das Verhalten der Swisscom problematisch, weil sie alle gezwungen hat, ihre Produkte zu kaufen. Das macht sie seit einer Weko-Intervention nicht mehr. Sie baut de facto vier Netze, die alle kaufen können. Wir kaufen eines davon. Wir sind damit auf dem besten Weg, fünf nationale Festnetze zu haben, denn das Kabelnetz von Sunrise UPC kommt noch dazu. Und die Abhängigkeit von einem Verkäufer hat man auch mit P2P. Wer das Netz baut, hat die Macht, den Preis festzusetzen. Das hat nichts mit P2P oder P2MP zu tun.

Fakt ist: Der Entscheid des Gerichts ist da, der P2MP-Weiterbau ist verboten. Die Situation ist verfahren.
Das stimmt. Meine Hoffnung ist, dass sich die Weko und die Swisscom auf ein Regelwerk einigen können, das den weiteren Ausbau ermöglicht. Auch die Tausenden von Haushalte, die bereits erschlossen sind, aber wegen dem Urteil nicht bedient werden dürfen, sollten zur Vermarktung freigegeben werden. Jetzt muss ein Regelwerk aufgebaut werden, das sagt, wann P2P gebaut werden muss und wann auch P2MP möglich ist. Denn klar ist: Es muss günstiger gebaut werden können, sonst lohnt sich ein Glasfasernetz für viele ländliche Gemeinden nicht.

Bei der Herstellung von Smartphones entstehen viele CO2-Emissionen. Das ist schlecht fürs Klima. Telekomfirmen wie Salt wollen, dass Kundinnen und Kunden möglichst viele Geräte kaufen.
Unser Geschäft ist die Verbindung. An den Handys verdienen wir nicht so viel Geld. Gewisse Kunden wollen regelmässig neue Geräte, andere sind länger damit zufrieden.

Anders als die Swisscom und Sunrise UPC subventionieren sie weiterhin neue Geräte. Warum?
Wir versuchen das, daran zu koppeln, dass die Geräte zurückgebracht werden. Dafür bekommen die Kundinnen und Kunden sogar Geld. So können die Geräte wieder aufbereitet werden. Wir sind zufrieden mit unserem Geschäft und sehen keinen Anlass, von den Subventionen abzusehen. Wir merken auch, dass viele Leute ihre Geräte heute tendenziell etwas länger behalten. Das hat einerseits wohl mit Nachhaltigkeits-Überlegungen zusammen, aber auch damit, dass die Technologiesprünge zwischen den Smartphone-Generationen nicht mehr so gross sind.

Verkauft Salt noch Huawei-Handys, nachdem die Google-Dienste wegen US-Sanktionen darauf nicht mehr funktionieren?
Nein. Ich finde aber die Geräte und Technologie von Huawei weiterhin beeindruckend. Wenn Huawei ein eigenes Ökosystem bauen kann, mit dem die hierzulande meistgenutzten Apps einwandfrei laufen, gibt es dafür in der Schweiz ein Potenzial.

Salt arbeitet mit Huawei für das Netzwerk zusammen, etwa beim Thema 5G. Doch die Vorwürfe, die der chinesischen Firma gemacht werden, sind happig – etwa, dass das chinesische Militär beteiligt ist, dass es Hintertüren gibt oder dass via Huawei Industriespionage betrieben werden könnte.
Es wurden sehr viele Vorwürfe gemacht, aber Beweise habe ich bis jetzt keine gesehen. Abgesehen davon kaufen wir zwar gewisse Hardware-Komponenten bei Huawei ein, betreiben aber unser Netz selbst. Wir sind so autark wie keine andere Schweizer Telekom-Firma und versuchen, möglichst viel intern zu machen.

(aargauerzeitung.ch)

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53 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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-C-
11.04.2022 17:57registriert Februar 2016
Fiber:
P2P oder P2MP sind 10-15% Preisunterschied - gemäss einem Dokument der Swisscom. Somit bei einer Nutzungsdauer von 30 Jahren vernachlässigbar.
Das Argument, warum er dafür ist, liefert er aber gleich selber:
"Der einzige Nachteil von P2MP ist, dass einzelne Akteure dann Schwierigkeiten haben, sich einzelne Linien herauszupicken. Es braucht eine gewisse Grösse, um da mitspielen können."
-> Weniger Konkurrenz.
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The Destiny // Team Telegram
11.04.2022 18:13registriert Mai 2014
"Das stimmt, aber viele hätten auch gerne einen Ferrari und können sich den nicht leisten. Das ist kein Fall für die Weko."

Ähm doch, als gleichberechtigte Marktteilnehmer sollte jeder auf das gleiche Anspruch haben. Ansonsten werden gewisse Firmen benachteiligt und zwei drei große geniessen ein Oligopol.

Die Arroganz das auch noch offen in einem Interview zuzugeben.
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pinkfatrabbit
11.04.2022 18:36registriert Dezember 2021
Ich konnte meine Smartphone und Internet Kosten um 50% reduzieren, durch ein wechsel von Swisscom to Salt. Habe ein Angebot am Valentinstag gesehen und direkt gewechselt.

Besser Leistung und 50% weniger Zahlen!
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