Schweizer Firmen, die mit den USA Geschäfte machen, könnten zukünftig Post von der US-Botschaft erhalten. Darin enthalten: Ein Fragebogen und ein Schreiben, indem die USA von den Unternehmen verlangt, ihre Diversitätsprogramme zu beenden.
Beim Fragebogen mit dem Namen «Bescheinigung über die Einhaltung des geltenden Antidiskriminierungsgesetzes» müssen die Schweizer Firmen bestätigen, dass sie sich an diese neuen Regeln der USA halten und die Gleichstellungsziele anpassen oder gar einstellen.
Offen bleibt, wie das Ganze kontrolliert wird und was passiert, wenn die Firmen vordergründig behaupten, die Massnahmen einzuhalten, es aber doch nicht tun. Auch wie viele Unternehmen in der Schweiz betroffen sind, ist unklar.
Grund für die Versendung der Schreiben und Fragebögen sind Donald Trumps erlassene Dekrete, in denen er Förderprogramme für Frauen und Minderheiten beanstandet. Laut ihm würden die Programme nicht mit dem Leistungsprinzip übereinstimmen und die «nationale Einheit» aufs Spiel setzen. In seinen sogenannten Executive Orders werden die US-Behörden angewiesen, gegen Unternehmen vorzugehen, die DEI-Massnahmen umsetzen. DEI steht für Diversität (Diversity), Gleichberechtigung (Equity) und Inklusion (Inclusion).
In einem der Briefe der Unternehmen heisst es: «Wir informieren Sie, dass das Dekret 14'173 zur Beendigung der illegalen Diskriminierung und zur Wiederherstellung auf Leistungen beruhender beruflicher Möglichkeiten, das von Präsident Trump unterzeichnet wurde, auch für alle Lieferanten und Dienstleister der US-Regierung verpflichtend gilt». Die neuen Massnahmen betreffen die Firmen demnach unabhängig von Nationalität und Standort, schreibt «20 Minuten».
Grossunternehmen wie UBS, Roche oder Novartis beugten sich den Regeln der USA und strichen aus Angst vor Konsequenzen unauffällig ihre Gleichstellungsziele aus öffentlichen Dokumenten raus. Der «Tages-Anzeiger» berichtete.
Vor Kurzem wurde bekannt, dass sich die ETH Zürich unangenehme Fragen der USA gefallen lassen musste. Die Medienstelle der Universität bestätigte, «dass die ETH in Bezug auf ein Projekt, für das wir US Federal Funds erhalten haben, einen ‹questionnaire› von der US-Administration erhalten hat». Wie die ETH damit umgehen wird, ist unklar.
Nun sind die Lieferanten der US-Botschaft in Bern an der Reihe. Die Botschaft soll von lokalen Zulieferern eine Bestätigung «antidiskriminierender Geschäftspraktiken» verlangen.
Auch Unternehmen im Ausland haben ein Schreiben der USA erhalten. Bekannt sind bislang Firmen in Frankreich, Deutschland und Spanien. In Frankreich hat laut der Nachrichtenagentur Reuters der staatlich kontrollierte französische Telekommunikationskonzern Orange das Schreiben erhalten.
In Spanien ist American Space Barcelona, ein gemeinsames Projekt des lokalen US-Konsulats und einer Bibliothek, betroffen. In Bulgarien erhielt BMW einen Brief.
SP-Nationalrätin Min Li Marti kritisiert das Verhalten der Schweizer Unternehmen: «Ich finde das hochproblematisch.» Grund ist auch, da Geschlechterzielwerte für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen in Schweizer börsenkotierter Unternehmen aufgeführt sind. Sie meint ausserdem: «Ich erwarte, dass sich Schweizer Firmen daran halten. Die amerikanische Regierung kann das meines Erachtens nicht übersteuern. Vorauseilender Gehorsam ist auch nicht angesagt.»
Auch die ehemalige Bundesrätin Simonetta Sommaruga sprach sich in Vergangenheit für die Gleichstellung aus: Bei einer Rede am Advance-Event am 8. März sagte sie: «Wir haben alle gemeint, dass Chancengleichheit und Gendergerechtigkeit in der Wirtschaft so stark verankert sind, dass die Entwicklung nicht mehr gestoppt werden kann.» Nun sei aber zu sehen, dass das Rad sogar zurückgedreht werden könne.
Einige Verbände äusserten sich ebenfalls zu den Gleichstellungsprogrammen. In einem gemeinsamen Schreiben von Economiesuisse, Arbeitgeberverband und Frauenorganisationen heisst es: «Wir appellieren an Führungskräfte in der Schweiz, den eingeschlagenen Kurs für mehr Chancengleichheit und Fairness fortzufahren.»
(kek)
Fremde Richter will man ja auf keinen Fall. Wie sieht es mit Fremden Präsidenten aus?