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Die «Schweiz am Sonntag» machte einen Fall publik, in dem der Zürcher Jus-Student Till Eigenheer für seinen Kollegen vor dem Bezirksgericht einen Freispruch erwirkte, obwohl dieser von einer Polizeistreife mit 8 Gramm Gras erwischt wurde. Leitet dieser Fall eine Wende im Umgang mit geringen Mengen Cannabis ein? Ein Erklärungsversuch.
Für alle erlaubt ist Cannabis in sehr kleinen Mengen in Lebensmitteln wie zum Beispiel Brötchen oder Tees. Diese dürfen aber einen sehr tiefen THC-Grenzwert nicht überschreiten. Bei Tee liegt dieser zum Beispiel bei 0,2 Milligramm pro Kilogramm. Weiter ist es wenigen Personen in der Schweiz erlaubt, THC auf ärztliche Verschreibung hin zu konsumieren, als Schmerzmittel.
Laut dem Betäubungsmittelgesetz (BetmG) Absatz 19b ist auch die «Vorbereitung» einer geringen Menge Cannabis (also unter 10 Gramm) zum Eigenkonsum erlaubt.
Grundsätzlich unter Strafe steht unter anderem der Konsum, der Verkauf, die Weitergabe von Cannabis an unter 18-Jährige und das Fahren unter THC-Einfluss.
Seit der Gesetzesänderung vom 1. Oktober 2013 ist es üblich, dass Kiffer, die unter 10 Gramm auf sich tragen, mit einer Ordnungsbusse belegt werden. Diese beträgt in der ganzen Schweiz 100 Franken und darf nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden sein. Wer diese Busse nicht akzeptiert oder mehr Gras dabei hat, wird strafrechtlich verfolgt. Dann können dem Betroffenen höhere Bussen sowie Verfahrenskosten auferlegt werden. Je nach Instanz können dies mehrere Tausend Franken sein.
Damit nicht für jeden, der mit kleinen Mengen Gras erwischt wurde, ein Verfahren eröffnet werden muss, wurde die Ordnungsbusse eingeführt. Sie dient der vereinfachten Handhabe von Bagatelldelikten. «Akzeptiert und bezahlt die Cannabiskonsumentin oder der Cannabiskonsument die Ordnungsbusse, gibt es weder eine Verzeigung noch ein ordentliches Strafverfahren. Mit dieser Neuerung werden Polizei und Justiz entlastet und Kosten gespart», schrieb der Bundesrat über den neuen Gesetzesartikel von 2013.
Schwerere Delikte wie zum Beispiel der gewerbsmässige Handel an Schulen können weiterhin mit mehreren Jahren Freiheitsentzug bestraft werden.
Dieser Gesetzesartikel ist bereits seit 1975 in Kraft. 2013 wurde lediglich hinzugefügt, dass 10 Gramm Cannabis als geringfügige Menge gelten. Der feine Unterschied zwischen legal und illegal liegt also im Wort «vorbereitet». Doch was gilt als vorbereiten? Wenn jemand einen Joint dreht? Oder bereits einen Filter hinter dem Ohr hat? Oder beinhaltet dies auch den blossen Besitz von Gras?
So zumindest hat Till Eigenheer das Wort interpretiert und das Bezirksgericht Zürich gab ihm Recht. Auch in der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates kam man in einer Mitteilung von 2011 bereits zum selben Schluss: «Gemäss Artikel 19b BetmG ist nicht strafbar, wer eine geringfügige Menge eines Betäubungsmittels besitzt.»
Beim Bundesamt für Statistik (BfS) steht unter den Zahlen zu den Übertretungen im Zusammenhang mit Cannabis aber Folgendes: «Der Konsum eines Betäubungsmittels des Wirkungstyps Cannabis durch Erwachsene kann mit einer Ordnungsbusse bestraft werden, wenn die beschuldigte Person nicht mehr als 10 Gramm des Mittels bei sich trägt.»
Auch der Bundesrat hält es ähnlich. In der Mitteilung zum neuen Ordnungsbussengesetz schreibt er: «Damit die Polizei eine solche Busse ausstellen kann, darf eine Täterin oder ein Täter nicht mehr als 10 Gramm Cannabis bei sich tragen.»
Dabei handelt es sich zwar nicht um Rechtsquellen, es zeigt aber deutlich den Zwiespalt: Das Wort «vorbereiten» wird von verschiedenen Stellen unterschiedlich interpretiert. Für die meisten gilt der Besitz dabei aber als strafbar. Urteile wie dasjenige vom Bezirksgericht in Zürich sind eher selten. Till Eigenheer reicht das Bezirksgerichtsurteil deshalb nicht: «Damit sich diese Handhabung mit dem BetmG durchsetzt, müssen mehrere solche Urteile gefällt werden. Wenn möglich auch von höheren Instanzen.»
Bis dahin ist es sicherer, die Bussen einfach zu bezahlen. Denn sollte man sich weigern, könnten viel höhere Verfahrenskosten auf einen zukommen. Und je nach Kanton kann die Auslegung des Paragraphen unterschiedlich ausfallen. Wer sich also auf ein Verfahren einlässt, geht das Risiko ein, höher bestraft zu werden, als nur mit 100 Franken Ordnungsbusse.
Die Unterschiedliche Handhabung mit dem Paragraphen zeigt sich bei der Anzahl verteilter Bussen. So wurden im Kanton Zug im Jahre 2015 durchschnittlich fast fünf Bussen auf 1000 Einwohner ausgesprochen. In urbanen Gebieten wie im Kanton Basel-Stadt ist dieser Wert fast fünf Mal tiefer.
Es zeigt sich also, dass die verschiedenen Kantons- und Stadtpolizeien unterschiedlich hart gegen Kiffer vorgehen. Im Kanton Bern kann eine solche Ordnungsbusse nur von einem uniformierten Polizisten ausgesprochen werden, der den Konsum beobachtet hat. In Zürich reicht es, wenn man von einem Zivilpolizisten mit einem Beutel Gras erwischt wird.